Frankfurt Fashion Week: Die Modewelt braucht dringend Begegnungen
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Die laufende Frankfurt Fashion Week wurde stark kondensiert und zeigt deutlich: Live-Veranstaltungen während der Pandemie zu veranstalten, bleibt schwer. Aber die Modewelt braucht sie trotzdem dringend.
Wer zur Installation der grünen Modemesse Neonyt im Frankfurter Osten will, muss erstmal Treppen steigen. Wenn die Gäste schnaufend in den oberen Stockwerken ankommen, erwartet sie ein leerer Gang, von dem viele Türen abgehen. Erst ein Blick hinter die Türen ermöglicht einen Blick auf die Models.
Sonnenbrille von Andy Wolf, ein weißes Shirt des lokalen Slow-Fashion-Labels Miomartha über einer drapierten Hose der Berliner Designerin Natascha von Hirschhausen und dazu ein Vintage-Gürtel von Gianfranco Ferrè – das Styling der Installation im Auftrag der Neonyt überrascht erneut damit, wie modisch nachhaltige Kleidung aussehen kann.
Dieser Überraschungseffekt wird noch dadurch verstärkt, dass die Gäste hinter jeder Tür etwas Neues für sich entdecken können. Diese Erfahrung, die ein physisches Erlebnis mit sich bringt, kann das Swipen durch die Bilder einer digitalen Modenschau auf dem Handy nicht ersetzen.
Modewoche unter erschwerten Bedingungen
Trotz der Pandemie kommen mehr als 100 Gäste unter 2G-Plus-Regeln am Dienstagabend im Osten von Frankfurt zusammen – darunter lokale Stakeholder, Presse und Kund:innen der Neonyt. Am Veranstaltungsort Danzig am Platz präsentiert auch das Berliner Label Susumu Ai seine saisonlose Kollektion, anschließend wird zum Abendessen geladen.
Masken sind Pflicht und Nachweise über Impfungen, Tests und Booster werden am Eingang streng kontrolliert. Die Messe Frankfurt, hat sich trotz der erschwerten Bedingungen viel Mühe mit diesem offiziellen Teil gegeben. „Ich bin sehr froh, dass trotz der schwierigen Rahmenbedingungen, eine Frankfurt Fashion Week mit diesen Aktivitäten stattfindet”, sagt Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt, vor der Modenschau.
Die Messen seien im Januar grundsätzlich durchführbar gewesen, aber sie wurden im Dezember abgesagt, weil die Ausstellenden wegen der gesundheitlichen Bedingungen und dem eingeschränkten Reiseverkehr Bedenken hatten. „Die Qualität der Messen, die wir uns vorstellt haben, wäre so nicht durchführbar gewesen”, erklärt Schmidt. Nach der Absage hätten die ausstellenden Unternehmen der Messen Neonyt und Value ihre bereits getätigten Zahlungen für die reinen Standmieten zurückbekommen.
Hoffen auf Sommer
Für Januar hatte die Messe Frankfurt bereits Kooperationen mit Partner:innen aus Südkorea, China, Afrika und Südamerika geschlossen, um in der Mainmetropole zu präsentieren. Designer:innen, neue Brands und Ausstellende aus dem Bereich internationales Beschaffungsmanagement wären dabei gewesen.
Nun wolle die Messe mit dem kondensierten Programm vom 17. bis 21. Januar zumindest kommunizieren, dass Frankfurt ein relevanter Modestandort sei, so Schmidt. „Jetzt schauen wir auf Juli 2022. Da bin ich sehr optimistisch, dass wir auch die Internationalität realisieren können, die wir als Anspruch für die Frankfurt Fashion Week haben.”
Am Dienstag vor Ort zeigt auch Baldessarini zum Marken-Relaunch im legendären Frankfurter Club Gibson seine HW22-Kollektion. Anstatt vor einem Publikum aus Medien und Einkäufer:innen zu präsentieren, entschied sich das Herrenmodelabel am Ende doch für einen Online-Livestream.
Der Frankfurter Modedesigner Albrecht Ollendiek schickt im Restaurant Opéra in der Alten Oper Models in pompösen Couture-Kleidern auf den Laufsteg. Weitere Events finden noch bis Freitag überall in Frankfurt statt.
Konferenz und Pop-ups
Am Mittwoch versammelt die Konferenz Fashionsustain eine kleine Zuhörerschaft im Danzig am Platz. Die Vorträge zu Themen wie ein Lagebericht zum Grünen Knopf oder Nachhaltigkeit am Verkaufspunkt werden auch gleichzeitig live gestreamt. Ein Redner freut sich, nach zwei Jahren zum ersten Mal wieder bei einem Panel dabei zu sein. Schön ist auch das Plaudern in der Pause und der Austausch von Informationen, die bei einem Videocall kaum besprochen werden und dennoch gut zu wissen sind.
Raum für Begegnungen gibt es auch während eines Pop-up-Events im Frankfurter Hotel Jumeirah am Mittwoch. Modelabels wie Susumu Ai, die am Vortag im Danzig am Platz präsentiert haben, treten hier in den Kontakt mit der Kundschaft.
Am Morgen war es noch eher ruhig, aber für den Nachmittag erwartet das Berliner Schuhlabel Maison Baum noch bis zu 30 Kundinnen, erzählt Geschäftsführer Christof Baum. Vor dem Event hat er über den Newsletter seine Stammkundinnen aus dem Raum Frankfurt eingeladen. Maison Baum spezialisiert sich auf High Heels mit orthopädischem Fußbett, die auch die Models bei der vom Fashion Council Germany veranstalteten Laufstegshow am Dienstag trugen.
Emotionale Begegnungen
Er sei bereits mit der Frankfurt Fashion Week über eine Fortsetzung der Show Frankfurt Stage im Juli, sagt Scott Lipinski, Geschäftsführer des Fashion Council Germany.
„Aufgrund des Erfolgs besteht beidseitig das Interesse, jungen Talenten des Fashion Council Germany eine Bühne zu geben.”
Maison Baum und Susumu Ai haben für ihre gemeinsame Show sogar einen hohen Plateau-Schuh zusammen kreiert und Alisa genannt – nach der Designerin Alisa Menkhaus. Sie und ihr Label Susumu Ai haben mit ihrem Konzept, die Laufsteg-Show auf der Frankfurt Fashion Week inklusive Produktion gewonnen.
Ihr Bruder Keiho Menkhaus, auch Geschäftsführer ihres Labels, erinnert vor versammelten Gästen bei der Dankesrede nach der Show an ihre Anfänge, als Alisa Menkhaus ihren Job in als Designerin kündigte. Während er die Ereignisse seit der Gründung 2017 Revue passieren lässt, bricht er in Tränen aus.
Es wird klar, dass diese Show etwas Besonderes für die beiden markiert – die Manifestation und Kumulierung von Jahren harter Arbeit. Ein Augenblick, der kaum möglich gewesen wäre ohne die Menschen, deren Beisammensein die Anerkennung für ihr Schaffen ausdrückt. Im schnelllebigen Internet hätten die Zuschauer vor den Bildschirmen wohl schon längst abgeschaltet.