Fransen, extravagante Outfits und ein futuristisches Abenteuer: Herrenmode FW24/25 nach Edwin van den Hoek
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„Mode ist ein Spiegelbild der Gesellschaft“, beginnt Edwin van den Hoek sein Trendseminar für FW24/25. Dieses Mal wird er nicht so sehr auf Inflation, Energiekrise, Proteste, Demonstrationen und Streiks eingehen. Dem Trendforscher ist in den letzten sechs Monaten etwas anderes aufgefallen.
Was das ist, wird gleich zu Beginn seiner Präsentation deutlich: ein Bild von zwei am Boden liegenden Männern. Im vergangenen Jahr haben mehrere männliche niederländische Prominente für Schlagzeilen gesorgt und eine Cancel Culture geschaffen. Van den Hoek zufolge haben die Skandale Prüderie erzeugt, Grenzen verwischt und Verantwortung verschoben. Der Trendforscher kommt zu dem Schluss, dass die Gesellschaft und damit auch die Männermode einer Erneuerung bedarf.
Die Welt ist eindeutig im Begriff, erwachsen zu werden. Diese Elemente spiegeln sich in den Trends wider, die der Trendforscher auf den Straßen und auf dem Laufsteg, aber auch in Museen und in Filmen entdeckt. Er erzählt seine Geschichte anhand von drei großen Themen: überarbeiten, abbauen und erweitern. FashionUnited gibt einige Einblicke aus dem FW24-Seminar.
Herrenmode für SS24: Grenzen verwischen und Raum für extravagante Outfits schaffen
Das erste Thema wird als „Revisited“ beschrieben. Hier verweist der Trendforscher auf die Verwischung der Grenze zwischen männlichen und weiblichen Silhouetten. Bisher wurden männliche und weibliche Kollektionen getrennt gezeigt, aber ab der nächsten FW-Saison werden sie kombiniert. Außerdem werden mehr androgyne Modelle zu sehen sein. In der Mode bedeutet dies, dass die Stücke nicht (mehr) geschlechtsspezifisch sind. Van den Hoek betont: „Es geht nicht darum, dass bald alle Männer in Röcken herumlaufen, sondern dass die Möglichkeit dazu besteht.“ Um diesen Trend zu veranschaulichen, nimmt er Dior als Beispiel. Die Luxusmarke hat für die Herrenkollektion der kommenden Saison in ihrem Frauenarchiv gestöbert. Das Ergebnis ist ein halber Wickelrock, der über einer gleichfarbigen Hose getragen wird. Die Silhouette ist von Kleidern aus den 1950er Jahren inspiriert.
Ein weiterer Trend bei diesem Thema ist die Verwendung von Perlen, Pailletten und Glitter in Hülle und Fülle. Dies zeigt sich in Schmuck und Broschen sowie in Kleidungsstücken, die in ein Glitzerbad getaucht werden. Auch Blumen spielen eine große Rolle - ein Trend, der sich in den sozialen Medien immer mehr durchsetzt. Berühmte Menschen mit hoher Reichweite, die diesen Trend heiß und angesagt finden, sorgen dafür, dass er auf die Straße zurückkehrt.
Ein Männertrend für FW24: Rüschen, Fransen und durchsichtige Stoffe
Das nächste Thema lautet „Deconstructed" und steht für die Hassliebe zu Dingen. „Wir wissen, dass wir zu viel konsumieren. Bei diesem Trend suchen wir nach dem Wert unserer Gegenstände: Was sind sie wert? Und woher kommen sie? Das sind Fragen, die wir uns stellen", sagt Van den Hoek. Mit anderen Worten: Nachhaltigkeit ist das A und O. Verwendet werden Restposten, recycelte Fasern und Garne. Die Tatsache, dass diese verwendet werden, soll erkennbar sein: So wird zum Beispiel auf die Webtechniken geachtet, indem sie vergrößert werden.
Ein weiterer Aspekt dieses Themas ist der Trend zu „beschädigter Kleidung“. Ausgefranste und transparente Stoffe werden hier häufig gezeigt. Dies verweist wiederum auf die verschwimmenden Grenzen zwischen Männern und Frauen. In der Tat wurden diese Elemente jahrzehntelang, vielleicht sogar jahrhundertelang, der Frauenmode zugeschrieben. Dieses Muster scheint nun durchbrochen zu sein.
Edwin van den Hoek: FW24 steht ganz im Zeichen eines futuristischen Abenteuers
Für das neueste Thema greift der Trendforscher zu seiner Kristallkugel und blickt unter dem Namen „Expanded“ in die Zukunft. Dieser futuristisch anmutende Trend macht uns bewusst, wie schnell sich die Technologien weiterentwickeln. Manchmal können wir kaum noch unterscheiden, was realistisch und was surreal ist, sagt Van den Hoek. Das äußert sich in fluoreszierenden Farben und surrealen Formen bei Kleidungsstücken – gesehen bei Kollektionen von Louis Vuitton, Bluemarble und Samsoe Samsoe.
Van den Hoek weist auch auf einen Trend in den futuristischen Sphären des Einzelhandels hin: Digitale Bildschirme werden ein größerer Teil des physischen Ladens werden, um den Verbrauchern ein größeres „Erlebnis“ zu bieten. „Sie bekommen das Gefühl, in eine andere Welt einzutreten, was bei der Kundenansprache immer wichtiger wird", so der Trendforscher.
Alles in allem wird deutlich, dass sich die Herrenmode im Wandel befindet und eine Antwort auf die Frage sucht: Was ist der Mann? Es scheint, dass die Grenze zwischen der männlichen und der weiblichen Silhouette in der Mode verschwimmt, wobei Männerröcke, Perlenketten und Blumenmuster immer „normaler“ werden. „Niemand schaut mehr auf, wenn ein Mann eine Perlenkette trägt. Außerdem ist der Männerrock zwar eine interessante Entwicklung, aber das bedeutet nicht, dass alle Männer bald in Röcken laufen werden. Die Möglichkeit ist da, und das ist es, was zählt.“
Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl.