Homegirl Store: Wir hängen nur auf die Fläche, was zum Wetter passt
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Medo Diet gründete 2018 mit Homegirl ihren eigenen Multibrand-Store für Womenswear in der Münchner Reichenbachstraße. Vier Jahre später zog sie mit dem Geschäft, das sich dem skandinavischen Design verschrieben hat, auf die gegenüberliegende Straßenseite und verdoppelte die Verkaufsfläche auf 85 Quadratmeter.
Dabei träumte die Inhaberin nie davon, einen eigenen Laden zu eröffnen. Sie sei in die Situation eher “reingerutscht” und hatte bis auf ihre Produktionstätigkeit für den Münchner Streetwear-Anbieter BSTN (ehemals Beastin) keine Vorkenntnisse im Modehandel.
Neben dem Store baut Diet nun mit ihrem dreiköpfigen Team gerade eine Sales Agentur auf, die seit der Saison SS25 die dänische Taschenmarke Silfen vertritt. Diese wird das Team nun auch in Düsseldorf bei den Ordertagen präsentieren. Im Interview verrät Diet welche Stücke gut laufen, warum Kopenhagen für sie bedeutender als Berlin ist und sie erst später in die Ordersaison startet.
Homegirl setzt auf Design, das auch mehrere Saisons übersteht. Was sind Ihre Musts für den Kleiderschrank?
Eine super Jeans, die eine gute Qualität hat, ist ein “go to”. Egal in welcher Saison oder mit welchem Piece man sich modisch anders entwickeln will, bleibt die Jeans beständig. Es gibt zwar auch bei Jeans verschiedenste Silhouetten, aber eine gute Straight Jeans braucht man auf jeden Fall.
Welche Marken sind für Sie zeitlos?
Bei Jeans verkaufen wir Won Hundred ziemlich gut. Die machen wahnsinnig tolle Waschungen, gute Schnitte – modern, aber auch nicht irgendwie crazy.
Und abgesehen von Jeans?
Unser Store hat sich ein bisschen entwickelt, weil wir seit zwei Jahren auf der anderen Straßenseite sind und uns vergrößert haben. Eine meiner Favorite-Marken, weil sie super Basics haben, ist Mads Nørgaard aus Kopenhagen. Die habe ich schon seit dem ersten Tag. Sie erfinden sich nicht immer neu, es gibt aber neue Schnitte und Farben sowie tolle Stoffe. Die kann man schick, aber auch zu einem lässigeren Look kombinieren.
Wie sieht es mit deutschen Marken in Ihrem Portfolio aus?
Am Anfang hatte ich ein paar echt coole, kleine Brands, die aus Deutschland kamen – viele aus Berlin. Die waren dann aber irgendwann für den Einzelhandel, den ich jetzt in dieser Größe habe, zu langsam – zu kleine Kollektionen und zu wenig neue Teile zwischen den zwei Hauptkollektionen. Die Leute wollen hier schon immer wieder was Neues sehen und das bedeutet überhaupt nicht, dass es Fast Fashion werden muss, sondern einfach nur, dass sie immer einen anderen Look und andere Teile benötigen. Das war mit den zwei bis maximal vier Kollektionen der kleineren Marken einfach nicht möglich. Deswegen sind wir davon weggekommen, verkaufen aber immer noch Münchner Schmuckdesigner:innen sowie ein lokales Taschenlabel. Alles andere ist mittlerweile fast nur Kopenhagen und ein bisschen Schweden.
Es geht also mehr um die Regelmäßigkeit der Liefertermine?
Genau, bei den Marken, mit denen ich arbeite, gibt es auch vier Kollektionen und die dazugehörigen Ordern, aber sie liefern monatlich aus. Sie sind auch relativ schnell bei Trends. Wenn jetzt gerade was aufkommt, dann gibt es die Möglichkeit, das noch nachzubestellen. Ich hänge auch eigentlich alle zwei Wochen um. Nur so schaffen wir den dauerhaften Wandel auf der Fläche.
Warum ist der Wandel für Ihre Kundinnen so wichtig?
Es ist gerade bei dieser schnelllebigen Generation, in der wir uns befinden, wichtig, schnell zu sein, bevor die Trends auch wieder vorbei sind. Das bedeutet nicht, dass die Teile nur zwei Wochen auf der Fläche hängen, aber man muss sie immer wieder anders präsentieren, in einer anderen Farbe, irgendwie den Leuten ein Erlebnis bieten, gerade wenn sie öfter kommen wollen, als einmal in drei Monaten.
Und welche Trends verfolgen Sie aktuell?
Ich beschäftige mich viel mit dem Kopenhagen-Style. Wir verkaufen viel Maxiröcke, Denim-Shorts und hatten lange Cowboy-Boots. Jetzt sind wir bei Kitten Heels. Insgesamt sind wir schon sehr modisch und machen auch Trends mit, aber versuchen Styles zu verkaufen, die nicht nur eine Saison gehen und ein bisschen unabhängiger von der Zeit sind.
Haben Sie etwas für SS25 im Blick?
Da ich noch gar nicht geordert habe, bin ich noch nicht 100-prozentig drin. Aber es wird sicher nochmal weniger feminin und gerade bei den Skandinavier:innen ein bisschen burschikoser und breiter.
Wie gehen Sie mit dem unbeständigen Wetter um?
Wir versuchen schon etwas länger gar nicht mehr so stark auf die verschiedenen Jahreszeiten einzugehen. Natürlich gibt es bei uns eine Spring-Summer, eine Summer, eine Fall-Winter, eine Winter, aber dadurch, dass in Kopenhagen das Wetter immer so ist, wie es jetzt aktuell bei uns ist, haben die in jeder Saison auch genau das drin. Es gibt immer einen leichten Strick, eine lange Hose und einen langen Blazer zum drüber werfen.
Erleichtert das auch Ihre Planung?
Es ist relativ dankbar, weil man alles bekommt und ich schon nach Saisons schreibe. Ich versuche in der Sommersaison genauso viel zu schreiben wie in der Spring-Summer. Es gibt ja Leute, für die Spring-Summer und Fall-Winter wichtiger sind. Ich schreibe viel spezifischer im Sommer für den Sommer und hänge auch nur auf die Fläche, was zum Wetter passt. Ich habe ganz viele Sommerteile, die vielleicht schon in den Sale gerutscht wären, wenn ich sie auf der Fläche gehabt hätte. Die kommen aber erst jetzt auf die Fläche, wo das Wetter schöner wird. Natürlich sind online schon manche im Sale, aber die Kund:innen, die zu mir kommen, wollen einfach was Schönes kaufen – die coolen Shorts oder der Rock, der eben jetzt zum schönen Wetter passt.
Deswegen versuchen wir, das ganze Jahr Teile zu haben, die immer gehen und dazu gibt es im Sommer Sandalen und Shorts. Auf der anderen Seite vermeide ich Winterjacken und habe lieber einen schönen Mantel, den man auch noch im Herbst oder im Frühjahr tragen kann, oder eine warme Bomberjacke. Aber auf diese ganz krassen Winterteile versuche ich zu verzichten.
Auf welchen Modewochen und Messen sind Sie für die Order unterwegs?
Ich bin in Düsseldorf und Berlin, weil ein paar Agenturen ganz coole Marken haben und ich gerade ein, zwei neue Labels aufnehme. Aber am wichtigsten ist für mich Kopenhagen, wo ich unsere bestehenden Marken im Showroom besuche und in einem ruhigen Umfeld ordern kann. Ich werde aber auch ein oder zwei Tage auf der CIFF sein, weil ein paar meiner Marken da vertreten sind und ich mich inspirieren lassen kann.
Für einige Einzelhändler:innen ist Kopenhagen für die Order recht spät. Was sagen Sie dazu?
Ich war bei der Seek in Berlin und habe bei zwei Labels geschrieben, aber da war ich noch gar nicht richtig im Thema drin. Dadurch, dass ich so viele Kopenhagener Brands habe, geht es für mich natürlich auch viel später los als bei anderen. Es gibt mir auch mehr Zeit und ich kann mich später damit befassen. Jetzt hört so langsam die Saison auf, wir fangen mit dem Sale an und dann bin ich im August auch ein bisschen entspannter.
Ist neben Ihren bestehenden Partner:innen auch Platz für neue Marken?
Ich habe gerade zwei Brands im Kopf, die ich gerne in unser Portfolio integrieren würde. Eine davon habe ich mir auch schon im letzten Jahr angeschaut. Meist beobachte ich Marken eine Sommer- und Winter-Saison, bevor ich sie dann wirklich anfange zu ordern. Aber ich versuche schon, mich bei der Messe darauf einzulassen, einfach drüber zu schlendern und mich inspirieren zu lassen. Manchmal kommen dann unerwartete Labels, die einen überraschen.
Werden die dann dennoch zwei Saisons beobachtet oder kann es manchmal auch schneller gehen?
Wenn ich jetzt sage: „Wow es ist richtig toll” und es ist eine coolen Schuh- oder Accessoire-Brand, kann man darüber nachdenken, aber bei Kleidung schaue ich mir schon auch die alten Kollektionen an, bevor ich da was ordere und sie dann am Ende nur eine Saison im Store habe.
Klar können Marken auch mal eine gute Saison und eine schlechte Saison haben, aber ich möchte auch, dass meine Kund:innen eine längere Bindung zu den Labels haben. Sie sollen sehen, dass ich hinter dem stehe, was ich kaufe und dafür brauche ich auch immer eine Geschichte. Ich finde es cool, wenn das Leute machen, die sich in einem ähnlichen Vibe wie ich bewegen. Und deswegen ist es mir schon wichtig, ein bisschen zu warten und zu schauen, ob das überhaupt für uns passt.
Neben dem eigenen Store gibt es jetzt auch die Homegirl Agency…
Wir spielen schon ein bisschen länger mit dem Gedanken, uns zu erweitern, weil der Store sehr gut läuft. Beim nächsten Schritt können wir den Laden allerdings nicht vergrößern. Natürlich könnten wir super viel Geld in den Onlineshop stecken und weiter ausbauen, aber ich habe auch nicht das Gefühl, dass das mein Kerngeschäft ist. Dadurch, dass wir auch insgesamt gut mit anderen Einzelhändler:innen vernetzt sind, schauen wir uns diesen Bereich mal an.
Nun haben wir die erste Saison als Agentur für eine Taschenmarke, die wir auch bei uns im Store haben, und ich bin jetzt auch das erste Mal in der anderen Rolle – als Vertrieblerin – in Düsseldorf. Der Austausch und der Branche so nah zu sein ist auch ein schöner Ausgleich, wenn man hier so jeden Tag im Laden ist.
Und dann wird das Portfolio Stück für Stück erweitert?
Erstmal wollte ich testen, wie es sich anfühlt und wie viel Arbeit es letztendlich ist. Wir sind mit drei Leuten auch kein riesiges Team. Aber klar, wenn wir die erste Saison hinter uns haben, werden wir uns auf jeden Fall mit der Agentur auf die Suche nach ein paar neuen Labels machen.
Wie sind Sie dann in Düsseldorf aufgestellt?
Mit unserer Taschenmarke brauchen wir keinen großen Platz und sind daher bei einem Bekannten, der auch eine Brand betreut, im Showroom auf der Kaiserswerther Straße untergekommen. Aber wir wollten auch einfach mal schauen, ob Düsseldorf überhaupt interessant für uns ist, da ich als Einzelhändlerin überhaupt keine Freundin davon bin, in Deutschland in so viele Showrooms zu gehen. Für die Brands, die wir aktuell für die Agentur im Sinn haben, würden Online-Termine, sich in Kopenhagen zu treffen oder zu den Stores hinzufahren, ausreichen, aber wir wollen auch einfach mal die Erfahrung mitnehmen und dann für die kommenden Saisons schauen.
Und wie steht es um die Homeboys?
Ich würde behaupten, ich könnte es sogar noch besser als Frauen Kleidung kaufen. Ich liebe Männerkleidung. Allerdings wäre das für mich nur mit einem zweiten Store möglich. Beides in eine Fläche zu hängen, finde ich irgendwie schwierig. Und dann müsste der zweite Laden auch in der Straße sein, damit wir das handeln können. Dafür ist aktuell leider keine Kapazität. Aber klar, das schwebt mir schon immer wieder im Kopf, auch weil es schade ist, dass es für Männer weniger Auswahl als für Frauen gibt.