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Kleidung, Schuhe und DVD-Player: Besuch in einer niederländischen Textilrecyclinganlage

Von Caitlyn Terra

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Mode|Bericht
Nach der Sortierung durch die Fibersort-Maschine bleiben noch viele Teile übrig, die nicht direkt zu neuen Garnen recycelt werden können. Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited

Ein puderrosa Abendkleid hängt einsam in der Ecke. Das Kleidungsstück ragt aus einem der vielen Gitterkörbe heraus, in denen Altkleider gesammelt werden. Das Kleidungsstück sieht aus wie neu und könnte noch eine neue Besitzerin finden, aber jemand hat beschlossen, es in die Altkleidersammlung zu geben.

Es ist schwer, nicht imponiert zu sein, wenn man sich in einer meterhohen Halle voller Altkleider wiederfindet. Aufgrund der Größe der Halle und der schieren Menge an Stoffen verwandelt sich die Szene in eine einzige bunte Leinwand. Noch nagelneue Teile ragen aus den Ballen, neuwertige Schuhe liegen auf dem Boden und hier und da finden sich Teile, die definitiv nicht unter die Rubrik Bekleidungsabfälle fallen, aber dennoch in denselben Behältern landen. Glücklicherweise gibt es auch Unternehmen, die sich für die Lösung dieses Problems einsetzen.

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Ein puderrosa Ballkleid sticht zwischen all den Säcken in der Halle hervor, in der der gesamte Bekleidungsabfall landet. Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited

Sortieren, sortieren und nochmals sortieren: Besuch in einer niederländischen Recyclinganlage für Bekleidung

Es ist ein kalter Dienstagmorgen im niederländischen Wormerveer. Auf Einladung von Brightfiber Textiles und Loop.a life kann FashionUnited einen Blick auf die Recyclinganlage werfen. Bei der Ankunft trifft zufällig gleichzeitig ein Lastwagen ein, in den später mehrere Ballen mit Kleidung geladen werden. Das sind die Kleidungsstücke, die noch "zu gut" sind und erneut tragbar sein können. Diese wird also nicht sofort recycelt, sondern geht an externe Stellen. Denn für Kleidung, die nicht kaputt oder schmutzig ist, kann einfach ein zweites Leben gefunden werden. Aber bevor das überhaupt entschieden wird, muss erst einmal sortiert werden.

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Der Sortierprozess ist immer noch weitgehend manuell. Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited
Berge von Kleidungsstücken sind gleichzeitig im Einsatz. Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited

Die Recyclinganlage besteht aus mehreren Schritten. Zunächst gibt es eine grobe Sortierung: Kleidung, Schuhe, aber auch Elektronik und Abfall werden angeliefert. „Die Leute packen wirklich alles in eine Tüte, die sie zur Sammelstelle bringen“, erklärt Ellen Mensink von Loop.a life und Brightfiber Textiles während der Tour. Eines der Beispiele, die an diesem Tag zu sehen sind, ist ein Karton mit einem DVD-Player. „Die Leute denken: Abfall ist Abfall, oder?“

Alles in diesem Teil des Prozesses wird von Hand gemacht, und so sind in der Anlage täglich mindestens 40 Menschen beschäftigt. Je länger jemand dort arbeitet, desto häufiger entwickelt die Person eine Spezialisierung. Es gibt unter anderem Leute, die speziell eine Kategorie von Kleidung sortieren, weil sie schnell erkennen können, ob ein Artikel noch gut und für eine bestimmte Zielgruppe oder ein bestimmtes Land geeignet ist.

Nachdem die anderen Artikel herausgefiltert wurden und überprüft wurde, ob die Kleidung nicht kaputt oder schmutzig ist, wird der Artikel nach der Art der Kleidung sortiert. Damenoberbekleidung, Jeans, Socken, Jacken, und so weiter. Wie bereits erwähnt, werden Artikel, die noch sauber und intakt sind, in dieser Recyclinganlage nicht weiterverarbeitet. Sie werden je nach Warengruppe in Bündeln zusammengefasst, die dann an andere Standorte im Inland, häufiger jedoch im Ausland, verschickt werden.

Niederländischer Bekleidungsabfall: Brightfiber Textiles und Loop.a life wollen Reststrom lokal verarbeiten

Nachdem ein Großteil der Sortierung abgeschlossen ist, werden die Gegenstände sortiert, die in ihrer jetzigen Form nicht mehr wiederverwendet werden können. Diese werden an die Fibersort-Maschine in Wormerveer weitergeleitet. Hier geht der Prozess von Handarbeit auf Maschinenarbeit über. Für diejenigen, die mit der Fibersort-Maschine noch nicht vertraut sind: Diese Maschine scannt Kleidungsstücke mit zwei verschiedenen Kameras. So wird festgestellt, wie sich ein Kleidungsstück zusammensetzt, zum Beispiel wie hoch der Baumwoll- oder Polyesteranteil ist und welche Farbe das Kleidungsstück hat. Sobald dies erfasst wurde, landet das Kleidungsstück auf einem Förderband, das an verschiedenen Behältern vorbeiführt. Wenn das Kleidungsstück an der richtigen Stelle ankommt, wird es mit einem Luftstoß schnell vom Förderband "geschossen", wodurch das Kleidungsstück zu den anderen Artikeln der gleichen Kategorie und Farbe gelangt. Durch die Auswahl von Farbe und Material haben die fertigen Fasern nach dem Recycling die richtige Farbe, so dass keine Farbstoffe zur Herstellung farbiger Garne benötigt werden.

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Die Fibersort-Maschine selektiert nach Zusammensetzung und Farbe. Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited

Wer glaubt, dass nur Gegenstände aus einem einzigen Material recycelt werden können, der irrt. „Es macht den Prozess einfacher, doch wir können auch auf eine gewisse Zusammensetzung eingehen“, so Mensink. Zum Beispiel eine Kombination aus Baumwolle und Polyester. Solange alle Teile das gleiche Verhältnis haben, wie etwa 65 Prozent Baumwolle und 35 Prozent Polyester, können daraus wieder Fasern und Garne hergestellt werden. „Dann stellen wir einfach Garne aus Mischungen her“, sagt er. Aber wenn ein Artikel aus mehreren Materialien besteht, wird es schwieriger, eine exakte Übereinstimmung in der Zusammensetzung zu finden – und auch genügend Volumen zu bekommen, um schließlich Garne herzustellen. „Bei einem Artikel mit sechs verschiedenen Rohstoffen wird es sehr schwierig.“

Leider bleiben viele Artikel übrig, falls die Fibersort-Maschine nicht sofort eine Übereinstimmung findet. Was geschieht mit diesen Teilen? Im Moment werden diese Materialien noch downgecycelt, denn bedauerlicherweise schaffen es viele Kleidungsstücke bisher nicht in den Recyclingprozess und landen direkt im Müll. Downcycling bedeutet, dass die Fasern der Kleidungsstücke nicht wieder in ein neues Kleidungsstück eingearbeitet werden, sondern beispielsweise für die Füllung von Kopfkissen verwendet werden. Mensink sagt, dass sie mit Brightfiber Textiles viel mehr Materialströme verarbeiten möchte, damit in Zukunft die Anzahl der Artikel, die eine Übereinstimmung finden, hoffentlich steigt.

Beim Sortieren hört der Prozess in Wormerveer jedoch nicht auf. Dank der Trimclean können auch Reißverschlüsse und Knöpfe von den Artikeln entfernt werden. Alle Artikel, die die richtige Farbe und Zusammensetzung haben, werden in kleine Flächen geschnitten. Diese Flächen durchlaufen einen Detektor, der mittels eines Metalldetektors und einer Kamera die Stellen mit Knöpfen und Reißverschlüssen herausfiltert (denn natürlich sind nicht alle Knöpfe und Reißverschlüsse aus Metall). So bleiben nur die für die Faserung geeigneten Teile übrig. Schließlich werden die Fasern zu neuem Garn verarbeitet, das zur Herstellung von Stoffen und neuen Kleidungsstücken verwendet werden kann.

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Dhyana van der Pols (links) und Ellen Mensink. Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited

Altkleider: "Das Problem kann auch die Lösung sein"

Ellen Mensink und Dhyana van der Phols haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Problem des Bekleidungsabfalls anzugehen. Mensink ist ursprünglich Betriebswirtin und untersuchte verschiedene Kreislaufwirtschaftsmodelle für unterschiedliche Branchen. Als sie sich mit einem Kreislaufwirtschaftsmodell für die Modeindustrie beschäftigte, sah sie, wie viele Abfallströme es gab. „In jeder Kreislaufkette kommt der Abfall zurück“, sagte sie. Mit diesem Strom, dem Nach-Gebrauchs-Kleidungsabfall, wollte sie etwas anfangen. „Das Problem kann auch die Lösung sein“, sagt sie enthusiastisch.

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Dhyana van der Pols mit einem Loop.a life Artikel.Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited
Stoffsammlung von Brightfiber Textiles.Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited

Dass Bekleidungsabfälle zu brauchbarem und hochwertigem Garn recycelt werden können, ist nach dem Besuch der Recyclinganlage klar, aber jetzt müssen Marken und Verbraucher:innen überzeugt werden. Deshalb hat Mensink die Marke Loop.a life ins Leben gerufen, die eigentlich als Schaufenster für Textilien aus recycelten Materialien fungiert. Die Marke konzentriert sich darauf, so nachhaltig wie möglich zu arbeiten. Deshalb entscheidet sich Loop.a life beispielsweise dafür, mit den Materialien zu stricken, statt zu weben. „Weben verbraucht mehr Strom als Stricken“, sagt Mensink. Mensink ist auch sehr transparent: „Wir entscheiden uns nicht für Artikel, die zu 100 Prozent aus recycelten Materialien bestehen, sondern für Artikel, die zu 100 Prozent aus Kreislaufmaterial bestehen. Alles, was wir erhalten, verarbeiten wir.“ Außerdem weist sie darauf hin, dass das Unternehmen eine Lebenszyklusanalyse für den Produktionsprozess erstellt hat. Damit kann es angeben, wie viel CO2 und Wasser bei jedem Kleidungsstück eingespart wird. Dies soll ab 2024 auch den Verbraucher:innen mitgeteilt werden.

Auch bei Loop.a life wird bereits mit Kompositionen experimentiert. So begann die Marke einst mit Wolle, führte aber vor einigen Jahren Cotton2Cotton ein, das aus recycelter Baumwolle besteht. Für jede Komposition und jedes Material sucht die Marke nun nach neuen Alternativen. Loop.a life will mit seinen Kollektionen zeigen, welche Einsatzmöglichkeiten Recyclingfasern bieten.

Die Kollektion von Loop.a life. Bild: Foto von Alicia Reyes Sarmiento für FashionUnited

Recycling von Kleidung vor Ort: Das ist möglich

Loop.a life ist außerdem eine Marke, mit der Recycling-Kooperationen eingegangen werden. So arbeitet die Marke bereits mit den Marken King Louie und State of Art zusammen, um Second-Hand-Artikel zu neuer Strickware zu recyceln. Auf diese Weise können die Marken das Wissen von Loop.a life nutzen und neue Möglichkeiten entdecken. Oft wird dann eine Flamme entfacht, die die Labels dazu bringt, noch mehr für das Recycling zu tun. Loop.a life ist daher immer offen für neue Kooperationen, denn so wird das Problem des Bekleidungsabfalls weiter angegangen.

Mensink und Van der Phols arbeiten mit lokalen Partner:innen zusammen. Das bedeutet manchmal Partner:innen in den Niederlanden, aber auch Partner in Europa und der Türkei. Das System ist ein vollständig geschlossener Kreislauf – was sie erhalten, verarbeiten sie auch. 2024 wird es noch lokaler werden – dann wird Mensink mit Brightfiber Textiles in Amsterdam eine Fabrik für Kreislaufrohstoffe für Fasern aus lokalen Reststoffen eröffnen. In dieser Fabrik wird der Unternehmer schließlich 2,5 Millionen Kilo Textilien pro Jahr produzieren.

Wenn es nach den Unternehmern geht, werden die Niederlande wieder eine florierende Textilindustrie haben, in der auch der Abfallstrom der Kleidung in die Produktion neuer Artikel einfließt. Die Bemühungen von Mensink und Van der Pols werden sicherlich nicht ohne Wirkung bleiben, doch nun muss der Rest der Branche mitziehen.

Dieser übersetze Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl

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