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Labels to Watch: Mode aus Wien

Von Heide Halama

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Mode
(V.l.n.r.) Die Wiener Labels Julia Skergeth, Natures of Conflict, Valerie Kattus und Amaaena. Bild: Julia Skergeth, Lisa Edi, Jennikoller, Anna Breit

Wien hat über viele Epochen hinweg die internationale Kunst- und Kulturszene angeführt. In modischer Hinsicht ist es nach Designgrößen des letzten Jahrhunderts, darunter Emilie Flöge, Fred Adlmüller und Rudi Gernreich, ruhiger um die Metropole geworden. Oft suchten Kreative ihr Glück auch im Ausland, wie Helmut Langs Aufenthalte in Paris und New York oder Marina Hoermanseders Wahlheimat Berlin demonstrierten.

Jedoch hält eine neue Generation junger Designtalente der österreichischen Hauptstadt die Treue und mischt die zeitgenössische Modewelt auch jenseits der Grenzen auf. Ob avantgardistische Formen, handgefertigte Brautmode oder nachhaltige Bekleidungsalternativen: Wien unterstreicht erneut seine kreativen Qualitäten. FashionUnited hat vier aufstrebende Marken zusammengetragen, die Sie im Auge behalten sollten.

Valerie Kattus

Dass der erste Karriereweg nicht immer der Endgültige sein muss, beweist Valerie Kattus: Nach ihrem abgeschlossenen Medizinstudium entschied sie sich für die Modebranche. Praktika und Arbeitserfahrungen, etwa im Berliner Studio der zuvor erwähnten Marina Hoermanseder oder beim niederländischen Modehaus Viktor & Rolf, folgten und bestärkten Valerie Kattus in ihrem Entschluss, ihr gleichnamiges Label zu gründen. Dieses sollte sich nach ersten Erfahrungen mit Dirndln und Abendroben 2021 ganz auf Brautkleider konzentrieren.

Kleid ‘Annie’ und Schleier ‘Valetta’ der ‘Sweet Romance’-Kollektion von Valerie Kattus. Bild: Jennikoller

Valerie Kattus verbindet in ihrem Wiener Atelier zwei Konzepte: einerseits eine Brautkleid-Kollektion, die im Showroom anprobiert werden kann, zum anderen die anschließende Maßanfertigung des ausgewählten Entwurfs. Dabei ist zu beachten, dass keine Spezialanfertigungen entstehen, sondern die individuellen Modelle auf bestehenden Entwürfen basieren.

Valerie Kattus. Bild: Jennikoller

Der Entstehungsprozess wird transparent und persönlich begleitet. Vom ersten Probestück bis zum fertigen Kleid sind es vier bis fünf Anproben über einen Zeitraum von etwa vier bis sechs Wochen, bei denen Kund:innen Teil eines jeden Schrittes sind. Da alle Anfertigungen ausschließlich von der Designerin selbst durchgeführt werden, ist nur eine begrenzte Anzahl von Bestellungen pro Jahr möglich. Als Materialien werden Stoffe eingesetzt, die in Europa in Kleinserien hergestellt werden, darunter auch Spitzen französischer Herkunft.

Über Valerie Kattus:

  • Gründung: Von Valerie Kattus, seit 2021 vollständiger Fokus auf Brautkleider
  • Bestseller: ‘Phillipa’-Kleid, Schleier
  • Zielpublikum: Bräute allen Alters
  • Verkaufsstellen: Atelier und Showroom, Silbergasse 52, 1190 Wien
  • Vertrieb: vk@valeriekattus.com
  • Preise: Ab 2.000 Euro für ein Brautkleid
  • Produktion: Jedes Teil wird von Valerie Kattus in Wien gefertigt; Stoffe von Kleinunternehmen in Europa produziert, Spitzen aus Frankreich

Amaaena

Für Anna Menecia Antenete Hambira, Absolventin der Modeklasse der Universität für angewandte Kunst in Wien, ist Mode ein Aspekt des künstlerischen Gesamtwerks. In ihren Arbeiten beleuchtet sie stets verschiedene Disziplinen, die ein ganzheitliches Konzept formen. Neben ihrer Tätigkeit als Künstlerin und Kreativdirektorin gründete sie das Modelabel Amaaena. Die Marke formte sich zu einem „interdisziplinären Schwarzen Projekt“, wie Hambira es nennt, und verknüpft Ethnien, Nachhaltigkeit, Konsumkritik sowie zeitgenössisches Design mit wichtigen Themen wie dekolonialen Strategien und gesellschaftspolitischer Positionierung.

Darüber hinaus widmet sich die Marke der Gestaltung eines transnationalen künstlerischen Schwarzen Netzwerks im deutschsprachigen Raum, um Diversität gegenüber Schwarzen Menschen und deren Beteiligung in der Branche mitzugestalten. Durch die Verflechtung verschiedener kreativer Werkzeuge innerhalb des Modeprojekts wird das zum Konsumprodukt degradierte Kleidungsstück zu einem Medium der Identitäten erweitert. Themen wie Gender, Sexualität und ‘Race’ stehen dabei im Zentrum.

Amaaena. Bild: Anna Breit

Um Ressourcen zu schonen, agiert Amaaena abseits des konventionellen Modekreislaufs und folgt keinem klassischen Saisonkalender. Die in Kleinserien gefertigten Stücke werden seit 2024 auch nummeriert, um ihren Charakter als Sammlerstücke zu unterstreichen, wobei Materialien aus ‘Deadstock’ – übrig gebliebenen oder überschüssigen Stoffen – verwendet werden. Zudem verfolgen die Entwürfe einen geschlechtsneutralen Ansatz, um Raum für komplexe Identitäten zu schaffen, die sich keiner Kategorisierung unterordnen wollen. Die Kollektionen werden in mehreren Drops über den eigenen Onlineshop angeboten, während regelmäßige Pop-ups den Vertrieb unterstützen. Hambiras individuelles Konzept verhalf ihr zur Unterstützung im Förderungsprogramm ‘AFA Support’ der Austrian Fashion Association, sowie des ‘Founders Lab – Creative Industries’ der Wirtschaftsagentur Wien.

Amaaena. Bild: Anna Breit

Unter ‘AmaaenaStudio’ erschließt das Modeprojekt weitere kreative Disziplinen in den Bereichen bildende Kunst, Video, Kostüm und Konzeptgestaltung. Mit Themen wie ‘Decolonising Fashion’ und ‘antikapitalistischer emanzipierter Modekonsum’ wird Forschungs- und Vermittlungsarbeit in Zusammenarbeit mit Einrichtungen wie dem Museum für angewandte Kunst Wien oder dem Austrian Center for Fashion Research unter der Akademie der bildenden Künste betrieben und öffentlich behandelt.

Über Amaaena:

  • Gründung: Von Anna Menecia Antenete Hambira mit Sitz in Wien
  • Bestseller: ‘Trackjacket’ aus Leinen
  • Zielpublikum: Modeaffine, die von Reglementierung abweichen wollen, genderless
  • Verkaufsstellen: Onlineshop, regelmäßige Pop-ups
  • Vertrieb: hello@amaaena.com
  • Preise: 110 Euro für einen Seidenschal, 170 Euro für ein Top oder eine Hose
  • Produktion: Einzelstücke und Kleinproduktion, Verwendung von ‘Dead Stock’-Stoffen, folgt nicht klassischen Saisonkalender

Julia Skergeth

Für Julia Skergeth spielt Ästhetik sowohl im Alltag als auch im beruflichen Leben eine tragende Rolle, was nicht zuletzt an ihrer Ausbildung als Grafikerin und Modedesignerin liegt. 2019 lancierte die gebürtige Oberösterreicherin ihr gleichnamiges Label, das sich auf Taschen spezialisiert hat und über Mode hinausschauen soll: Die Modelle erzählen Geschichten, die Skergeth während Auslandsaufenthalten und Reisen durch die Welt erfahren hat und basieren auf unterschiedlichen Kulturen, Menschen und Künsten. Stilistisch orientieren sich die Kreationen an einem Design, das moderne und klassische Aspekte aufgreift.

Julia Skergeth SS24. Bild: Julia Skergeth

Mit in europäischen, kleinen Manufakturen verarbeiteten Materialien wie italienischem Leder setzt die Marke auf Langlebigkeit und Qualität des Produktportfolios, das neben Handtaschen auch Laptoptaschen, Schmuck und Lederpflege umfasst. Mittels strategischem Sourcing wird für jedes verwendete Material recherchiert und Zeit in den Preis- und Qualitätsvergleich gesteckt. Zu den Lieferant:innen der Produkte besteht persönlicher Kontakt und die Produktionsstätten werden regelmäßig besucht. Besonders hervorzuheben ist zudem die Preistransparenz im Onlineshop, in dem alle Faktoren der Kosten aufgelistet sind. Die Kollektionsgröße variiert pro Saison und zeigt für FS24 drei Taschen in vier Farben, trotzdem sollen die Modelle saisonunabhängig getragen werden können.

Julia Skergeth SS24. Bild: Julia Skergeth

Gemäß ihrer Affinität zum Reisen vertreibt Skergeth ihre Produkte weltweit, wie etwa mit Einzelhändler:innen in Großbritannien, Spanien und Japan. In Österreich sind die Taschen unter anderem in den Traditionskaufhäusern Steffl in Wien und Kastner & Öhler in Graz erhältlich.

Über Julia Skergeth:

  • Gründung: 2019 in Wien
  • Bestseller: ‘Eclipse’-Tasche, ‘Layered Chain’-Halskette
  • Zielpublikum: Taschenliebhabende, die internationale Einflüsse schätzen
  • Verkaufsstellen: Studio, Lindengasse 39/6, 1070 Wien, im Onlineshop sowie im ausgewählten internationalen Einzelhandel, darunter Steffl Wien
  • Vertrieb: sales@juliaskargeth.com
  • Preise: Taschen ab 295 Euro, (Taschen-)Schmuck ab 55 Euro
  • Produktion: Fertigung in Europa

Natures of Conflict

Zeitlosigkeit und Rückbesinnung spielen bei Natures of Conflict eine zentrale Rolle. Das niederösterreichisch-wienerische Gründerinnen-Duo Nora Berger und Kathrin Lugbauer studierte in der Modeklasse der Wiener Universität für angewandte Kunst unter Leitung der belgischen Designenden Véronique Branquinho und Raf Simons. 2010 gründeten die beiden ihr Label, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Träger:innen mit jedem Kleidungsstück einen zeitlosen Begleiter zu bieten, der funktional ist, aber auch raffiniert anmutet.

Natures of Conflict SS24. Bild: Lisa Edi

Basiselemente der Garderobe werden spielerisch und mit Mut neu durchdacht, während an Proportionen, Volumen und Silhouetten gefeilt wird. Zusammen bilden diese Komponenten eine vielseitig einsetzbare Grundausstattung, die langsam wachsen kann und die weit verbreitete Kurzlebigkeit in der Modewelt überwindet.

Natures of Conflict SS24. Bild: Lisa Edi

Bei der Wahl der Stoffe, Materialien und Produktionsbedingungen wird sorgfältig vorgegangen: Die Marke nutzt ausschließlich Naturfasern aus rückverfolgbarer Produktion sowie Vintage- und Deadstock-Stoffe. Die Anzahl der Kleidungsstücke, die unter fairen Arbeitsbedingungen in Europa hergestellt werden, ist dementsprechend begrenzt. Stücke der ‘Seasonals’-Kollektion werden nur auf Bestellung von Näher:innen in der Slowakei gefertigt, was zu einem kleineren ökologischen Fußabdruck beiträgt.

Natures of Conflict SS24. Bild: Lisa Edi

Über Natures of Conflict:

  • Gründung: 2010 von Nora Berger und Kathrin Lugbauer
  • Bestseller: ‘Apron’-Top, ‘Caviar’-Halskette
  • Zielpublikum: Die Zeitlosigkeit Liebende, die eine Basisgarderobe aufbauen wollen
  • Verkaufsstellen: Onlineshop sowie im ausgewählten internationalen Einzelhandel, darunter Unikatessen in Wien oder Mameg in Los Angeles
  • Vertrieb: mail@naturesofconflict.com
  • Preise: ab 180 Euro für Schals, ab 290 Euro für Tops und ab 485 Euro für Hosen
  • Produktion: Ausschließlich in Europa, Deadstock- oder Vintagestoffe, daher Stückzahl begrenzt
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