Lässt H&M in chinesischen Gefängnissen produzieren?
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Dass internationale Modekonzerne in Ländern wie China oder Bangladesch ihre Waren oft unter schlechten Bedingungen produzieren lassen, ist längst kein Geheimnis mehr und beschäftigt neben zahlreichen Nichtregierungsorganisationen zunehmend auch die Branche selbst. Gerade die großen, vertikalen Anbieter und Modeketten wie H&M oder C&A geraten häufig in die Kritik, dass ihre Zulieferer vor Ort weder allgemein gültige Sozial- noch Umweltstandards einhalten.
Nun ist weiteres Material aufgetaucht, das die westlichen Konzerne schwer belastet. Der britische Privatdetektiv Peter Humphrey, der über 23 Monate in chinesischen Gefängnissen inhaftiert war, berichtet, dass in chinesischen Haftanstalten Verpackungsteile für bekannte Modemarken hergestellt würden. Damit bestätige Humphrey frühere Erzählungen anderer Inhaftierter, die auf fragwürdige Geschäftspraktiken hingewiesen hatten, so die Menschenrechtsorganisation Inkota-netzwerk e.V.. Mittlerweile sei bekannt, dass Häftlinge in Gefängnissen in China für verschiedene Firmen arbeiteten. Vor allem der Name H&M tauche in den Berichten laut Inkota "nicht zum ersten Mal" auf, und jetzt auch bei Humphrey.
Auch C&A im Verdacht
„Wenn Unternehmen ihrem Anspruch gerecht werden wollen, mit Produkten aus Gefängnisarbeit keine Geschäfte zu machen, dann müssen Sie den aktuellen Vorwürfen mit allen Möglichkeiten, die sie haben, nachgehen", fordert nun Berndt Hinzmann, Fachreferent für die Kampagne für Saubere Kleidung bei Inkota. Bei dieser und bei allen Auftragsvergaben müsse endlich eine Sorgfaltsprüfung in Sachen Menschenrechte durchgeführt werden.
Neben dem schwedischen Modekonzern H&M wird auch die deutsche Textilkette C&A genannt, die von der chinesischen Häftlingsarbeit profitieren soll. Dabei verweisen beide Unternehmen in ihren Verhaltenskodizes darauf, dass Zwangs- und Gefängnisarbeit für ihre Produkte ausgeschlossen sind und eine Orientierung an geltende Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu erfolgen hat. „Der Fall macht jedoch deutlich, dass das Online-Stellen von Zulieferlisten allein nicht ausreicht, um die genannten Probleme und andere Risiken zu verhindern", so Inkota-Aktivist Hinzmann. Nur wenn die Einkaufspraxis, Nachverfolgbarkeit der Produkte, das Lieferkettenmanagement und die unabhängigen Kontrollsysteme verbessert würden, sei eine Wahrung der Menschenrechte möglich. Außerdem gelte es mit einer angemessenen gesetzlichen Regulierung einen besseren politischen Rahmen zu setzen.
Die genannten Unternehmen fordert die Organisation hingegen auf, mit Peter Humphrey Kontakt aufzunehmen und zu prüfen, wo im angegebenen Zeitraum Aufträge platziert und eventuell illegale Unteraufträge in das Gefängnis vergeben worden seien.
Modehändler leiten Untersuchung ein
C&A kündigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Mittwoch eine Untersuchung an. «Wir nehmen diese vom Autor erwähnten Vorwürfe sehr ernst und werden versuchen, mehr Informationen über den Fall zu recherchieren», hieß es in einer Mitteilung. Das Unternehmen toleriere «keine Form der Zwangsarbeit oder Schuldknechtschaft» in seiner Lieferkette. «Im Falle von Zwangsarbeit würden wir die Geschäftsbeziehung zum Lieferanten sofort aufkündigen. Dies schließt jegliche Art von Gefängnisarbeit ein.»
Auch H&M teilte laut dpa mit, es sei «komplett inakzeptabel», die Herstellung in Gefängnisse zu verlegen. Dies würde zu einer sofortigen Beendigung von Verträgen führen. «Wir kennen die Behauptungen und nehmen sie sehr ernst. Im Moment können wir nicht bestätigen, ob sie zutreffend sind oder nicht.» Eine Untersuchung sei bereits eingeleitet.
Menschenrechtsorganisationen in China zufolge gibt es weder Beweise noch Gegenbeweise, dass Zwangsarbeit in chinesischen Gefängnissen weiterhin existiert. Offiziell sei sie 2013 abgeschafft worden.
Foto: BrandtMarke / pixelio.de