Lidewij Edelkoort verhilft mit ihrer Trendvorschau für FW24 zum "Winterschlaf"
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Draußen sind es 27 Grad, doch drinnen dreht sich alles um Strick, Überwinterung und das Bedürfnis, sich zu schützen. In der Nähe von Amsterdam stellte die Trendforscherin Lidewij Edelkoort ihre jüngste Trendprognose "Hibernation" für Herbst/Winter 2024 vor.
Als Edelkoort mit dieser Saison begann, gingen die Energiepreise durch die Decke und der Krieg in der Ukraine beherrschte die Nachrichten. „Ich konnte einfach nicht 'nur' eine Trendvorhersage machen. Ich musste auf das reagieren, was in der Welt geschah.“ Sie sah eine Unsicherheit in der Menschheit, und Angst. Die Menschen müssen Energie sparen und fragen sich, wie sie durch den Winter kommen sollen.
Edelkoort und ihr Trendbüro suchten nach Antworten auf diese Fragen und schaute sich die Tierwelt an: Wie kommen sie über den Winter? Aus dieser Überlgeung heraus zieht Edelkoort mehrere Schlüsse, die zu einer Vision für die H/W24-Saison führen. FashionUnited fasst die Highlights hier zusammen.
Während vor einigen Saisons die Farbprognose „heller denn je“ lautete, sind die Farben, die in der Prognose für Herbst/Winter 24 vorherrschen, überwiegend gedämpft. Das bedeutet aber nicht, dass die traditionellen dunklen Winterfarben stark vertreten sind. Verschiedene Weißschattierungen, aber auch Eisblau und Orange tauchen in mehreren Moodboards von Edelkoort auf. Auch die Farben Braun und Grau sind in Hülle und Fülle zu sehen und werden von der Trendforscherin beispielsweise mit Wollmänteln in Verbindung gebracht.
Strick gibt den Ton
Einer der größten Trends, der sich abzeichnet, ist die massive Rückkehr von Strickwaren in all ihren Formen. „Strickwaren waren sehr lange weg vom Fenster“, sagte Edelkoort auf dem Seminar, das von Appletizer organisiert wurde. „Oft gab es nur ein oder zwei Strickteile in einer Winterkollektion, der Rest waren Sweatshirts. Strickwaren werden jetzt wieder sehr wichtig. Die Menschen wollen sich sicher fühlen, und in der Mode bedeutet das Kleidung, die man um sich wickeln muss und in der man Halt findet."
Wer glaubte, Strick sei limitierend, wurde bei Edelkoorts Präsentation eines Besseren belehrt. Von leichtem Strick auf Basis von Naturfasern über schweren Strick mit groben Garnen bis hin zu sexy Lochmustern verspricht sie der Handwerkstechnik ein Comeback in allen Formen.
Auch die verschiedenen Texturen spiegeln sich wider, zum Beispiel durch die Verwendung von Mohair, aber auch durch Strickmuster, die von der Babymode inspiriert sind. Es gibt den traditionellen Zopfstrick mit all seinen Variationen, aber auch Strick mit Bubblemuster.
Strick ist zudem vielseitig. Man kann sich für eine schlichte Version entscheiden, oder für eine ausgeprägte mit (Tier-)Muster oder großen Blumen à la Marimekko. Auch mit der Verarbeitung kann man spielen. Zier-Details wie ein Rüschenkragen, aber auch Fransen und offene Kanten geben dem Strick seine eigene Identität. Worauf man in der Herbst/Winter Saison 24 setzen sollte? „Die Strickjacke wird sehr wichtig, besonders für Männer.“
Herbst/Winter 2024 nach Li Edelkoort: Riesige Wintermäntel, pantoffelartige Schuhe
In ihrem Trendvortrag analysiert Edelkoort, wie Tiere und Bäume Winterschlaf halten und wie sich dies als Inspiration für Kleidung umsetzen lässt. Die häufigsten Themen der Vorschau sind Kleidungsstücke, in denen sich die Menschen verstecken und einwickeln wollen.
Das Versteckspiel in Decken, sei es in Steppdecken oder in Decken mit Karomuster, taucht daher immer wieder auf. Wer einen physischen Ausdruck für dieses Bedürfnis sucht, kann sich die Kollektionen der amerikanischen Marke The Row ansehen. Schlichte, aber voluminöse Designs mit viel Layering. Wer mehr zum Karomuster tendiert, kann dies seit mehreren Saisons bei Isabel Marant in ihren gewebten Jacken mit Tartan-Muster finden.
Einige der Aussagen von Edelkoort während der Präsentation sind insbesondere für den Einzelhandel beachtenswert. So warnt sie davor, dass die Daunenjacke jetzt wirklich verschwinden wird. Wintermäntel bestehen jetzt wieder aus Wolle, werden immer voluminöser und die Farbpalette bewegt sich zwischen Grau und Braun. Dies dient auch als Erinnerung daran, dass die Farbe Schwarz in der Vorhersage für den Winter '24 quasi nicht mehr vorkommt. Edelkoort hat das Verschwinden von Schwarz schon vor einigen Jahren vorausgesagt.
Wenn sich der Look und die Silhouette von Mänteln ändern, ändert sich auch das Schuhwerk. Zu den übergroßen Mänteln, die an feine Decken erinnern, werden Schuhe in Pantoffelform getragen. „Der Turnschuh verschwindet schnell von der Bildfläche“, erklärt Edelkoort. „Die Schuhe bleiben unförmig und klobig, aber sie bewegen sich mehr in Richtung Hausschuhe.“
Lidewij Edelkoort: „Heilung wird zum Hauptaugenmerk der Designer:innen“
Neben einigen spezifischen, auf einzelne Elemente bezogenen Ausführungen macht Edelkoort einige weitere wichtige Aussagen. Am herausragendsten ist ist der Wandel im Beruf des Modedesigners, der mit dem Bedürfnis des Menschen nach körperlicher und geistiger Sicherheit zu tun hat. „Die ‚Heilung‘ wird zu einem der Hauptschwerpunkte bei der Herstellung von Kleidung. Wie kann das Produkt jemandem mental helfen? Wie kann man den Menschen helfen?“ Dabei täten die Kreativen gut daran, weniger zu produzieren und auch mehr Respekt vor den Materialien zu haben, mit denen sie arbeiten.
Am Ende des Seminars hinterlässt Edelkoort ihr gebanntes Publikum mit genügend Input, um monatelang darüber nachzudenken. Selbst bei 27 Grad Außentemperatur macht die Aussicht auf Decken, Wärme und Hausschuhe Vorfreude auf die Saison Herbst/Winter 2024.
Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.nl veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ