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Luis Trenker: Die Anfänge und ehrgeizigen Expansionspläne der Südtiroler Lifestyle-Marke

Von Weixin Zha

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Mode

Trotz der Corona-Pandemie will die alpine Bekleidungsmarke Luis Trenker in den kommenden zwei Jahren weiter wachsen. Das Wachstum soll nicht zuletzt von den eigenen Stores kommen, von denen noch vier bis März eröffnen werden.

Nach dem Besuch eines Lieferanten in Neapel sitzt der Gründer von Luis Trenker, Michi Klemera, im Zug, der durch die Bergtunnel auf dem Heimweg nach Bozen jagt. Mit beinahe ebenso viel Elan und Tempo erzählt der Italiener mit deutscher Muttersprache von seinen Plänen nach dem Covid-19-Ausbruch und über die Markenwelt von Luis Trenker, die von Mode über schlüsselfertige Hotelzimmer bis zu Rohmilchkäse reicht.

Durch die Coronavirus-Pandemie und die Ladenschließungen hat Luis Trenker, wie andere Modeunternehmen, Zeit und Umsatz verloren. Statt im Juni, kommt die neue Sommerkollektion jetzt Ende Juli in die Läden, dann wird auch die Winterkollektion ausgeliefert – die Tourismussaison in den Bergen beginnt spätestens dann, und die Urlauber sind die Hauptkundschaft von Luis Trenker.

Bild: Michi Klemera, Geschäftsführer von Luis Trenker

„Das heißt wir verlieren insgesamt einen Monat Zeit. Wir mussten uns alle bemühen und sehr konzentriert unsere Arbeit tätigen, weil es viel Druck gab und Arbeitsverlust, denn viele Kollektionen gingen nicht oder nur zum Teil in Produktion”, erzählt Klemera. Die Kollektion für Sommer 2021, die diese Woche vorgestellt wurde, wurde um 30 Prozent verkleinert.

Für dieses Jahr hat er mit seinen Lieferanten ein einziges Ziel: „2020 gemeinsam zu überstehen und 2021 anzugreifen.” Für die kommende Herbst/Winter 2020 Saison hat Klemera keine Ware storniert und ist 100 Prozent in Produktion gegangen, weil er überzeugt ist, dass er sie brauchen wird, um in seinen eigenen Stores “bestens auftreten” zu können. Für die kommenden zwei Jahre hofft er den jährlichen Umsatz, der vor der Pandemie bei 12 Millionen Euro lag, um 20 Prozent zu steigern.

„Es gibt Gewinner und Verlierer, ich möchte auf der Seite der Gewinner sein”, sagt Klemera. Er glaubt, dass viele deutsche Händler von wichtigen Marken enttäuscht wurden und auch manche austauschen werden – eine Chance für das weitere Wachstum bei Luis Trenker. „Wir haben unseren Kunden bereits bewiesen, dass wir nicht in Panik geraten und arbeiten können.”

„Wir sind nicht Mode aber modisch”

Neben Neukunden sollen weitere Erlöse auch durch die eigenen Läden und das Onlinegeschäft kommen. In der letzten Juniwoche verzeichnete Luis Trenker in seinen Stores zusammen mit Nachbestellungen von Modehändlern bereits einen Umsatzanstieg von 21 Prozent. Am Samstag eröffnet ein neuer Standort im österreichischen Wintersportort Schladming – dunkles Holz und Mooswände erzeugen eine rustikale, naturverbundene Atmosphäre im 90 Quadratmeter großen Laden. Ein weiteres Geschäft in Kitzbühel und der Bozener Flagship-Store, sowie ein Outlet im Schweizer Fashion Outlet Landquart folgen bis März 2021.

Bild: Neuer Laden im österreichischen Schladming

Klemera strebt einen Online-Umsatzanteil von mehr als 20 Prozent an, während der Pandemie haben sich die Erlöse hier verdoppelt. Mit den eigenen neun Filialen und dem Onlineshop macht die Marke bereits über 50 Prozent ihres Umsatzes. Der Rest kommt von Kunden aus dem Einzelhandel, die Marke wird an etwa 250 Verkaufspunkten vertrieben – hauptsächlich in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Norditalien. Aber auch anderswo findet die alpine Mode ihre Anhänger, es gibt sogar langjährige Stammkunden im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado oder in der Ukraine.

Die Kleidung von Luis Trenker versteht sich als moderne Interpretation alter Materialien, wie Loden und Cord, für charakterstarke Frauen und Männer. Details und Accessoires wie echte Hornknöpfe und Berghüte verleihen den Kollektionen einen nostalgischen Hauch. „Wir sind ein Nischenprodukt, wir sind keine alltägliche Ware, wir haben keinen direkten Konkurrent oder ein Produkt als Konkurrenten”, erklärt Michi Klemera. „Wir sind nicht Mode aber modisch, nicht Tracht, aber ‘trachtig’, nicht Sport aber sportlich und das macht uns besonders.”

In der Heimat produzieren

Die 1995 gegründete Modemarke macht heute 70 Prozent ihres Umsatzes mit Mode, 10 Prozent mit Tracht und 20 Prozent mit Sportmode – ihre Entstehung vor mehr als 20 Jahren verdankt sie einem Zufall: Die vier Kinder des Tiroler Bergsteigers und Regisseurs Luis Trenker trafen beim gemeinsamen Rechtsanwalt auf Klemera und seinen Bruder Hansjörg, die einen Termin nach ihnen hatten. Vier Jahre zuvor war der durch seine Filme über die Alpen bekannt gewordene Filmemacher, eine schillernde aber nicht unumstrittene Persönlichkeit, mit 97 Jahren verstorben – hätten die Brüder denn nicht Lust ihn mit Mode zu zelebrieren?

Bild: Michi Klemera und seine Töchter in der SS21-Kollektion von Luis Trenker

Sie zögerten nicht. „Luis Trenker ist 100 Prozent Südtirol, genauso wie meine Familie. Wir lieben beide die Berge – für mich war die Persönlichkeit Luis Trenker nie politisch, er war für mich ein Held der Berge, der zufällig als Soldat nach dem ersten Weltkrieg zum Film kam und dann nach Hollywood”, erzählt er. „Das war für mich Anspruch genug, nicht nur die Geschichte von Luis Trenker zu erzählen, sondern auch die von unseren Großeltern, das Überleben nach dem Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau Europas.”

Inzwischen zählt das Unternehmen mehr als 60 Mitarbeiter. Nach der anfänglichen Lizenzpartnerschaft mit dem bayerischen Textilunternehmen Meindl, die die Kleidung herstellte, machte Klemera wegen Problemen in Produktion und Beschaffung ab 2000 alleine mit Luis Trenker weiter. Er kümmerte sich jetzt nicht nur um Marketing, Kommunikation und Vertrieb, sondern musste auch alles rundum Herstellung und Stoffe lernen. „Heute gibt es uns noch, deshalb haben wir nicht alles falsch gemacht”, resümiert der Südtiroler.

„Ich bin ein sehr nachhaltig denkender, demütiger Mensch – ich liebe das Leben, meine Familie, meine Heimat. Mir war von Anfang an klar, dass ich eine Marke entwickeln will, die in Europa produziert wird”, erklärt er. Auch wenn die Wege und Mengen am Anfang keine größeren Kollektionen erlaubten, ist er heute stolz, dass 80 Prozent der Kleidung in Italien produziert wird, der Rest in Portugal und Rumänien. „Es gibt für mich keine Alternativen”, sagt er.

Über seinen regionalen und nachhaltigen Ansatz sagt er: „Nein, das müssen wir nicht kommunizieren, diese Dinge sind für uns selbstverständlich.” Das Wollfutter der Outdoorkleidung kommt von Brillenschafen, die von Bauern im Südtiroler Villnösser Tal gehalten werden. Die Färbung der Stoffe geschieht biologisch, es werden keine Kunstfasern wie Polyamid oder Polyester in den Kleidern eingesetzt, nur reine Naturfasern und meist italienische Materialien.

Bild: Luis-Trenker-Suite im Biohotel Tirler auf der Seiser Alm, wo der Filmemacher Trenker Szenen aus seinem Film „Der verlorene Sohn“ (1934) drehte

Mit der Mode kam Klemera schon früh durch seine Familie in Berührung. Sein Vater hatte einen Schuh-Großhandel in Bozen. Mit 18 Jahren trat der Sohn in den Familienbetrieb ein. Für den ehemaligen Berufssportler und Handballer in der Nationalmannschaft war es damals die beste Möglichkeit Sport und Arbeit zu verbinden. Über den Schuhhandel baute er mit seinem Bruder bald auch eine Vertriebsagentur für ausländische Schuh- und Mode-Marken für Italien auf, mit Showrooms in Mailand und anderen Metropolen des Landes.

„Für mich war es nie reine Arbeit. Es war immer ein Glück, in einem Bereich zu arbeiten, der mich erfüllt”, sagt er. „Ich bringe nichts anderes als mein persönliches Lebensgefühl, das eines Südtirolers – der in den Bergen aufgewachsen ist, der eine sehr natürliche Umgebung genießen und sehr schöne Kindheit leben durfte – in die Mode und das Drumherum.”

Ein Lebensgefühl, das über Mode hinausgeht

Der Marketing-Mann Klemera versteht es bis heute die Vorzüge seiner Heimat – steile Berge, tiefblaue Seen, satte Wiesen – das volle alpine Lebensgefühl bei Luis Trenker zu vermitteln und zu verkaufen. Die Welt der Marke erstreckt sich mittlerweile über weit mehr als Mode. Es gibt um die zwanzig Hotelsuiten, die nach dem “Lifestyle” von Luis Trenker eingerichtet wurden, und die Klemera auch mit Kommunikation und Marketing begleitet. Teils hilft Luis Trenker diesen Gaststätten auch bei der Einkleidung des Personals.

Bild: Marken-Likör und Plakat mit gesponserter Antonov im Meraner Store von Luis Trenker

Zu den schlüsselfertigen Zimmern gibt es auch passende Hotelkosmetik für Sternehotels unter der Marke und sogar Stühle, Wein, Likör und Rohmilchkäse – hergestellt in Partnerschaft mit der größten Berggenossenschaft in Südtirol. Luis Trenker ist auch Marketing-Partner des Automobilherstellers Land Rover in Deutschland und sponserte ein Pilotenteam, das eine historische Antonov-Flugmaschine hergerichtet hat, die wiederum von dem Label designt wurde.

Bei diesen Projekten war für Klemera auch viel Freude dabei, es kam alles einfach und natürlich, sagt er. Er habe auch schon Angebote abgelehnt, weil sie vom Gefühl und der Menschlichkeit her nicht gepasst haben. Zum Umsatz tragen die Lizenz-Partnerschaften nur marginal, nicht einmal ein Prozent, derzeit bei. Die Lizenzprodukte helfen vielmehr der Markenkommunikation und auch das Kundenerlebnis im Store abzurunden. „Wir sehen uns nicht als reine Modemarke, sondern als Lifestyle-Marke. Luis Trenker ist der Erfinder des alpinen Lebensstils”, sagt Klemera. „Dazu gehört gut essen, gut trinken, sich gut kleiden – gut leben.”

Bild: Luis Trenker

Lizenz
Luis Trenker