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"Man muss nicht in einer Modemetropole leben, um erfolgreich in der Modeillustration zu arbeiten"

Von Jackie Mallon

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Mode |Interview

Nicole Jarecz

Nicole Jarecz findet nicht, dass man in einer der Modemetropolen der Welt wohnen muss, um eine erfolgreiche Karriere als Illustrator:in zu machen. Obwohl sie sechs Jahre lang in Paris gelebt hat, ist Jarecz in Detroit ansässig und war noch nie so beschäftigt wie heute. Illustration ist ihr einziger Beruf, den sie zwischen Auftragsarbeiten, redaktioneller Arbeit und Live-Skizzen für die Modebranche aufteilt. Zu ihrer Kundschaft gehören Magazine, Marken und Kaufhäuser, darunter Marie Claire, J Crew, Saks Fifth Avenue, Glamour, Roger Vivier, Fiat, Ford Motor Company, Chandon, Macy's und Neiman Marcus. Im Interview verrät sie FashionUnited, wie ein Tag im Leben einer Modeillustratorin aussieht.

Wie haben Sie sich für die Illustration als Beruf entschieden?

Ich habe mich nicht absichtlich für Illustratorin als Beruf entschieden. Die Berufung hat mich auf ganz unerwartete Weise erreicht. Eine meiner Lehrkräfte an der High School bemerkte in meinem letzten Schuljahr mein Zeichentalent und meinte, ich solle mir unbedingt das College for Creative Studies (CCS) in Detroit ansehen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte ich nie gedacht, dass man Illustration zum Beruf machen kann. Ich fragte mich, was genau ist Illustration? Lange Rede, kurzer Sinn, ich ging schließlich ans CCS und studierte Illustration. Ich lernte, dass dies ein sehr breites Feld ist. Letztendlich habe ich mich in die Modeillustration verliebt und das ist der Beruf, den ich heute ausübe.

Jarecz für Roger Vivier

Womit haben Sie sich einen Namen gemacht?

Seitdem ich wieder nach Detroit gezogen bin, habe ich das Gefühl, mich etablieren zu können. Das liegt vor allem an den Live-Sketching-Events, die ich veranstaltet habe. Es gibt eine sehr kleine, aber sehr engagierte Mode-Community in Detroit, die es mir ermöglicht hat, mir hier einen Namen zu machen.

Hat es sich für Ihre Karriere als hinderlich erwiesen, abseits einer Modemetropole wie NYC zu wohnen?

Nicht im Geringsten! Es war ein Segen für meine Karriere, in Detroit zu sein. Ich habe sechs wunderbare Jahre in Paris, der Modehauptstadt der Welt, verbracht. Das war eine große Bereicherung für mein Leben als Künstlerin und dafür bin ich auf ewig dankbar. Aber es war eine schwierige Zeit für meine Karriere. Ich denke, dass der Zeitpunkt nicht richtig war. Ich wusste nicht, was ich in meiner Karriere als Illustratorin machen wollte. Ich war jung und gründete außerdem eine Familie. Als ich zurück nach Detroit zog, dachte ich, es wäre eine lustige Idee, einigen großen Luxusgeschäften die Idee von Live-Sketching-Events vorzuschlagen. Von da an nahm alles seinen Lauf. Ich bot der Community etwas Einzigartiges und Besonderes an, das niemand zuvor gemacht hatte. Insofern hatte ich Glück, als dass ich die erste in Detroit war, die Live-Skizzen für Mode angeboten hat. Hätte ich das auch in Paris machen können? Ich glaube, es wäre viel schwieriger gewesen, weil die Großstadt so übersättigt ist mit Kunstschaffenden und so vielen Menschen, die es in der Modebranche zu etwas bringen wollen. Ich habe das Glück, Detroit meine Heimat zu nennen.

Haben Sie einen Agenten?

Ja. Ich habe einen Agenten, Colagene, der mich in Kanada für redaktionelle Anfragen vertritt.

Haben Sie einen regulären Arbeitstag und freie Wochenenden?

Das Tolle an dem, was ich tue, ist, dass ich mir meine Arbeitszeiten selbst einteilen kann. Jetzt, wo meine Kinder beide in der Schule sind, versuche ich, konsequent zu bleiben und von Montag bis Freitag von 9 bis 15 Uhr in meinem Büro zu arbeiten. Die Arbeit, die ich unter der Woche erledige, kann von Auftragsarbeiten über redaktionelle Arbeiten bis hin zum Filmen von Inhalten für Marken wie Faber-Castell und der Erstellung eigener Inhalte für meine Instagram-Seite reichen. Oft bereite ich mich während der Woche auf Live-Sketching-Events vor: Ich schneide Papier zu, übe Skizzen (all die langweiligen Dinge!). Meine Wochenenden sind in der Regel voll mit Live-Sketching-Events. Jetzt, wo meine Kinder Sommerferien haben, nehme ich mir den größten Teil des Sommers frei, um bei ihnen zu sein. Ich buche nur Live-Events für den Sommer. Illustration ist in meinem Fall großartig, weil sie mir erlaubt, für mich und meine Familie flexibel zu sein.

Jarecz für Arlettie

Welche Qualitäten – außer Talent – sollten Menschen, die über Modeillustration als Beruf nachdenken, Ihrer Meinung nach mitbringen?

Sie können alles Talent der Welt haben, aber das hilft nichts, wenn sie keine anderen wichtigen Qualitäten besitzen. Ich denke, dass es wichtig ist, konsequent zu bleiben. Sie müssen lieben, was sie tun, keine Angst vor dem Scheitern haben und erkennen, dass das Scheitern ein wichtiger Prozess des Lernens und Wachsens ist. Als Illustrator:in wächst man ständig und entwickelt sich weiter. So wie sich die Modetrends ändern, wird sich auch der Illustrationsstil ändern. Mein Rat ist: Lassen Sie sich nie von jemandem sagen, dass Sie einen bestimmten Stil haben müssen. Es ist wichtig, zu experimentieren, damit man nicht in einen Trott verfällt.

Was mögen Sie an Ihrer Arbeit am liebsten und was am wenigsten?

Am liebsten mag ich es, dass ich jeden Tag etwas Kreatives mache. Gestern, heute und morgen sehen immer anders aus, und ich lerne immer dazu und wachse als Künstlerin. Was ich am wenigsten mag, ist, dass die Hektik manchmal ziemlich ermüdend sein kann. Manchmal brauche ich eine Pause von wichtigen Business-Tools wie Instagram. Ich muss manchmal abschalten.

Wie stellen Sie sich einen idealen Auftrag vor?

Ich liebe es, wenn der Kund:innen ihre Vision mit Leidenschaft vertreten und wenn sie mit meiner eigenen übereinstimmt. Wenn jemand kann sehr genau sagen kann, was er oder sie will, aber mir trotzdem erlaubt, meiner Fantasie freien Lauf lassen und mich darauf einlässt. Meiner Meinung nach ist dies der Moment, in dem die beste Arbeit entsteht. Wenn der Kunde oder die Kundin eine Vision hat, aber offen für meine Interpretation ist.

Wie wichtig ist eine Präsenz in den sozialen Medien für Ihre Arbeit?

Die Präsenz in den sozialen Medien ist sehr wichtig. Auf meinem Instagram-Feed poste ich alles, was ich mache, von der kleinsten Skizze bis hin zu großen, detaillierten Werken. Es ist mein ganzes Universum, das ich mit anderen teile und ich kann mir nicht vorstellen, meine Arbeit ohne Instagram zu bewerben. Ich habe so viele Jobangebote über Instagram erhalten und bleibe dort in Kontakt mit alten und neuen Kund:innen sowie mit Kolleg:innen, die im gleichen Bereich wie ich arbeiten.

Nicole Jarecz

Wie möchten Sie sich beruflich weiterentwickeln?

Mein Business ist im letzten Jahr so stark gewachsen, vor allem mit Live-Sketching-Veranstaltungen. Ich würde mich freuen, wenn dieser Bereich noch mehr wachsen würde. Es scheint, als ob jedes Wochenende mit einer anderen Art von Veranstaltung belegt ist. Ich liebe das. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr in der Lage sein werde, zu reisen und mein LIve-Sketching in anderen US-Staaten zu zeigen. Irgendwann träume ich davon, wieder nach Paris zu gehen und dort Veranstaltungen zu machen. Ich würde gerne in Zukunft auf internationaler Basis arbeiten. Man weiß ja nie, was die Zukunft bringt!

Halten Sie es für wichtig, als kommerzielle Illustratorin weiterhin zu experimentieren und sich kreativ zu verwirklichen?

Das kann ich zu 100 Prozent mit ja beantworten! Wenn ich immer wieder das Gleiche tue, bekomme ich Depressionen. Es mir sehr wichtig, Arbeit für mich selbst zu schaffen. Ich versuche, mir während der Woche Zeit zu nehmen, um etwas völlig anderes zu erschaffen, auch wenn ich es nicht auf Instagram zeige. Zum Beispiel experimentiere ich mit verschiedenen Techniken oder Illustrationsstilen. Man weiß nie, wann man das in Zukunft auf seine Arbeit anwenden kann.

Jarecz Illustration für Hour Detroit Magazine

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Nicole Jarecz
Workinfashion