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Marcell von Berlin: „Zeiten wie die Coronapandemie fordern ein Nach- und Umdenken"

Von Barbara Russ

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Mode |INTERVIEW

Marcell Pustul gründete sein Label Marcell von Berlin 2012, nachdem er sein Studium an der Parsons School in New York beendet und Erfahrungen bei den großen Namen des Big Apple gesammelt hatte, darunter Michael Kors und Donna Karan. Seither ist das Label, das Berlin im Namen trägt, weltweit expandiert. FashionUnited sprach mit Marcell Pustul über die vergangenen Monate und wie die Coronakrise seinen Blick auf das Modebusiness verändert hat.

Wie stark hat Sie die Coronakrise getroffen?

Wie viele andere, waren auch wir von der Coronapandemie betroffen. Durch die Lockdowns mussten wir unsere Flagship Stores in Berlin und auch in Los Angeles zeitweise schließen und einige Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Auf der anderen Seite haben wir diese Phase auch aktiv für uns genutzt und intensiv an zukünftigen Saisons gearbeitet, unseren internationalen Webshop aufgebaut und aus bestehenden Kollektionsstoffen Mund- und Nasenschutz in unserem Berliner Atelier produziert. Diese Masken haben wir zum Selbstkostenpreis angeboten, um unseren Beitrag in dieser Krise zu leisten.

Haben Sie staatliche Hilfen erhalten oder in Anspruch genommen?

Nein, außer dass wir Kurzarbeit für einige Mitarbeiter in Anspruch genommen haben.

Wie haben Sie ihre aktuelle Kollektion vorgestellt? Wie tun Sie dies üblicherweise?

Für unsere aktuelle FW20 Kollektion haben wir die Möglichkeiten digitaler Präsentation stärker genutzt. Durch das Anbieten von Personal Shopping haben wir ein noch persönlicheres Einkaufserlebnis geschaffen. Zudem wurde die Kollektion in verschiedenen Drops gelauncht, um so immer wieder neue Themen und Produkte anbieten zu können. In der PR haben wir insbesondere auf dem amerikanischen Markt noch gezielter mit internationalen Stylisten und Influencern gearbeitet und spannende Kooperationen ins Leben gerufen.

Werden Sie in Zukunft anders über Präsentationen und Modenschauen nachdenken?

Natürlich, wobei klassische Runway-Shows nicht unser Weg sind, Marcell von Berlin zu zeigen. Die Brand hat schon immer unabhängige und individuelle Maßnahmen gewählt. Wir befinden uns jedoch ständig im Wandel und hinterfragen bestehende Dinge immer wieder. Außergewöhnliche Zeiten wie die Coronapandemie fordern ein Nach- und Umdenken, natürlich auch stark in Richtung digitale Medien. Auf der anderen Seite gibt es für jeden Trend auch wieder einen Gegentrend. Und dafür offen zu sein, ist wichtig.

Wo und wie haben Sie Ihre Einkäufer getroffen oder gesprochen?

Marcell von Berlin ist in unseren Flagship Stores in Berlin und Los Angeles, online als auch in ausgewählten internationalen Concept Stores erhältlich. Mit diesen Partnern haben wir viel digital kommuniziert und soziale Medien genutzt. Unter entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen haben wir uns auch mit ausgewählten Brands vor Ort getroffen, um einen ganz persönlichen Kontakt zu pflegen.

Haben die Einkäufer anders eingekauft als sonst?

Aufgrund fehlender Erfahrungswerte mit einer Pandemie und deren wirtschaftlichen Auswirkungen, wurde sichtlich vorsichtiger, aber auch bedachter und konzentrierter geordert.

Haben Sie in den letzten Monaten einen neuen Trend erkennen können und haben Sie auf andere Produkte als sonst gesetzt?

Marcell von Berlin ist sich trotz der ungewöhnlichen Zeiten treu geblieben und wir stehen weiterhin mit expressiven Prints und starken Silhouetten für progressive Looks. Unsere Kunden haben in den letzten Monaten verstärkt lässige und coole Loungewear gekauft. Auf der anderen Seite sind außergewöhnliche Keypieces stark nachgefragt, um möglicherweise die seltener gewordenen 'Nightouts' noch stärker zu zelebrieren und etwas Besonderes zu genießen.

Welches Fazit ziehen Sie aus der Coronazeit für Ihr Label und Ihre bisherige Art, Business zu machen?

Die Hochphase der Pandemie hat mich daran erinnert, wie elementar die Nutzung und Bündelung eigener Ressourcen ist. Dabei ist es wichtig, die Chancen und Stärken der Brand in den Fokus zu rücken und sich auf die Kompetenzen und Talente jedes Einzelnen im Team zu konzentrieren. Nur so können wir als Brand den Wandel aktiv mitgestalten.

Können Sie der Krise etwas Positives abgewinnen? Wenn ja, was?

Jede Krise bringt auch etwas Positives mit sich. In meinen Augen ist es Flexibilität. Wir mussten schneller handeln und alte Denkmuster durchbrechen. Dadurch sind neue Arbeitsprozesse entstanden, die die Kreativität des gesamten Teams gefördert haben. Es ist immer wichtig, über den Tellerrand hinaus zu denken. Corona war dafür wie eine Mahnung oder ein Katalysator: Sei flexibel.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Menschen weiterhin Freude an Mode haben, und sie als Ausdruck ihrer eigenen Persönlichkeit und Individualität sehen. Nicht nur die Menschen, sondern auch die Mode wird stetig vom globalen Zeitgeist geprägt und es wird Inspiration und Neues geschaffen. Mode ist also permanente Veränderung und schafft in meinen Augen dadurch Freiheit für Ästhetik.

Fotos: Marcell Pustul, fotografiert von Brian Kaminski; Marcell von Berlin H/W 2020

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Marcell Pustul
MARCELL VON BERLIN