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Mercedes-Benz Fashion Week Berlin: viele Highlights, aber Zweifel bleiben

Von Jan Schroder

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Mode

Als Messestandort konnte Berlin in dieser Woche glänzen. Die Absage der Bread & Butter tat der Stimmung keinen Abbruch, den verbliebenen Veranstaltungen wurden an den ersten beiden Öffnungstagen regelrecht die Türen eingerannt. Premium und Panorama überzeugten das Fachpublikum mit ihren erweiterten Angeboten, die Show & Order etablierte sich weiter, und die Seek war mit ihrem deutlich größeren Format ein voller Erfolg. Die Zweifel am Kurs der Mercedes-Benz Fashion Week blieben demgegenüber bestehen.

Denn die Laufstegveranstaltung hat ein Identitätsproblem. Vom Anspruch, eine Leistungsschau der deutschen Modebranche zu sein, musste sie sich spätestens seit dem Abschied von Hugo Boss vor einigen Jahren verabschieden. Zuletzt konnte sie immerhin noch ein umfassendes Panorama des Berliner Modeschaffens präsentieren. Aber angesichts der Tatsache, dass viele wichtige lokale Labels diesmal auf eine Teilnahme verzichteten, ist selbst das nicht mehr der Fall. Stattdessen droht die Veranstaltung, immer mehr einer programmatischen Beliebigkeit anheimzufallen.

Der „Berliner Mode Salon“ bot eine Alternative zum Laufsteg

Dass die Berliner Designer zunehmend fernbleiben, hat auch damit zu tun, dass andere Formate inzwischen attraktiver erscheinen als die aufwändige und kostspielige Runwayshow. Den besten und konzentriertesten Überblick über das aktuelle Modegeschehen in der Hauptstadt bot daher bezeichnenderweise der „Berliner Mode Salon“, den Christiane Arp, die Chefredakteurin der deutschen Vogue und Präsidentin des frisch aus der Taufe gehobenen „German Fashion Design Council“, zusammen mit Markus Kurz, dem Chef der Agentur Nowadays, zur Fashion Week im Kronprinzenpalais organisierte. Dort präsentierten sich im Rahmen einer Gruppenausstellung 18 deutsche Designer, darunter auch Berliner Labels, die den Laufsteg diesmal mieden. Wichtige Marken wie Lala Berlin, Dawid Tomaszewski und Vladimir Karaleev stellten ihre Kollektionen zudem auf der Messe Premium vor – aber eben nur auf Kleiderbügeln und ohne großes Brimborium.

Berliner Designer sorgten auch in dieser Saison für zahlreiche Highlights

Die verbliebenen Berliner Designer sorgten erwartungsgemäß für einige der Höhepunkte der Mercedes-Benz Fashion Week. Sopopular zeigte eine hochprofessionelle Menswear-Kollektion, Bobby Kolade konnte mit seinen originellen, afrikanisch inspirierten Kreationen ebenso überzeugen wie Malaikaraiss, deren Entwürfe von Saison zu Saison reifer werden. Und Marina Hoermanseder, die ihr Markenzeichen, den Lederriemen, diesmal sowohl in avantgardistisch-skulpturale Entwürfe als auch in tragbarere, aber nicht weniger raffinierte Teile integrierte, sorgte am Donnerstagabend für einen hochklassigen Abschluss der Fashion Week.

Auf gewohnt hohem Niveau bewegten sich Perret Schaad. Diesmal interpretierten Johanna Perret und Tutia Schaad ihren puristischen, von subtilen Asymmetrien geprägten Stil in verschiedenen Wollmaterialien – vom handfesten Grob- bis zum zarten, transparenten Kaschmirstrick. Die Silhouetten blieben unverwechselbar, die Vielfalt der Texturen bereicherte ihr Repertoire. Für zahlreiche äußerst gelungene, in reizvollen Farbkombinationen gehaltene Outfits ernteten sie verdienten Beifall. Aber auch Perret Schaad mieden dem großen Laufsteg im zentralen Veranstaltungszelt. Sie zeigten im Kronprinzenpalais, dessen intime Atmosphäre den passenden Rahmen für ihre zurückhaltende Formensprache bot.

Dass die große Show ihre Berechtigung natürlich keineswegs verloren hat, wenn sie denn gut gemacht ist, zeigte sich bei Kaviar Gauche. Auch das war keine Überraschung, hatten Alexandra Fischer-Roehler und Johanna Kühl doch schon oft unter Beweis gestellt, dass sie Meisterinnen darin sind, ihre Entwürfe effektvoll zu inszenieren. Diesmal ließen sie ihre Models im Palazzo Italia um eigens gefertigte Installationen aus riesigen, langsam rotierenden Metallblüten flanieren, die das Schlüsselmotiv der Kollektion ins Monumentale steigerten. Denn es gab nicht die neuesten Prêt-à-Porter-Entwürfe zu sehen, sondern eine Serie von Couture-Brautkleidern, die allesamt ein einziges Thema variierten: Auf mehr oder weniger transparenten Roben waren opulente Blütenarrangements aus zarter Spitze oder gefaltetem Leder so arrangiert, dass die Trägerinnen gerade noch als angezogen gelten konnten. Diese simple Versuchsanordnung spielten die Designerinnen in Weiß, Schwarz und Gold durch, der klug arrangierte Soundtrack verlieh den ähnlich komponierten Kleider mal einen dramatischen, mal einen melancholischen, mal einen unbeschwerten, fast fröhlichen Ausdruck. Die Musik ließ so alle möglichen Facetten der eigentlich so einheitlich strukturierten Kollektion erlebbar werden. So bot die Show ein Musterbeispiel dafür, wie eine durchdachte Inszenierung die Wirkung der gezeigten Entwürfe immens bereichert.

Dass eine aufwändige Show auch das genaue Gegenteil bewirken kann, stellte das in Schorndorf ansässige Label Riani unter Beweis. Das schickte einen gigantischen Plüschpudel und Boris Beckers 14-jährige Tochter Anna Ermakova auf den Laufsteg. Das begeisterte zwar die Boulevardpresse, degradierte die Modenschau aber zum Rummelplatzspektakel. Über die Kollektion sprach hinterher niemand mehr. Dem Ziel des German Fashion Design Council, der deutschen Modebranche endlich ernsthafte Anerkennung als seriöses „Kultur- und Wirtschaftsgut“ zu verschaffen, kommt man so jedenfalls keinen Schritt näher.

Auch süddeutsche Mittelständler und internationale Gäste gehören zum Programm

Die anderen süddeutschen Mittelständler machten es besser und verließen sich auf ihre soliden Kollektionen. Doch Marken wie Dorothee Schumacher, Laurèl und Marc Cain sind inzwischen so international ausgerichtet, dass sie mit ihren Entwürfen die unterschiedlichsten Marktbedürfnisse berücksichtigen müssen – die chinesische Kundin hat schließlich andere Vorlieben als die amerikanische oder europäische. Und so kommt trotz überzeugender Einzelstücke die übergreifende künstlerische Handschrift angesichts des Bedürfnisses, es möglichst Vielen rechtmachen zu wollen, ein wenig zu kurz. Vorwerfen kann man das den Firmen natürlich nicht – sie haben eben ein ganz anderes Geschäftsmodell als die meisten Berliner Designer, für die ein eigenes internationales Vertriebsnetz ein ferner Traum ist.

Weitere, wiederum ganz andere Facetten steuerten die zahlreichen ausländischen Labels bei, die auf der Mercedes-Benz Fashion Week Station machen. Als echte Bereicherung erwies sich nicht nur das britische Label Paper London, das von Mercedes-Benz und dem Magazin Elle eingeladen worden war, sondern vor allem die Antwerpener Marke Capara. Die hatte schon im Vorfeld Erwartungen geweckt, waren die Zwillingsschwestern Olivera und Vera Capara doch bereits für Maison Martin Margiela, Dries van Noten oder Raf Simons tätig gewesen, bevor sie sich mit der eigenen Firma selbständig machten. Die Kollektion, die sie in Berlin zeigten, hielt den Erwartungen stand und verriet stilistisch ihre Wurzeln in der belgischen Avantgarde-Metropole: Mit schönen Drucken, klaren Silhouetten und originellen Drapierungen sorgte Capara für einen der Höhepunkte der vergangenen Tage.

Ob das Label noch einmal in Berlin zu sehen sein wird, muss allerdings bezweifelt werden – beschränkten sich ausländische Marken in den vergangenen Jahren doch zumeist auf einmalige Stippvisiten in Berlin. Zum Profil der Veranstaltung können sie damit nichts Bleibendes beitragen, Kontinuität sieht anders aus. Und so stellt sich trotz zahlreicher gelungener Schauen die Frage nach der Identität der Mercedes-Benz Fashion Week auch weiterhin.

Fotos: Bobby Kolade, Marina Hoermanseder, Perret Schaad, Kaviar Gauche, Dorothee Schumacher, Laurèl, Capara (©Mercedes-Benz Fashion)
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