Mode im Blut: Das Familienunternehmen Van Bommel
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Mit der nun neunten Generation an der Spitze ist der niederländische Schuhhersteller Van Bommel ein wahres Familienunternehmen. FashionUnited sprach mit Reynier van Bommel, dem Geschäftsführer der Schoenfabriek wed. J.P. van Bommel im niederländischen Moergestel. Er führt den Betrieb zusammen mit seinen Brüdern Floris und Pepijn. "Nach acht Generationen ist es kein Zufall mehr, es liegt dir im Blut", sagte Reynier als er über die Pläne des Unternehmens erzählte und darüber, wie es ist mit der Familie zu arbeiten.
- Gründungsjahr 1734
- Addresse: Oisterwijkseweg 40, 5066 XD Moergestel
- Anzahl der pro Jahr produzierten Schuhe: 650.000
- Seit 1952 Hoflieferant, eine Auszeichnung des niederländischen Königshauses
Ob es auf der Hand lag, dass er und seine Brüder im Familienunternehmen arbeiten würden, darauf kann Reynier nur eine widersprüchliche Antwort geben. "Meine Eltern zogen bewusst 10 Kilometer von der Fabrik weg und zu Hause ging es nie um das Unternehmen. Mein Vater war der Einzige, der dort arbeitete, und bevor ich 23 Jahre alt wurde, war ich wohl etwa fünfmal im Betrieb gewesen. Viermal, um eine Rolle Klebeband zu bekommen", lacht van Bommel. Die Wahl des Familienunternehmens war daher nicht erzwungen, vielleicht eher das Gegenteil. "Uns wurde viel Freiheit gegeben, aber wir haben im Voraus einen guten Überblick darüber erhalten, was passieren würde, wenn wir dem Familienunternehmen beitreten würden." Reyniers Vater, Frans van Bommel, ließ alles von einem Notar genau dokumentieren. Dort wurden die Schritte, die die Söhne unternehmen mussten, um Geschäftsführer oder gar Teil des Unternehmens zu werden, schwarz auf weiß festgelegt. Eine der Regeln führte schließlich dazu, dass Reynier zu Beginn seiner Amtszeit für zwei Jahre einen Coach hatte. Der Grund für die Van Bommel-Regeln? Laut Reynier lag es in der schwierigen Beziehung zwischen Vater und Großvater in Bezug auf das Familienunternehmen. Alle drei Söhne wussten vor ihrem Eintritt in das Unternehmen, dass sie diese Wahl treffen mussten, bevor sie 31 Jahre alt waren, sonst würden sie ihre Anteile nicht bekommen. "Man sollte nicht im Alter von 45 Jahren am Erfolg des Unternehmens teilhaben, ohne zum Erfolg des Unternehmens beizutragen."
"Die Entlassung des damaligen Geschäftsführers war die bisher schwierigste Entscheidung."
Reynier Van Bommel: "Das ist die Magie eines Familienunternehmens"
Der Moment, in dem sich Reynier in das Familienunternehmen einbrachte, war 1997. Zunächst verbrachte er zwei Jahre im Ausland bei verschiedenen Schuhherstellern, bevor er 1999 zum Vertreter des Familienunternehmens wurde. Im Jahr 2001 wechselte er schließlich in den kaufmännischen Bereich, musste aber 2007 die Rolle des Geschäftsführers übernehmen. "Die Entlassung des damaligen Geschäftsführers war die bisher schwierigste Entscheidung von Van Bommel", sagt er. Laut Floris und Reynier hat der damalige Geschäftsführer die Herausforderungen durch das starke Wachstum des Unternehmens aufgrund des neuen Labels Floris van Bommel nicht gut gemeistert. "Zu viele Herausforderungen wurden zu Problemen. Ich meckerte viel und dann fragte der Beirat: "Wie würdest du damit umgehen?"" Mit "frischem Widerwillen", wie Reynier es selbst nennt, übernahm er die Aufgabe. "Das war überhaupt nicht meine Spezialität, es war der Vertrieb. Zum Glück gefällt es mir genauso gut wie der Vertrieb, wenn ich jetzt zurückblicke. Und ich kann sagen, dass ich darin besser bin als beim Verkaufen", lacht er.
Van Bommel hat derzeit drei Vorstandsmitglieder. Reynier fungiert als Geschäftsführer, Floris als Creative Director und Pepijn als Commercial Director. "Das ist die Magie eines Familienunternehmens, dass die Dinge so laufen können." Laut Reynier hätte sein Vater sich das so für seine drei Söhne nicht vorstellen können. "Er hatte zweifellos über die Rolle seiner Kinder nachgedacht, aber diese Aufteilung? Nein." Sein Vater ist immer noch eng mit dem Unternehmen verbunden, er ist Teil des Beirats, gibt aber keine unaufgeforderte Beratung. "Vor allem wegen der Beziehung, die er selbst zu seinem Vater hatte", sagt Reynier. "Am Anfang gingen Floris und ich zum Mittagessen zu unserer Mutter. Natürlich war Vater auch dabei. Dann habe ich ihm oft etwas präsentiert, aber am Ende hat es sich verwässert." Vater Frans ist im Durchschnitt noch zweimal pro Woche im Unternehmen zu finden. Dann fragt er, wie es läuft und ob es noch etwas gibt, das er wissen sollte. Im Übrigen belässt er es dabei und respektiert die Angelegenheiten seiner Kinder. "Ich denke, es bedeutet auch, dass er nichts sieht, das wir völlig verkehrt machen. Das finde ich auch gut so."
"Wir wollen das Wesen des Unternehmens bewahren, aber wir wollen, dass es schöner wird.
Die Erweiterung um ein Produktentwicklungsteam war die erste große Veränderung unter dem wachsamen Auge der neunten Generation. "Das ist eine einfache Antwort", sagt Reynier. Der Mangel eines solchen Teams sei ein klaffendes Loch innerhalb der Produktion gewesen, so der Direktor. "Zuerst haben wir nur in Moergestel produziert. Der technische Designer und der Produktionsleiter waren damals beste Freunde, die noch über die Details eines Designs auf dem Fahrrad diskutierten." Dadurch wusste das Produktionsteam genau, wie das Design aussehen sollte. "Du konntest einfach zum Team gehen, denn es war nur eine Tür entfernt. "Als wir mit der Produktion in Portugal begannen, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden, ging das technische Design direkt über an das dortige Produktionsteam, wurde aber nicht mehr im Detail diskutiert. Es gab keinen derartigen Kontakt." Reynier nennt den fehlenden Kontakt sogar ein schwarzes Loch. Um die Schwere des Problems zu betonen, verweist er auf das siedende Frosch-Prinzip. "Ein Frosch springt in einen Topf mit Wasser, der zum Kochen gebracht wird. Er denkt: "Oh, das ist schön und warm", bevor er es merkt, schläft er ein und ist tot." Laut Reynier waren sie mitten im gleichen Prozess: Etwas geht schief, ohne dass sie es merken. Als diese Erkenntnis kam, wurde zunächst die Produktentwicklungsabteilung eingerichtet.
Diese erste Veränderung war jedoch nicht alles. Die neunte Generation hat eine Mission. "Ursprünglich war Van Bommel nur eine Schuhfabrik. Mein Vater gründete auch ein Großhandelsunternehmen, das größer wurde als die Fabrik. Als neunte Generation wollen wir den Einzelhandel an die erste Stelle rücken", sagt der Geschäftsführer. Derzeit verfügt das Unternehmen bereits über 9 Filialen, 2 Outlets und einen Webshop, über den in mehr als 20 Ländern bestellt werden kann. In Deutschalnd betreibt Van Bommel fünf eigene Läden: in Düsseldorf, Hamburg, Köln, Nürnberg und Stuttgart. "Wir wollen das Wesen der Gesellschaft bewahren, aber wir wollen sie schöner machen."
Über die zehnte Generation von Van Bommel wird bereits nachgedacht
Innerhalb von neun Generationen hat sich das Unternehmen zu einem wichtigen Akteur im Bereich Schuhe entwickelt. Derzeit verkauft Van Bommel jährlich rund 600.000 Paar. Der Erfolg des Unternehmens sei nicht auf einen Aspekt zurückzuführen, sondern auf die Zusammenarbeit der Brüder, so Reynier. "Wir können sehr gut zusammenarbeiten. Wir alle können unser eigenes Ding machen, unter anderem aufgrund der Größe des Unternehmens. Wir respektieren uns gegenseitig, wir mögen es und wir befinden uns am richtigen Ort." Reynier will damit nicht sagen, dass alles immer einfach ist. "Wenn Floris und ich über Design sprechen und denken, dass man etwas anderes oder besseres machen kann, wiegt Floris' Meinung achtmal stärker." Jeder hat seine eigene Kompetenz. "Aber das bedeutet nicht, dass ich immer leicht aufgeben muss", fährt er fort.
Die Einbindung der zehnten Generation ins Unternehmen wird bereits in Betracht gezogen. "Wenn wir Zeit haben. Schließlich ist der Älteste erst sechs Jahre alt und der Jüngste neun Monate alt." Doch die Brüder philosophieren bereits darüber, wie sie es machen wollen. Für die drei ist klar, dass sie den Kindern den gleichen Überblick und Rahmen geben wollen, die sie von ihrem Vater erhalten haben. "Es muss klar sein, was zu erwarten ist, aber die Wahl bleibt frei. Außerdem werden es Cousins sein, wenn die Kinder von zwei Brüdern anfangen zusammen zu arbeiten. Das ist eine ganz andere Dynamik." Dass es noch einige Zeit dauern wird, bis die zehnte Generation tatsächlich eintritt, ist für Reynier in diesem Moment kein Problem.
"Man tut, was man für nötig hält und was zum Unternehmen passt", sagt Reynier. Der Geschäftsführer nennt sich daher den "Manager des Zufalls". "Im Jahr 1800 war es logisch, dass eine Dampfmaschine in der Schuhfabrik installiert werden sollte, aber jetzt passt es zum Unternehmen, ein Einzelhandelsunternehmen aufzubauen und zu entwickeln. Eins bleibt aber klar: Bei Van Bommel liegen Unternehmertum und Mode klar im Blut.
Dieser übersetzte Beitrag erschien im Februar 2018 auf FashionUnited.nl.
Bild: Von Bommel