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Modisch oder geschmacklos? Die Kontroversen um den zerstörten Sneaker von Balenciaga

Von Don-Alvin Adegeest

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Mode |Kommentar

Bild: Balenciaga Paris Sneaker, via Balenciaga-Website

Es kommt nicht oft vor, dass ein Sneaker zu gleichen Teilen Begehrlichkeit und Abneigung hervorruft, aber Balenciagas neuester Paris Sneaker in limitierter Auflage aus Baumwolle und Gummi im extremen Used-Look hat genau das geschafft.

Der Paris-Schuh in der „Full Destroyed“-Edition, der einem Converse All Star ähnelt, kostet 1.850 US-Dollar beziehungsweise 1.450 Euro und ist so verschlissen und abgenutzt, wie sein Name es ankündigt: komplett. Für die meisten Menschen, die nichts mit der Luxusmode und den neuesten Sneaker-Hypes zu tun haben, dürften diese Turnschuhe so aussehen, als hätten sie ihr Leben schon lange hinter sich.

In den Produktdetails auf der Balenciaga-Website heißt es, dass der Schuh überall im Stoff Risse hat, ein Balenciaga-Graffiti-Logo in Farbkontrast auf der Sohle, eine geprägte Größe auf der Rückseite, eine vulkanisierte Sohle und dass er in China hergestellt wird.

Das Pariser Luxushaus bietet viele Varianten des Sneakers an: High-Cut-, Low- und Slipper-Versionen, in Schwarz, Weiß und Rot, aber – und das ist der Kniff – insgesamt gibt es nur 100 Paare der „Full Destroyed“-Edition. Bei Sneakern gilt die Regel: Je limitierter die Auflage, desto schneller sind sie ausverkauft.

Luxusartikel, die „arm“ aussehen sollen

Der Schuh wurde schnell von dem Fashion-Watchdog Diet Prada auf Instagram kritisiert, wo Kommentare wie „Ich schätze, es ist nur okay, arm auszusehen, aber nicht wirklich arm zu sein. So ein Witz“, sich häuften. Ein anderer Kommentar lautete: „Das riecht danach, als würden reiche Leute die Armen und die Obdachlosigkeit romantisieren.“ Zum Thema Nachhaltigkeit lautete ein anderer: „Ich hoffe, sie haben ein abfallorientiertes Design praktiziert und diese Sneaker direkt aus den Mülldeponien gefischt, denn das wäre genial.“

„Ich schätze, es ist nur okay, arm auszusehen, aber nicht wirklich arm zu sein. So ein Witz“

– ein Kommentar bei Diet Prada

Und genau da kommt die Abneigung ins Spiel. Der Schuh sieht aus, als käme er von der Mülldeponie, der Stoff ist so zerstört, dass es wirkt, als hätte es die beschwerliche Reise seiner Träger:innen kaum überlebt, und dazu trägt er noch ein großes Graffiti-Logo.

Balenciaga behauptet, dass der Sneaker dazu gedacht ist, ein Leben lang getragen zu werden, und übertreibt in seiner Marketingkampagne den abgenutzten Aspekt, doch die Klientel, die fast 1.500 Euro für einen abgewetzten Sneaker bezahlt, hat wahrscheinlich zahlreiche andere, wenn nicht sogar einen ganzen Kleiderschrank voller Schuhe. Diese Zielgruppe gehört sicher nicht zu dem Marktsegment, das einen Trend bis zur Abnutzung trägt. Was also ist die Aussage dieses Sneakers?

Kein Stolz, wenn man seine Schuhe abgetragen hat

Bei der letzten Modenschau des Hauses spielte Demna, der Designer von Balenciaga und selbst Geflohener aus Georgien, auf Flucht und Vertreibung an. Die weltweite Flüchtlingskrise hat sich durch die Invasion Russlands in der Ukraine noch verschärft, aber viele, die fliehen, nehmen nur wenige Habseligkeiten mit, oft nur ein Paar Schuhe. Am Ende dieser Reise steht kein Stolz, wenn die eigenen Schuhe abgenutzt sind, sondern nur Müdigkeit und Verzweiflung.

Demna setzt gezielt streitbare und politische Statements in seinen Kollektionen ein. Bereits im letzten Jahr wurde Balenciaga wegen einer Jogginghose, die über 1000 Euro kostete, der kulturellen Aneignung beschuldigt. Eine Ledertasche, die wie ein Müllbeutel aussah, war Teil der neuesten Kollektion, die in der letzten Saison auf dem Pariser Laufsteg gezeigt wurde.

Alltägliche Gegenstände auf den kleinsten Nenner zu bringen und sie für Luxuszwecke umzupacken, ist seit langem eine Taktik der Modehäuser, um ihre Gewinne zu steigern und die Aufmerksamkeit der Kundschaft zu erhöhen. Wenn es zur reinen Profitsteigerung getan wird, ist es äußerst geschmacklos.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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