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Monsterseide: Dank Gentechnik ist Seide bald fester als Stahl

Von Regina Henkel

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Mode |INTERVIEW

Es klingt wie eine Science Fiction Geschichte: Die amerikanische Biotech-Firma Kraig Biocraft Laboratories hat Spinnen-Gene in Seidenraupen eingepflanzt um Seide noch reißfester zu machen. Monsterseide nennen die Amerikaner passenderweise ihre neue Erfindung. Der Faden der Spinne ist fünfmal fester als Stahl – mit der neuen Seide könnten also ganz andere Textilien hergestellt werden, als wir sie bisher kennen. Bislang beschränkte sich die Herstellung dieser genetisch veränderten Seide auf das Labor, jetzt soll die Spinnenseide in Vietnam in Produktion gehen. Dazu wurde gerade ein Memorandum of Understanding (MOU) mit der vietnamesischen Regierung unterzeichnet, das die Rahmenbedingungen für die Züchtung der genetisch veränderten Seidenraupen und die Gewinnung der Seide festlegt. Jon Rice, COO von Kraig Biocraft Laboratories, erklärt, was es genau mit der Spinnenseide auf sich hat.

Was genau ist der Unterschied zwischen Ihrer Seide und der herkömmlichen Seide, die von Seidenraupen gewonnen wird?

Es ist uns gelungen, mithilfe der Gentechnik genau die Seidenproteine der Spinne zu identifizieren, die den Faden der Spinne so enorm reißfest machen. Diese Gene haben wir in unsere transgenen Seidenraupen eingepflanzt. Als Resultat daraus hat unsere Seide eine Flexibilität und Festigkeit, die herkömmliche Seide nicht erreicht. Traditionelle Seide ist nur halb so flexibel wie unsere Spinnenseide und etwa nur ein Viertel bis halb so stark. Durch die Integration dieser Spinnenseidenproteine in unsere transgenen Seidenraupen haben wir eine zuverlässige Quelle für Hochleistungsnaturfasern gewonnen, die biologisch abbaubar und biokompatibel sind.

Gewinnen Sie den Seidenfaden von Raupen oder Spinnen? Wie genau funktioniert das?

Unsere Seide gewinnen wir von Seidenraupen. Diese transgenen Raupen produzieren keinen „normalen“ Seidenfaden, sondern einen Seidenfaden mit den kombinierten Eigenschaften eines Spinnenfadens. Der Prozess der Gewinnung des Fadens ist allerdings wieder genau so wie bei herkömmlichen Seidenraupen: der Kokon wird abgehaspelt und der dabei gewonnene Faden zu Garnen versponnen. Das heißt also, wir können das schon bestehende Knowhow aus der Seidenraupenzüchtung und der Seidenproduktion weiter nutzen, und wir erhalten eine neue, enorm starke Seidenfaser mit den traditionellen, kostengünstigen Produktions-Methoden.

Es gibt auch Versuche, die Seide der Spinne direkt zu verarbeiten. Warum machen Sie das nicht?

Die meisten anderen Techniken, Spinnenseide zu generieren, sind sehr aufwändig. Bei unserer Methode machen die Seidenraupen all die Arbeit.

Welchen tatsächlichen Vorteil bringt die neue Seide?

Der erste und wichtigste Unterschied zwischen unserer Seide und der herkömmlichen ist tatsächlich die Reißfestigkeit. Unsere Seide ist flexibler und doppelt bis viermal so fest als jede andere Seide auf dem Markt. Die Textilindustrie kann daraus besonders komfortable und haltbare Stoffe produzieren. Spinnenseide ist fünfmal stärker als Stahl und auch stärker als Kevlar, was ja inzwischen im Bereich Arbeits- und Outdoorbekleidung häufig verwendet wird. Hinzu kommt, dass unsere Seide extrem leicht ist. Aber unsere Seide erlaubt weitaus mehr Einsatzgebiete als die klassische Textilproduktion, wie Verbundstoffe und medizinische Implantate.

Wann wird es die ersten Produkte aus Ihrer Spinnenseide geben?

Wir haben schon damit begonnen, auf experimentellere Ebene Produkte herzustellen. Die ersten Produkte waren z.B. gestrickte Handschuhe, um herauszufinden, wie sich das Material beim Strickprozess verhält. Diese Arbeit wird kontinuierlich fortgesetzt und wir hoffen, dass wir schon bald eine aussagekräftige Reihe an gewebten Stoffen vorstellen können.

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