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Nach Kenzo und Miyake: „Ein Wendepunkt für japanische Mode“

Von AFP

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Foto: Masahiro Sugimoto /Yomiuri /The Yomiuri Shimbun via AFP

An Tokios prestigeträchtigem Bunka Fashion College konzentrieren sich die Studierenden in einer Stille, die nur durch das Geräusch von Scheren und Nähmaschinen unterbrochen wird. Ihr Ziel: dem weltweiten Erfolg von Absolventen wie Kenzo oder Miyake nachzueifern.

Der Verlust zweier Größen der japanischen Mode, Kenzo Takada und Issey Miyake, in den vergangenen Jahren läutet das Ende einer Modeära ein, Jahrzehnte nachdem japanisches Design die Pariser Laufstege in den 1970er und 80er Jahren erobert und revolutioniert hat.

Die französische Hauptstadt bleibt ein Ziel für aufstrebende Talente wie den Bunka-Absolventen Takuya Morikawa, dessen von Streetwear inspirierte Kollektion vor zwei Jahren auf der Pariser Modewoche debütierte.

Der 40-jährige Morikawa hofft, dass seine Schauen auf dem Top-Event der Branche zu einer „erstaunlichen Zukunft führen, die meine kühnsten Träume übersteigt“.

Bevor er 2013 sein Label Taakk gründete, verbrachte Morikawa acht Jahre in Miyakes Atelier, wo er an Laufstegkollektionen und der berühmten „Pleats Please“-Linie arbeitete, aber auch Reis erntete und Papier herstellte, um traditionelle Handwerksmethoden kennenzulernen.

Designer Takuya Morikawa (Mitte) und zwei Models bei Taakk SS23-Show. Fotos: Taakk

Er sagte gegenüber AFP, er sei traurig über Miyakes Tod in diesem Sommer, forderte aber jüngere Designer:innen auf, sich nicht entmutigen zu lassen.

„Wir müssen unser Bestes tun, damit der Tod dieser Designer keinen Einfluss auf die Modewelt hat. Wenn das passiert, bedeutet das, dass wir unsere Arbeit schlecht machen“, sagte er. Einer der großen Namen, die den Staffelstab übernehmen, ist Nigo, der in den 1990er Jahren mit seiner Streetwear-Marke A Bathing Ape berühmt wurde.

Der Designer, der ebenfalls am Bunka Fashion College studiert hat und eigentlich Tomoaki Nagao heißt, wurde letztes Jahr zum künstlerischen Leiter von Kenzo ernannt, nachdem der Gründer Kenzo Takada 2020 an Covid-19 gestorben war.

Ein weiteres japanisches Label, das international erfolgreich ist, ist Sacai, das 1999 von Chitose Abe gegründet wurde, die als Gastdesignerin für Jean Paul Gaultier arbeitete.

Fotos: Dior x Sacai. Fotos: Brett Lloyd für Dior

„Gänsehaut“

Die japanischen Kreateure Kenzo und der Miyake wurden sehr einflussreich, nachdem sie ihrem Métier in Paris nachgingen, ebenso wie die im August verstorbene Haute-Couture-Pionierin Hanae Mori.

Weiterhin international erfolgreich sind Yohji Yamamoto, heute 79 Jahre alt, und die 80-jährige Rei Kawakubo, Gründerin von Comme des Garcons, die das Mode-Establishment in den frühen 1980er Jahren aufrüttelte.

Neue Herausforderungen, darunter die riesige Auswahl an Looks für jeden Geschmack, haben es aufstrebenden Designschaffenden schwerer gemacht, weltweit Aufmerksamkeit zu erregen, so Bunka-Präsidentin Sachiko Aihara.

„Die Welt war schockiert“ von dem avantgardistischen japanischen Design, sagt sie und erinnert sich daran, wie ihre Student:innen begannen, sich schwarz zu kleiden, nachdem Yamamoto seine erste monochrome Kleidungslinie herausgebracht hatte.

„Aber wir leben nicht mehr in einer Ära, in der Designer:innen eine Kollektion vorstellen und jeder sie trägt“, sagte sie in der Schule, deren Archiv vollgepackt ist mit wertvollen Kleidungsstücken, die Studierende und Lehrer:innen studieren können.

Das liege an der Explosion der verschiedenen Arten von Kleidung, „nicht an einem Rückgang der Talente“, betonte Aihara und fügte hinzu, dass es heute auch wichtig sei, Wirtschaft zu studieren, wenn man eine wettbewerbsfähige Marke gründen wolle.

Die Designerin Mariko Nakayama, die jahrzehntelang als Stylistin in der Tokioter Modeszene gearbeitet hat, erinnert sich ebenfalls an das „Gänsehautgefühl“, das sie hatte, als sie zum ersten Mal Comme des Garcons trug.

Sie stimmt jedoch zu, dass die Branche heute anders ist. „Wenn ich mir zum Beispiel Virgil Abloh für Louis Vuitton ansehe, habe ich das Gefühl, dass jetzt eine Ära des Editierens beginnt“, in der Designer:innen klassische Formen und Muster modern abwandelten, sagte sie in ihrer Boutique in Tokios gehobenem Stadtteil Omotesando.

„Neue Werte schaffen“

In Paris, London, New York oder Mailand zu arbeiten, gilt immer noch als Schlüssel zum Erfolg für japanische Kreative, findet Aya Takeshima, 35, die am Central Saint Martins in der britischen Hauptstadt studiert hat.

Takeshimas jüngste Show auf der Tokioter Modewoche für ihre Marke Ayame zeigte Frauen in durchsichtigen Blusen und geprägten Kleidern, während die männlichen Models zarte Kleider trugen.

Sie sagte gegenüber AFP, sie habe sich für ein Studium im Ausland entschieden, um „zu lernen, was ich brauche, um eine unabhängige Designerin zu werden“, und fügte hinzu, dass die Erfahrung ihr geholfen habe, verschiedene Perspektiven zu verstehen.

„Ehrlich gesagt glaube ich, dass es schwierig wäre“, international erfolgreich zu sein, wenn man nur in Japan arbeite, sagte sie. „In Japan hatte man das Gefühl, dass einem zuerst die Technik eingetrichtert wurde, während Ideen und Konzepte...eher zweitrangig sind.“

Kenzo Takada. Foto: Joel Saget / AFP

Die Bunka Hochschule hat diese Vorteile erkannt und plant, im Rahmen ihrer 100-Jahr-Feier im nächsten Jahr ein Stipendium für ein Auslandsstudium anzubieten.

Für die 21-jährige Natalia Sato, die dort studiert, haben Miyake und die alte Garde der japanischen Designer:innen „eine Menge japanischer und östlicher Werte“ in die Welt gebracht, darunter auch Techniken, die von der traditionellen japanischen Handwerkskunst inspiriert sind.

„Ich bin besorgt, dass das Fundament, das sie aufgebaut haben, durch ihr Ableben zerstört werden könnte“, aber „gleichzeitig ist dies ein Wendepunkt“, der neue kreative Möglichkeiten bieten könne, meint sie.

„Es ist eine Chance für mich, darüber nachzudenken, wie wir neue Werte schaffen können.“(AFP)

Dieser Artikel wurde ähnlich auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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