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Nach Virgil: Welche Rolle spielt Diversity in der Luxusmodebranche?

Von Jackie Mallon

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Mode

Bild: Off-White AW19 via Catwalkpictures

Die Fairchild Media Group veranstaltete kürzlich ihr ‚Fashioning Equity Forum‘ mit einer hochkarätigen internationalen Gruppe von Redner:innenn und Befürworter:innen von Diversity. Während einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Abloh and Beyond: What Black Leadership and Legacy Means for Fashion“ bemerkte Olivier Rousteing von Balmain, der halb Äthiopier, halb Somalier ist und in einem französischen Waisenhaus geboren wurde, dass er nun, seit dem Tod Virgil Ablohs, wieder der einzige schwarze Modeschaffende in einer hochrangigen Position eines Luxusmodehauses sei. Virgil Abloh war bis zu seinem viel zu frühen Tod im vergangenen November künstlerischer Leiter der Herrenmode bei Louis Vuitton. Dem 41-jährigen Designer wird im Juli im Brooklyn Museum eine Retrospektive über seine zwei Jahrzehnte währende Karriere gewidmet. Sie trägt den Titel „Virgil Abloh: Figures of Speech“

„Die Leute haben erst vor drei oder vier Jahren bemerkt, dass ich schwarz bin, aber ich bin seit mehr als zehn Jahren bei Balmain“, sagte Rousteing. „Für viele meiner Leute in der Modebranche war es ein Nicht-Thema, weil mir niemand die Chance gab, darüber zu sprechen.“ Er beschrieb, wie er für ein vielfältigeres Casting kämpfte, aber es vor einem Jahrzehnt einfach keine Models gegeben habe, die diesem Bild ensprachen. Stylisten und Fotografen lehnten seine Vorschläge ab, weil er „den französischen Luxus nicht respektierte", wie er sich erinnert.

Heute bezeichnet er den Standard der französischen Mode, ein auf “Weißheit” basierendes Aussehen, der seit Jahrhunderten gleich ist, aber in den 70er und 80er Jahren verfestigt wurde, als ein Klischee. Zu Beginn seiner Karriere, vor allem als er im Alter von nur 25 Jahren Kreativdirektor von Balmain wurde, wurde dieses Klischee dazu benutzt, seine Visionen zu begrenzen. Er vergleicht die alte Garde der High Fashion mit einer Monarchie: „Es gibt die Königin, den König und die Masse.“

Brandice Daniel, Chief Executive Officer und Gründerin von Harlem's Fashion Row wies darauf hin, dass historisch gesehen Schwarze Kreative, wie die Designerin Ann Lowe, die das Hochzeitskleid für Jacqueline Bouvier bei ihrer Hochzeit mit John F. Kennedy entwarf, unter dem Begriff „Schwarze Schneider:innen“ abgetan wurden. Mangelnde Anerkennung und Herabsetzung des Talents hätten dazu geführt, dass die Elfenbeintürme der Luxusmode für Kreative, die einer Minderheit angehören, unerreichbar geblieben seien.

Die einzige Möglichkeit, die verschlossenen Türen zu öffnen, bestehe darin, Platz für nicht-traditionelle Talente zu machen, anstatt den immer gleichen hochkarätigen Modeprogrammen zu rekrutieren, sagte Daniel, denn unerschlossene Schwarze Kreative mit Leidenschaft und Talent seien nicht unter den Studierenden zu finden. Abloh schloss sein Studium mit einem Master in Architektur und einen Bachelor in Bauingenieurwesen ab, war aber auch DJ und Produktdesigner sowie Mode-Visionär, während Rousteing die Modeschule nach nur fünf Monaten abbrach. Dennoch stiegen beide Männer an die Spitze der Branche auf. Die anhaltenden Herausforderungen in Bezug auf Zugang, Mentorenschaft und Finanzierung hielten Minderheiten oft davon ab, eine Karriere in der Modebranche in Betracht zu ziehen, und Eltern könnten sich die hohen Studiengebühren, die damit verbunden seien, ihre Kinder auf die besten Designschulen zu schicken, oft nicht leisten, hielt das Panel fest.

Schwarze Kreative florieren durch ihre Community und soziale Medien

Mit dem Niedergang der Zeitschriften und den ihnen vorstehenden Gatekeeper:innen, können Kreative wie Rousteing die Führung in der neuen digitalen Ära leichter übernehmen. In kürzester Zeit baute er eine riesige Social-Media-Community von jungen Leuten auf – genauso wie Beyonce und Rihanna –, die keine Lust auf die etablierten Codes der alten Garde hatten. Seine Vision erreichte bald Hunderttausende von Menschen, statt die 600, die üblicherweise zu einer Modenschau eingeladen waren. Unter seiner Leitung wurde Balmain zum ersten französischen Label, das die Marke von einer Million Followern auf Instagram überschritt. Dennoch sagte Rousteing, dass der frühere Präsident des Unternehmens der Meinung war, seine Präsenz in den sozialen Medien würde den Wert der Marke schmälern.

„Der Unterschied heute ist, dass es ein kollektives Wir gibt“, pflichtete der haitianisch-amerikanische Designer und Finalist des CFDA/Vogue Fashion Fund 2017 Victor Glemaud bei, der bei seiner jüngsten NYFW-Show ausschließlich Schwarze Models einsetzte. „In den 90er Jahren gab es eine:n Designer:in, eine Marke, jetzt sind wir als Schwarze Kreative und Unternehmer viele.“ Im Jahr 2020 gründete Glemaud ‚In The Blk‘ ein professionelles Netzwerk, um Schwarze in der globalen Modeindustrie zu vereinen, Solidarität aufzubauen und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erreichen. Abloh war einer der ersten, der ihn dabei unterstützte.

Zusammengehörigkeit ist ein Thema, das von Rousteing, dem kommenden Gastdesigner bei Jean Paul Gaultier Couture, aufgegriffen wird. Er träumt davon, dass US-Designer:innen und französische Häuser aus Liebe und Respekt füreinander zusammenarbeiten könnten. Traditionell stehen sich europäische und US-amerikanische Marken distanziert und konkurrierend gegenüber, aber wenn es jemals einen Kreativen gab, der dies möglich machen könnte, dann wohl Rousteing. Er fügte daher eine letzte Hoffnung hinzu: „Für die nächste Generation wünsche ich mir, dass ich nicht der einzige Schwarze Designer im französischen Luxusbereich sein werde.“

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ.

Diversity
OLIVIER ROUSTEING
Virgil Abloh