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Neue EU-Umweltrichtlinien und hartes Durchgreifen beim Greenwashing: Was bedeutet das für die Mode?

Von Gastautor:in

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Mode

Bild: Pexels

Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) wurde gerade im Januar 2023 verabschiedet. Sie ist eingebettet in die EU-Strategie für nachhaltige Textilien, die ihrerseits in anderen umfassenderen Programmen wie dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (CEAP) und dem Europäischen Green Deal verankert ist. Die Richtlinie hat fast 50.000 qualifizierte große Organisationen und KMUs in verschiedenen Branchen, einschließlich der Modebranche, dazu verpflichtet, über ESG-Kennzahlen nach definierten Standards zu berichten, die mit externen Audits überprüft werden können.

Nachdem jahrelang, abgesehen von internationalen Pakten wie dem UN-Bündnis für nachhaltige Mode und freiwilligen Initiativen von Unternehmen, kaum konkrete Maßnahmen ergriffen wurden, signalisiert die EU-Strategie für nachhaltige Textilien nun, dass die EU beabsichtigt, Gesetze zu verabschieden. Sie sollen die Überproduktion in der Modeindustrie bekämpfen und die von ihr verursachte Verschwendung, Umweltverschmutzung und Verletzung von Arbeitsrechten drastisch reduzieren.

Kurzfristig erzwingen die neuen EU-Vorschriften ein hartes Durchgreifen gegen Greenwashing

Die EU-Strategie zielt darauf ab, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und die Art und Weise, wie Kleidung produziert, verkauft und entsorgt wird, zu ändern. Sie umfasst unter anderem Vorschläge zur Erhebung einer Steuer auf Kohlenstoffemissionen und Importe, die Einführung gesetzlicher Mindestanforderungen an nachhaltiges Design und die Einführung eines EU-weiten Rahmens für die erweiterte Verantwortung von Herstellenden (EPR), mit dem Modemarken und Produktionsbetriebe effektiv für den von ihnen verursachten Abfall verantwortlich gemacht werden können. Diese Maßnahmen würden Reparaturen, Wiederverwendung und Kreislaufwirtschaft in der Mode durch besseres Design sowie durch bessere Beschaffungs- und Recyclingpraktiken fördern.

EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien: Überblick über die vorgeschlagenen Maßnahmen

Bild: Euromonitor International, Europäische Kommission

Unmittelbar wirken sich die neuen Richtlinien und Vorschläge jetzt bereits darauf aus, was den Verbraucher:innen kommuniziert wird, da die politischen Entscheidungsträger:innen signalisieren, dass sie an einer Angleichung der Definitionen des Begriffs ‚Nachhaltigkeit‘ arbeiten und welche standardisierten Kriterien erfüllt sein müssen, um Nachhaltigkeitsbehauptungen aufstellen zu können, ohne die Menschen in die Irre zu führen.

Dies hat bereits zu einer verstärkten Prüfung und Untersuchung durch Regierungen geführt, die mehr und mehr gegen Greenwashing vorgehen. Im August 2022 hatten die norwegische Verbraucherschutzbehörde (NCA) und die niederländische Behörde für Verbraucher und Märkte (ACM) ein gemeinsames Dokument herausgegeben. Darin legten sie dar, wie das von der Sustainable Apparel Coalition (SAC) entwickelte Higg Materials Sustainability Index (MSI) Tool – eines der bekanntesten Nachhaltigkeitsbewertungssysteme – die seinen Angaben zugrunde liegenden Daten verbessern sollte, da es andernfalls gegen die Marketinggesetze der Länder verstoßen würde und somit illegal wäre. Dies hat unter anderem Decathlon und H&M dazu veranlasst, die Verwendung des SAC-Labels einzustellen, um Sanktionen der Behörde zu vermeiden. In Frankreich wird unterdessen an einem neuen Gesetz gearbeitet, das die Marken in die Pflicht nimmt, Modeprodukte mit ‚Kohlenstoff-Etiketten‘ zu versehen, die einen ökologischen ‚Score‘ von A bis E angeben.

Auch außerhalb der EU hat sich das Blatt gewendet

Die EU-Politiker:innen hoffen, dass die EU-Strategie für nachhaltige Textilien auf die globalen Wertschöpfungsketten abfärbt. Marken, die weiterhin im EU-Binnenmarkt verkaufen wollen, müssen ihre Betriebe entsprechend einrichten und werden wahrscheinlich nachhaltigere Praktiken in anderen Regionen übernehmen, um die Rendite ihrer Investitionen zu maximieren.

Außerdem zeichnen sich auch in anderen Teilen der Welt, außerhalb der EU, nachhaltigere Regulierungen ab. In Großbritannien hat die Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (Competition and Markets Authority, CMA) die Nachhaltigkeitsbehauptungen der Einzelhandelsunternehmen Boohoo, Asos und George at Asda untersucht, und die Offenlegung der ESG-Kennzahlen ist für bestimmte Unternehmen inzwischen obligatorisch. In den USA signalisieren der kalifornische ‚Garment Worker Protection Act‘, der New Yorker ‚Fashion Sustainability and Social Accountability Act‘ und der ‚Federal Fabric Act‘ einen bedeutenden regulatorischen Wandel.

Bild: Euromonitor

Darüber hinaus wird der Zugang zu Informationen und Daten über die sozialen und ökologischen Auswirkungen eines Unternehmens zu einem wichtigen Bestandteil des Einkaufserlebnisses werden. Die Menschen verlangen weltweit zunehmend von Modeunternehmen zweckorientiertes Handeln, wie die Voice of the Consumer von Euromonitor zeigt: Lifestyles Survey 2022.

Die proaktive Gestaltung der eigenen Lieferkette wird zu einem strategischen Muss

Da die EU und andere Regierungen versuchen, das Fehlen eines geregelten Rahmens in Sachen Nachhaltigkeit zu bekämpfen, wird es für Modeunternehmen zu einem strategischen Gebot, ihre Lieferkette proaktiv zu erfassen. Rückverfolgbarkeit ist in der Tat eine Voraussetzung, um Risiken in Bezug auf Nachhaltigkeitsbehauptungen oder Zwangsarbeit zu erkennen, und wird dazu beitragen, zu gegebener Zeit die Einhaltung der einschlägigen Umwelt- oder Arbeitsgesetze nachzuweisen. Rückverfolgbarkeit ist auch der erste Schritt in Richtung Transparenz, die immer mehr Menschen von den Unternehmen erwarten.

Kurzfristig wird dies wahrscheinlich die Einführung der Blockchain-Technologie und die Abbildung der gesamten Lieferkette bei Modeunternehmen zur Folge haben. So hat der spanische Modehändler Mango in Erwartung der neuen EU-Umweltauflagen vor kurzem sein 2017 eingeführtes ‚Committed‘-Label zur Kennzeichnung von Kleidungsstücken mit ‚nachhaltigen Eigenschaften‘ aufgegeben. Stattdessen wird es schrittweise durch einen QR-Code ersetzt, der der Kundschaft beim Scannen Informationen über die Zusammensetzung der Kleidungsstücke und den Ort, an dem sie hergestellt wurden, an die Hand gibt. So können Verbraucher:innen ihre eigenen fundierten Entscheidungen treffen, anstatt den Behauptungen des Unternehmens blind vertrauen zu müssen, die möglicherweise angefochten werden könnten. Diese Maßnahme ist in dem umfassenden Schritt des Unternehmens hin zu einer vollständigen Rückverfolgbarkeit seiner Wertschöpfungskette verankert. Es plant, bis Mitte 2023 eine Liste seiner drittrangigen Fabriken zu veröffentlichen, nachdem es 2021 Einzelheiten über seine erst- und zweitrangigen Lieferunternehmen bekanntgegeben hat.

Mehr derartige Initiativen sind in naher Zukunft zu erwarten, da der Druck sowohl seitens der Verbraucher:innen als auch der Regulierungsbehörden zunimmt und die Unternehmen heute einen Plan mit messbaren Nachhaltigkeitszielen aufstellen müssen, um für morgen gerüstet zu sein.

Über die Autorin und Euromonitor

Dieser Artikel wurde von Marguerite Le Rolland, Branchenmanagerin, Bekleidung und Schuhe bei Euromonitor International geschrieben. Kostenlose White Papers, Webinare, Podcasts, Artikel und Videos finden Sie auf der Insights-Webseite von Euromonitor. Für weitere Informationen oder zur Kontaktaufnahme, "Euromonitor International Großhandelskollektion" klicken Sie hier.

Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.com veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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