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Neues Textilsiegel: Was bringt der „Grüne Knopf“?

Von Reinhold Koehler

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Mode

Qualitätssiegel sind so eine Sache. Eigentlich sollen sie dem Verbraucher in einem stets wachsenden Sortiment an global erhältlichen Produkten Orientierung bieten, ihn über Produktionsmethoden, Sozial- und Umweltstandards, spezielle Inhaltsstoffe oder Herkunftsländer informieren. In den vergangenen Jahren wurden jedoch scheinbar willkürlich immer neue Siegel, Prüfzeichen und Logos eingeführt, so dass die Siegelwut die Verbraucher mittlerweile eher verunsichert.

Das Problem: Niemand weiß so recht, welche Siegel eigentlich tatsächlich von einer unabhängigen, übergeordneten Instanz vergeben werden, geschweige denn, was sie aussagen oder für was sie stehen. Vor allem seit der gute Geist der Nachhaltigkeit in die Kaufentscheidungen von immer mehr Kunden einfließt, haben immer mehr Hersteller damit begonnen, eigene Siegel- und Stempelkreationen mit grünem Anstrich auf ihre Produkte zu kleben.

Gerade im Mode- und Textilgeschäft ist fair produzierte und gehandelte Ware immer stärker gefragt. Auch die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards in den Herstellungsländern ist einer wachsenden Anzahl von Kunden immer wichtiger, vor allem in Deutschland und Europa. Und hier wird aktuell auch besonders oft getrickst. Viele Marken versuchen, sich mit nachhaltig produzierten Mini-Kollektionen von ihrem Image als umweltzerstörende Großkonzerne ohne soziale Verantwortung zu befreien. Im Gesamtvolumen von Anbietern wie H&M sind die grünen Produkte jedoch kaum auszumachen. „Greenwashing“ nennt sich dieser Versuch, mit ein paar PR-trächtigen Bio-Shirts den Blick der Verbraucher von den wesentlichen Problemen der Textilproduktion abzulenken.

Mangel an Überprüfbarkeit wirft Fragen auf

Diesen Praktiken soll nun vom Gesetzgeber ein Riegel vorgeschoben werden. Nein, nicht durch verbindliche Regelungen oder gesetzliche Grundlagen, sondern einmal mehr durch freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen und mittels eines neuen Qualitätssiegels für nachhaltige Textilien.

Das Bundesentwicklungsministerium hat schon eine Idee entwickelt, wie es künftig „gute Textilien“ kennzeichnen will: mit einem „Grünen Knopf“. Der Grüne Knopf soll nach Vorstellung des Ministeriums als Metasiegel in einer ersten Phase die Produkte markieren, bei denen in der Textilherstellung die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards gewährleistet ist. Klingt etwas willkürlich und ist es auch. Kein Wunder also, dass vor allem im Einzelhandel, der das Siegel letztendlich an den Endverbraucher kommunizieren muss, noch einige Fragen dazu hat. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), sieht zumindest noch „erheblichen Gesprächsbedarf über die Einführung und die konkrete Ausgestaltung des Siegels“.

Da ein offiziell von einem Bundesministerium vergebenes Label jedoch durchaus für Vertrauen bei den Kunden sorgen und damit die Umsätze antreiben könnte, gibt sich Genth erwartungsgemäß „dialogbereit“. Der HDE wolle „nach den guten Erfahrungen mit dem Textilbündnis die bewährte und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Ministerium fortsetzen“, heißt es.

Bereits 2019 will das Ministerium die ersten Produkte mit dem „Grünen Knopf“ auszeichnen. Als Bewertungsgrundlage sollen jedoch lediglich die Standards auf der Webseite siegelklarheit.de dienen, nicht etwa regelmäßige Kontrollen des Ministeriums vor Ort. Eine Garantieerklärung, dass sämtliche ökologischen und sozialen Standards in der gesamten Lieferkette eingehalten wurden, würde jedoch eine permanente und vollständige Überwachung voraussetzen, die im Entwurf des Entwicklungsministers aber gar nicht erst vorgesehen ist.

Die Gefahr ist groß, dass es sich hier einmal mehr um eine verkaufsfördernde Maßnahme für Textil- und Modeunternehmen geht als um eine tatsächliche Bewertung der Produktions- und Lieferkette. Ist der „Grüne Knopf“ also der nächste Schritt des Greenwashing – diesmal von staatlicher Stelle legitimiert? Selbst Händler Genth klingt derzeit noch nicht allzu euphorisch. Für ihn sei noch „völlig offen“, ob die Einführung eines Generalsiegels gelinge. Man werde den Prozess jedoch „aktiv begleiten“.

Foto: jutta rotter / pixelio.de

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