Proteste gegen Mindestlohn der bangladeschischen Textilindustrie führen zu tausenden Entlassungen
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Seit Oktober protestieren Bekleidungsarbeiter:innen in Bangladesch für mehr Lohn - mit fatalen Folgen. FashionUnited hat bei der niederländischen Organisation Clean Clothes Campaign nach dem aktuellen Stand der Dinge nachgefragt, denn Berichten zufolge sind Tausende von Arbeiter:innen entlassen worden. „Es ist noch nicht ganz klar, aber Gewerkschaftsführer:innen in Bangladesch gehen davon aus, dass bisher etwa 3.000 bis 4.000 Arbeiter:innen entlassen wurden. Außerdem sitzen noch 131 Arbeiter:innen im Gefängnis“, so ein Sprecher der Organisation.
Seit Oktober gibt es in Bangladesch politische Unruhen. Reuters spricht von einem "autoritären Durchgreifen" in dem Land. Die Polizei reagiert auf Proteste gegen den Mindestlohn mit Gewalt und Einschüchterung. Mindestens vier Menschen wurden bei den Protesten getötet, berichtet Reuters. Das hält die Arbeitnehmer:innen nicht davon ab, zu protestieren.
Bekleidungsarbeiter:innen in Bangladesch fordern höheren Mindestlohn
Die Beschäftigten in der Textilindustrie, einer der Haupteinkommensquellen, protestieren gegen einen der niedrigsten Löhne der Welt. Von einem Monatslohn von 8.300 Taka (70 Euro) für Textilarbeiter:innen hat die Regierung im November den Monatslohn auf 12.500 Taka (100 Euro) erhöht. „Unerhört“, nannte es die Clean Clothes Campaign diese Erhöhung. Ein existenzsichernder Lohn liegt nach Untersuchungen der niederländischen Organisation bei mindestens 23.000 Taka (195 Euro) pro Monat. Dies ist also der Betrag, den die Arbeiter:innen und Gewerkschaften – die Bangladesh Garments and Industrial Workers Federation, die National Garment Workers Federation und der Bangladesh Garments Workers Unity Council – fordern.
Seit mehreren Monaten fordert die Clean Clothes Campaign mindestens 60 Marken, die in Bangladesch produzieren, auf, die Forderung nach höheren Löhnen zu unterstützen. Als Reaktion darauf schrieben Marken wie Asos, Primark und H&M im September, dass sie ihre Rolle bei der "Unterstützung der Lohnentwicklung" anerkennen. Worte, die wenig bedeuten, sagen die Gewerkschaften in Bangladesch. Sie argumentieren, dass die Dutzenden westlicher Marken, die in Bangladesch produzieren, mehr tun sollten, um ihren Zulieferer:innen mehr zu zahlen.
Die Unruhen in Bangladesch sind noch nicht abgeklungen. Nach wie vor gibt es große Proteste gegen die Neuverhandlung der Mindestlöhne, insbesondere in der Textilindustrie, der Haupteinnahmequelle des Landes. Nach Angaben des Branchenmagazins FashionNetwork werden aus Angst vor Gewalt im Vorfeld der für Sonntag, den 7. Januar, angesetzten Wahlen im ganzen Land zusätzliche Polizist:innen und die Armee eingesetzt.
Bangladesch gilt nach China als der zweitgrößte Bekleidungsproduzent der Welt. In der Bekleidungsindustrie sind mehr als 4,4 Millionen Menschen beschäftigt. 70 Prozent von ihnen sind Frauen. Auf den Bekleidungssektor des Landes entfallen mehr als 80 Prozent der gesamten Exporterlöse und er trägt mehr als 11 Prozent zum nationalen Bruttoinlandsprodukt bei.