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Sandqvist: Neues Shopdesign und Viertagewoche

Von Barbara Russ

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Mode |Interview

Bild: Sebastian Westin und Daniel Sandqvist, via PR

Die schwedische Taschenmarke Sandqvist hat ihren Laden in Berlin-Mitte zusammen mit Studio Greiling neu gestaltet. „Repurposing“ war das übergreifende Thema der Umgestaltung, das auch auf den Pragmatismus und die Werteorientierung der Marke und ihrer minimalistischen und langlebigen Produkte verweist. FashionUnited traf Mitgründer Daniel Sandqvist im Laden in Berlin Mitte zu einem Gespräch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Marke.

Wie würden Sie den USP von Sandqvist beschreiben?

Daniel Sandqvist: Die Hauptidee von Sandqvist ist es, qualitativ hochwertige und langlebige Produkte herzustellen und sie so gut wie möglich machen. Im Kern geht es darum, nachhaltige Taschen für den Alltag herzustellen, mit einem minimalistischen Stil, der so lange wie möglich im Trend bleibt.

Wie wurde die Marke ins Leben gerufen?

Sandqvist wurde im Jahr 2004 gegründet und begann als ein kreatives Projekt meines Bruders Anton. Er fertigte eine Tasche für sich selbst, weil er nicht das fand, wonach er suchte. Er war auf der Suche nach einer funktionellen Tasche, die gleichzeitig gut aussieht. Also besorgte er sich ein paar Stoffreste und machte einfach eine Tasche für sich selbst. Die Tasche fand starken Anklang in seinem Umkreis und so wurde ein Business daraus.

Nach ein paar Jahren stieg unser Freund Sebastian in das Unternehmen ein. Wir begannen, eine breitere Produktpalette herzustellen, wir suchten nach anderen Stoffen und anderen Materialien und wir fingen an, mit Canvas und Leder zu arbeiten.

Außerdem haben wir ein Büro gemietet. Zunächst ging es wirklich nur um ein Büro. Der Raum, den wir fanden, lag im Keller und hatte eine Treppe, die von der Straße aus nach unten führte, aber die Leute fanden uns trotzdem dort, so dass er gleichzeitig als Laden diente. Es war ein unmöglicher Standort. Wir haben den Laden selbst mit viel Sperrholz gestaltet – er sollte wie eine Hütte aussehen. Ein physisches Geschäft den ist der beste Weg, um die Kundschaft zu treffen und für die Kund:innen ist ein Store die beste Art, um mit einer Marke physisch in Interaktion zu treten.

Bild: Berliner Sandqvist Store Aussenansicht, via PR

Sie haben aktuell sechs eigene Läden – in ihren Hauptmärkten nehme ich an? In welcher Reihenfolge haben Sie diese eröffnet?

Genau. Unsere Hauptmärkte sind im Moment Schweden, gefolgt von Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Wir haben unser erstes Geschäft 2011 in Stockholm eröffnet. Danach kam Göteborg. Und dann eröffneten wir ein Geschäft in London, das erste außerhalb Schwedens, dann Berlin und dann Paris.

Und wo haben Sie ihre Produkte verkauft, bevor Sie Ihre eigenen Läden eröffnet haben?

Wir arbeiten mit ausgewählten Einzelhändler:innen zusammen und das tun wir immer noch in all unseren Märkten. Wir haben aber auch einen sehr guten eigenen Onlineshop. Ich glaube, dass es für uns wichtig war, alle drei Kanäle zu haben: gute Einzelhändler:innen, mit denen wir langfristig zusammenarbeiten, unsere eigene Online-Präsenz, auf der wir eigene Inhalte erstellen können, um die Marke zu erklären, und auch die Stores.

Wie viel Prozent Ihres Umsatzes machen Sie online und wie viel in den Geschäften?

Unser Wholesale-Geschäft macht etwa die Hälfte unseres Gesamtumsatzes aus. Und online und in den Geschäften jeweils etwa 25 Prozent. Mehr oder weniger, das hängt ein wenig vom Markt ab.

Wer ist Ihre Zielgruppe?

Wir konzentrieren uns darauf, Taschen für alle herzustellen, und wir wollen dabei sehr inklusiv sein. Es ist aber so, dass die meisten unserer Kund:innen in größeren Städten leben. In Schweden sind es zum Beispiel vor allem Stockholm, Göteborg, Malmö. Während es in anderen Ländern, wie Deutschland, noch viel mehr große Städte gibt, in denen unsere Kund:innen leben.

Und können Sie Ihre Zielgruppe in anderer Hinsicht beschreiben?

Unsere Zielgruppe definiert sich auch über ihr Interesse am Umweltschutz und ihr Interesse an Verantwortung im Allgemeinen. Ich denke, das ist etwas, das alle unsere Kund:innen jeden Alters und jeder Herkunft miteinander vereint. Wir sind eine sehr werteorientierte Marke. Für uns ist das etwas, das wir immer vorantreiben. Unsere Kund:innen wissen das sehr zu schätzen.

Ihr Schwerpunkt liegt auf der Herstellung sehr langlebiger Produkte. Kommt das Ihrem eigenen Geschäft in die Quere, weil die Kund:innen einen Rucksack kaufen und dann nicht mehr zurückkommen?

Da muss man ein Gleichgewicht finden, weswegen wir unsere Kollektion erweitert haben. Es stimmt, man muss nicht so oft ein und dasselbe Produkt von Sandqvist kaufen. Und das wollen wir auch nicht, denn es hält lange, und die Menschen sollen es behalten und reparieren, wenn es mal kaputt geht. Deshalb bieten wir in unseren Geschäften in Berlin, London und Stockholm einen Reparaturservice mit lokalen Handwerker:innen an.

Ihre Produktion selbst befindet sich in Indien und Vietnam.

Ja. Die meisten der technischeren Modelle werden in Vietnam hergestellt, und alle Leder- und Canvas-Taschen werden in Indien gefertigt. Wir arbeiten schon seit langem mit unserem indischen Herstellungsbetrieb zusammen. Wir blicken auf eine langjährige und wirklich gute Zusammenarbeit zurück. Und auch in Vietnam arbeiten wir schon seit langer Zeit zusammen. Beide Produktionsstandorte bieten unterschiedliche Kenntnisse und verschiedene Arten der Produktion.

Und ich nehme an, es ist auch billiger?

Ja, das ist es, aber das gleicht sich immer mehr an. Bei der Wahl der Produktionsländer geht es aber insbesondere um die größeren Produktionsmengen, die unsere dortigen Partnerbetriebe anbieten können, was eine schwedische Produktion nicht kann. Es ist schwierig, in Schweden zu produzieren, denn es gibt einfach nicht genug qualifizierte Arbeitskräfte.

Denken Sie darüber nach, die Produktion näher an Ihr Heimatland zu verlegen?

Wir haben eine Zeit lang Produkte in Schweden hergestellt. Das war sehr interessant. Aber in echt ist es so, dass es ein Problem darstellt, Herstellungsstätten zu finden, die alles produzieren können, was wir brauchen. Eine Menge Wissen ist über die Jahre in Schweden verloren gegangen. Es kehrt zurück und ich finde das großartig. Es gibt immer mehr Marken, die in Schweden und in Europa produzieren. Aber wir bekommen von unseren langjährigen Partnern eine sehr gute Qualität.

Hinsichtlich der Transportwege ist es etwas, worüber wir immer wieder nachdenken und ich denke, die Kundschaft würde es zu schätzen wissen, wenn wir in Schweden produzieren würden. Wir haben zwei einfache Produkte in Schweden hergestellt, eine Lederaktentasche und eine Ledermappe. Aber bisher ist die Produktion in Indien immer noch besser.

Bild: Innenansicht des neugestalteten Sandqvist Stores. Bild via PR

Wie wichtig ist der deutsche Markt für Sie?

Der deutsche Markt ist sehr wichtig für uns. Deutschland ist unser zweitgrößter Markt, gleich nach Schweden. Er macht 20 Prozent unseres Gesamtumsatzes aus.

Denken Sie darüber nach, weitere Geschäfte in Deutschland zu eröffnen? Wo?

Nun, Hamburg ist interessant. München ist interessant. Es gibt viele interessante Städte in Deutschland. Frankfurt könnte interessant sein. Aber wer weiß? Ja, es macht auch wirklich Spaß, vor der Eröffnung eines Ladens zu recherchieren oder die Stadt zu besuchen, um zu verstehen, wie diese Städte ticken. Aber wir haben keine konkreten Pläne für weitere Geschäfte in Deutschland. Wir mögen Läden und Deutschland sehr und es funktioniert wirklich gut. Also vielleicht auf lange Sicht.

Aber wir haben auch gerade eine Pandemie hinter uns, die für uns sehr hart war. Wir bieten Produkte an, die man verwendet, wenn man zur Arbeit geht. Wenn man, wie während der Pandemie, nicht zur Arbeit geht... es war eine harte Zeit für uns und für alle anderen.

Haben Sie jetzt wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht?

Unsere Umsätze kommen langsam wieder zurück, wir haben das Niveau vor der Pandemie schon fast wieder erreicht. Aber wir haben in den Pandemiejahren eine Menge Einnahmen verloren. 2020 haben wir sehr viel Umsatz eingebüßt. Und 2021 sind die Einnahmen aufgrund der Verzögerungen in der Produktion und Lieferketten noch mehr eingebrochen. Aber 2022 sind wir wieder auf Kurs gekommen. Und für das Jahr 2023 ist unser Ziel, beim Umsatz wieder da zu sein, wo wir 2019 waren - wir erwarten eine Steigerung von 20 Prozent.

Haben Sie während der Lockdown-Zeit daran gedacht, Ihr Angebot auf andere Produkte auszuweiten? Gab es einen Moment, in dem Sie hinterfragt haben, ob Taschen noch das Richtige sind?

Wir haben schon versucht, andere Produkte herzustellen, aber eher solche, die sich zusammen mit einer Tasche gut verkaufen lassen. Unser Ziel ist und bleibt es, die besten Taschen herzustellen, die sich finden lassen. Und das ist immer noch unser Hauptaugenmerk. Aber wir haben auch einige andere Dinge ausprobiert. Wir haben eine Decke und Home-Produkte hergestellt, um ein bisschen interessanter zu sein.

Bild: Katrin Greiling machte Repurposing zum Thema des Ladens. Aus Verpackungsmaterial, Tischlerabfällen und Müll von auf den Straßen Berlins gestaltete sie Sessel mit Stoffen aus der Sandqvist-Produktion, die verspielten Holzmaserungen handbemalt wurden.

Wir sind heute hier, weile der Laden umgestaltet wurde. Retail Experiences sind generell im Kommen. Ist das hier eine Art Event, das Sie in Zukunft öfter machen werden?

Der Berliner Laden basierte die vergangenen fünf Jahre auf der gleichen Idee wie unser erster Laden 2011 in Stockholm. Er bestand zu einem großen Teil aus Sperrholz und wir haben ihn so gestaltet, dass er wie eine gemütliche Hütte aussah. Jetzt fanden wir, dass es sei an der Zeit sei, ein neues Konzept zu entwickeln. Dieses neue Ladenkonzept gefällt uns sehr gut, denn es ist minimalistisch, aber auch praktisch. Man kann die Regale frei bewegen. So können wir mehr mit dem Aktionsraum spielen und auch solche Events abhalten. Dieses neue Design gefällt mir wirklich gut und es rückt die Produkte in den Fokus.

Sie haben Ende Februar eine Vier-Tage-Woche bei Sandqvist eingeführt. Was ist das Ziel?

Das Ziel ist natürlich, dass wir dauerhaft bei vier Tagen bleiben können, ohne Effizienzverluste, und unseren festen Mitarbeitenden so eine bessere Work-Life-Balance bieten können. Allen 30 Mitarbeiter:innen des Unternehmens werden Schulungen angeboten, um ihre Arbeitsabläufe zu verbessern und so die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit erledigen zu können - bei gleichem Gehalt. In einem halben Jahr wissen wir mehr – auf das Ergebnis bin ich wirklich gespannt!

Sandqvist im Überblick:

  • Jahr der Gründung: 2004
  • Verkaufsstellen: Weltweit 300, in Deutschland 50, sechs eigene Stores
  • Kollektionsgröße: Etwa 150 SKUs
  • Einzelhandelspreise: Rucksäcke ab 89 - Ledershopper etwa 299 Euro
  • Produktion: Vietnam und Indien
  • Umsatz 2022: 102 Mio. SEK = 10 Mio. Euro
  • Umsatz 2023: 120 Mio. SEK = 12 Mio. Euro
  • Nachhaltigkeitsindikatoren: Anteil der Produkte aus zertifiziertem Hauptmaterial: 94 Prozent, Global Recycled Standard (GRS), Global Organic Textile Standard (GOTS), Leather Working Group (LWG)
  • Marktanteil Deutschland: 20 Prozent des Gesamtumsatzes.

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