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Schusterstadt ohne Schuster – bundesweiter Rückgang des Handwerks

Von DPA

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Einst lebten in der Stadt 160 Schuhmachermeister, nun verliert die Schusterstadt Preetz in Schleswig-Holstein ihren letzten. Seit Jahren habe er sich vorgenommen, den Werkstattladen zu schließen, die Pläne aber Jahr für Jahr aufgeschoben, sagte Reimer Bünn der Deutschen Presse-Agentur. "Nun muss das mal passieren." Am 15. Dezember soll es soweit sein.

Schätzungsweise nur noch 500 bis 600 Schuster in Deutschland

Bünn und die Schusterstadt Preetz liegen damit im bundesweiten Trend: Die Zahl der Schuster ist seit Jahren rückläufig. "Wir schätzen, dass es nur noch 500 bis 600 in ganz Deutschland gibt", sagt der Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Schuhmacher Handwerks, Falk Dossin.

Noch sind die Regale in Bünns Werkstattladen gut gefüllt. Fein säuberlich aufgereiht stehen dort die geflickten Schuhe. Weiße Nummernzettel baumeln an den Schnürsenkeln. Davor arbeitet Reimer Bünn auf seinem Schemel an einem Lederschuh. Früher sagte man, Schuster bleib' bei Deinem Leisten. "Das haut nicht mehr hin", sagt er mit einem Lächeln.

"Das tut weh", sagt Bürgermeister Björn Demmin. "Die Tradition des Schusterhandwerks wird aber immer ein Bestandteil der Preetzer Geschichte sein." Es gebe auch "keine Bestrebungen, den Namen der Stadt zu ändern".

"Mitte des 19. Jahrhunderts lebten in Preetz 160 Schuhmachermeister", sagte Axel Langfeldt. Dazu seien etwa 360 Gesellen und 160 Lehrlinge gekommen. Der Vorsitzende des Heimatvereins geht davon aus, dass es einen Zusammenhang mit dem Kloster und der Lage auf dem Weg zwischen Kiel und Lübeck gab. Auf den Ländereien des Klosters gab es damals viele Kühe, in den Wäldern zahlreiche Eichen, deren Rinde viele Gerbstoffe enthält. "Das passte alles gut zusammen", sagt Langfeldt.

Reimer Bünns Vater Albert hatte sich 1947 in der Preetzer Lange Brückstraße selbstständig gemacht. Zu Kindertagen habe es alleine dort sieben Schuster gegeben, erinnert sich der Sohn. Der Vater war ein Tüftler. Eine seiner Erfindungen: der eindrehbare Fußballstollen, vom Deutschen Patentamt am 1. Februar 1948 als Gebrauchsmuster eingetragen. Wie sein Vater auf die Idee gekommen ist, weiß Sohn Reimer nicht. Bei der Entwicklung ragten Stifte aus der Schuhsohle, auf die sich Lederstollen schrauben ließen. "Mit den Schraubstollen habe ich als Kind gespielt. Jetzt sind sie weg", sagt Bünn.

Großes Geschäft mit Schraubstollen machten Adidas und Puma

Das große Geschäft mit Schraubstollen für Fußballschuhe machte nicht der Tüftler aus Preetz, sondern Firmen wie Adidas und Puma. Die deutsche Weltmeisterelf von 1954 konnte sich auch dank der Technik auf dem durchweichten Boden in Bern gegen Ungarn mit 3:2 durchsetzen. Auch die Albert Bünns Idee von einem Schuh mit wechselbarem Absatz und Sohle ließ sich nicht vermarkten. "Dabei ist auch nix rausgekommen", sagt sein Sohn Reimer Bünn. Er stieg 1970 in das Geschäft des Vaters ein. Vorher hatte er eine Lehre zum Orthopädie-Schumacher und auch eine kaufmännische Ausbildung gemacht. Später betrieben Vater und Sohn auch zwei Filialen in Kiel und Heikendorf.

Wie viele Paar Schuhe der letzte Schuhmachermeister von Preetz in seinem Berufsleben wieder in Schuss gebracht hat, vermag der 73-Jährige nicht zu sagen. "Bestimmt 'ne ganze Ecke." Seit Jahren arbeitet er aber nur noch vormittags. Pläne für seinen nun bevorstehenden Ruhestand hat Bünn schon: Er will sich selbst ein gutes paar Schuhe fertigen. Das ist laut Zentralverband ein bundesweiter Trend. "Die Nachfrage nach Maßschuhen nimmt zu", sagte Dossin. Diese kosteten zwischen 500 und 1500 Euro das Paar. (dpa)

Foto: CFalk / pixelio.de

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