SS25: Damenmode wird von 'Trad Wives', generationsübergreifenden Werten und KI-Handwerk geprägt
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Mit der New Yorker Modewoche, die am 6. September als erste der vier großen Modemetropolen die Saison einläutet, rücken die Damenmodenschauen für Frühjahr/Sommer 2025 immer näher. Zu erwarten ist eine Weiterentwicklung von Modeströmungen, die bereits in der Vergangenheit begeistert haben, aber auch von solchen, die diesen Neigungen dramatisch entgegengesetzt sind. FashionUnited sprach mit Patricia Maeda, Director of Womenswear bei der Trendforschungsagentur Fashion Snoops, über die bevorstehenden Trend-Entwicklungen.
Verschmelzung von Handwerkskunst und KI
Obwohl die künstliche Intelligenz (KI) in der Welt des Modedesigns noch in den Kinderschuhen steckt, hat sie laut Maeda ein enormes Potenzial. „Da sich die Technologie weiterentwickelt, versprechen die Modenschauen im September noch mehr technologische Durchbrüche“, so Maeda weiter. „Es wird faszinierend sein zu sehen, wie die Designer:innen die Technologie nutzen, um die Grenzen der Handwerkskunst zu verschieben und die Grenzen dessen zu erweitern, was wir normalerweise mit traditionellem Luxus assoziieren."
In dieser Hinsicht sind für Maeda die Arbeit von Matthieu Blazy bei Bottega Veneta, der „zeigt, dass Innovation und Handwerkskunst harmonisch koexistieren können“, und die bevorstehende Show des französischen Labels Coperni in Disneyland Paris erwähnenswert. Maeda sagte, dass diese Show „einen wahrhaft unvergesslichen Modemoment bieten wird, bei dem Technologie und Mode verschmelzen“. Die Einbeziehung von KI-Technologie ist jedoch nicht vollkommen neu. In der Frühjahrskollektion 2024 von Collina Strada wurde beispielsweise bereits automatisiertes Lernen eingesetzt, um KI-generierte Drucke zu erstellen, und bei der NYFW-Show von Christian Cowan sorgte das Primrose-Kleid des Designers, das in Zusammenarbeit mit Adobe entstand, für Aufsehen, wie Maeda betonte. Welche neuen Formen AI X Fashion annehmen könnte, bleibt abzuwarten.
Der Wertewandel der Generationen hat Auswirkungen auf den Alltag
Der Wandel der Zeit wird sich auch in der Mode, insbesondere im Wertewandel der Generationen, bemerkbar machen und die Produkttrends beeinflussen und verändern. „Die Markentreue hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert, da die Unternehmen erkannt haben, dass ein reines Namenslabel die Herzen der Millennials und der Gen Z nicht mehr erobert,“ so die Trendexpertin.
Maeda merkte an, dass solche Umschwünge den Aufstieg von Alltagskleidung, Sportswear und Casual Dressing direkt beeinflusst haben, die letztlich den „modernen Wunsch der Verbraucher:innen nach Praktikabilität“ und somit ein „erneuertes Interesse am ‚Alltäglichen‘ und einen pragmatischen Ansatz, wie sich Frauen tatsächlich kleiden“, widerspiegeln. Dies könnte für die SS25 Kollektionen bedeuten, die „wirklich das Wesen der zeitgenössischen Mode verkörpern“, fügte Maeda hinzu, wobei eine „flexiblere und authentischere Herangehensweise an den Stil gegenüber starren Kleidungsnormen“ bevorzugt wird.
Ein Beispiel dafür hatte Melissa Moylan, Vizepräsidentin für Damenmode bei Fashion Snoops, in ihrem SS25-Trendseminar bereits angesprochen. Sie sagte, dass die Kund:innen aufgrund ihrer zunehmenden Werteorientierung Marken unterstützen, die ihre größeren Überzeugungen widerspiegeln. So glaubt sie, dass es im Rahmen ihres Trends „Devotion“ zu einer Überprüfung von Traditionalismus und Ritualen kommen könnte, die insbesondere in Form von rebellischem Ungehorsam Gestalt annehmen könnte. Ein Beispiel dafür hat Willy Chavarria bereits bei seiner Herbst-/Wintershow 24 gezeigt, bei der er eine vom Klerikalismus inspirierte Kollektion präsentierte, um seine religiöse Erziehung zu kommentieren und traditionelle Markenwahrnehmungen in Frage zu stellen.
Eine neue Ära des ‘stillen Luxus’
Jedes Mal, wenn man denkt, dass der Trend zum ‘stillen Luxus’ ein für alle Mal verblasst ist, kommt er erneut zum Vorschein, und zwar in erheblichem Ausmaß. Diese Fähigkeit, Relevanz zu bewahren, hat ihn wahrscheinlich zu einem festen Bestandteil der Mode werden lassen - weniger ein vorübergehender Trend als vielmehr ein Zeichen dafür, dass sich die Verbraucher:innenpräferenzen langfristig geändert haben. Das heißt aber nicht, dass er sich nicht weiterentwickelt hat. „Während der Minimalismus immer seinen Platz in der Mode haben wird, denke ich, dass es bei der heutigen Variante des 'stillen Luxus' weniger um Ästhetik als um die Prinzipien von Einfachheit und Exklusivität geht“, so Maeda.
Während Andeutungen einer solchen Entwicklung bereits in der Show von The Row im Herbst 2024 ohne Fotos oder dem intimen Laufsteg von Alaia in seiner Pariser Boutique deutlich wurden, sieht Maeda diese Rückkehr zur Exklusivität in der kommenden Saison nur noch deutlicher werden. „Auch wenn dieser Ansatz elitär erscheinen mag, erinnert er uns daran, die Erfahrung selbst zu genießen – die emotionale Resonanz außergewöhnlicher Kleidungsstücke zu beobachten, zu tragen und zu spüren", so die Expertin. „Dies ist vielleicht die wahre Evolution des stillen Luxus: eine intime Verbindung mit der Kleidung und dem einzigartigen Gefühl, das sie beim Tragen hervorruft.“
Der Aufstieg der „Trad-Wife"
Anderswo hat in den vergangenen Monaten ein Trend die Online-Diskussion bestimmt. „Trad Wives“, ein Begriff, der sich auf Frauen bezieht, die traditionelle, oft an die 1950er Jahre erinnernde Geschlechterrollen praktizieren. Auch wenn das Thema in mancher Hinsicht umstritten ist und sicherlich von den oben genannten Trends abweicht, kann nicht geleugnet werden, dass diese „Hausfrauen“-Ästhetik in der breiten Öffentlichkeit auf Interesse gestoßen ist. Maeda ist überzeugt, dass diese Ästhetik auch auf dem Laufsteg Einzug halten könnte, wenn auch in einer Form, die näher am modischen Aspekt bleibt und weniger Wert auf die typischen, umstrittenen Werte legt.
„Ein weiterer großer Trend, den ich auf den Laufstegen erwarte, ist die Rückbesinnung auf weibliche Ideale durch überfeminine Designs, die den Begriff der Häuslichkeit aufgreifen – ein Konzept, das durch Trends wie die 'trad wife'-Bewegung an Zugkraft gewinnt“, so Maeda. „Diese moderne Sichtweise auf die zurückgewonnene Weiblichkeit bietet eine neue Erzählung für die Damenmode, die Elemente aus der Mädchenzeit, wie Schleifen und Glockenröcke, mit alltäglichen Stücken aktualisiert, die Sentimentalität hervorrufen. Denken Sie an Schürzenröcke, mehrlagige Röcke, die wie Mieder aussehen sollen, und Kleider aus Stoffen, die Tischdecken ähneln.“
Dieser übersetzte Artikel erschien zuvor auf FashionUnited.com