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Trendforscher über SS25: Futurismus, Natur und Urgeschichte

Von Sylvana Lijbaart

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Mode
Iris Van Herpen. Fall/Winter 2023, Haute Couture. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight

Als der niederländische Trendforscher Jan Agelink seine Prognosen für die kommenden Saisons niederschrieb, wurde ihm eines schnell klar: Unkonventionelles Denken und Innovation sind gefragt. Seine Trendpräsentation ‘Future Formulas’ bietet daher Zutaten für ein modisches Rezept, das Menschen helfen soll, in einer Welt der Polarisierung besser zu funktionieren. FashionUnited hat online teilgenommen und die Trends zusammengefasst.

Agelink begann seinen Vortrag mit einem Kunstwerk des chinesisch-US-amerikanischen Malers Paul Chan. ‘Trisophia’ zeigt drei schwarze, luftgefüllte Röhren, die durch Arme miteinander verbunden sind und das Drängen und Ziehen widerspiegeln, in dem sich die Gesellschaft befindet. Man wolle einander loslassen, könne es aber nicht, sondern müsse miteinander auskommen. Der Kontext sei wichtiger denn je, betonte der Experte.

Dies spiegelt sich seiner Meinung nach auch in der Modewelt wider, die sich laut Agelink im Wandel befindet. Kleinere Marken, Schulen, Designer:innen und Verbraucher:innen haben eine veränderte Einstellung zur Mode. So kehrt die Wertschätzung von Handwerk, Materialien und Design zurück, aber auch die Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle. „Alles, was wir bisher getan haben, wirkt sich aus“, sagt der Prognostiker und verweist unter anderem auf den europäischen ‘Green Deal’, um die Treibhausgasemissionen in Zukunft auf null zu reduzieren. Zu all diesen Ereignissen und Einflüssen fügte Agelink drei Zutaten hinzu, die ein Rezept für die modische Gestaltung der Zukunft bilden.

‘Paradox Poetry’

Die erste Zutat bezieht sich direkt auf das Gefühl, das Menschen angesichts der gegenwärtigen Polarisierung empfinden – die Angst. Zur Veranschaulichung zitierte Agelink die britische Ausstellung ‘The Horror Show’, in der unter Druck entstandene Ideen untersucht werden, die in den letzten 50 Jahren zur kreativen Rebellion beigetragen haben. Horror ermöglicht es, Ängste auszudrücken, sie zu überwinden und sich eine andere Zukunft vorzustellen. Diese Botschaft wird in der Mode durch lange, futuristisch anmutende Silhouetten und surreale Elemente umgesetzt.

Ähnlich wie vor einigen Saisons der ‘Destroyed’ -Trend bietet ‘Paradox Poetry’ Denim eine große Bühne: Es wird upgecycelt, wobei die Hosen immer weiter werden. Jeans werden mit weiteren Jeansstoffen oder übergroßen Oberteilen zu neuen Formen kombiniert. Auch die Verwendung von Hosenträgern, wie bei der niederländischen Denimmarke G-star, spielt eine prägnante Rolle.

Für einen eher futuristischen, surrealen Look verwendet ‘Paradox Poetry’ große Drucke und Volumen. Bei der Modenschau des Modelabels Jil Sander trugen die Models Kleider mit vergrößerten Katzenmotiven, während sich der Surrealismus auch durch in verschiedene Formen gebrachte Kleidungsstücke äußert. Bei dem US-amerikanischen Designer Rick Owens wurden bereits bei seiner letzten Frühjahr/Sommer-Show Kreationen mit außergewöhnlichen Schulterformen gezeigt. Schlüsselfarben für dieses Thema sind Weiß, Schwarz und Dunkelrot.

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Jil Sander. Spring Summer 2024, Ready to Wear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight
Rick Owens. Spring Summer 2024, Ready to Wear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight

‘Clutter x Curiosity’

Die Ängste des ersten Themas scheinen bei ‘Clutter x Curiosity’ völlig vergessen. Agelink hat diese positiv konnotierte Zutat unter dem Arbeitstitel 'Rainbow Healing' zusammengefasst, denn hierbei kommen Regenbogenfarben, Grafiken, Spaß und Fantasie zum Einsatz – wie in einer farbenfrohen Bücherwelt.

Neben leuchtenden Farben und Grafiken steht das ‘Hardcore-Handmade’-Thema im Mittelpunkt, das sich vor allem in der Rückkehr der Strickwaren manifestiert. Bei dem britischen Modelabel JW Anderson zeigte sich dies bereits auf dem Laufsteg der letzten Saison. Es wurden gestrickte Stücke präsentiert, darunter ein leuchtend rotes und blaues Häkelkleid. Außerdem wird bei diesem Thema die Kraft des Handwerks mit künstlicher Intelligenz verbunden. Die Technologie, so Agelink, erweitert unseren kreativen Horizont und bringt uns dazu, mit Volumen und Ausschnitten zu spielen, die im Alltag die Grenzen des Möglichen überschreiten. Er nennt sie die ‘Luftkissenidee’. Ein sportliches Beispiel bietet der orangefarbene Regenmantel des Modestudios Kolor oder Entwürfe des in Berlin ansässigen Modelabels Ottolinger.

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JW Anderson. Spring Summer 2024, Ready to Wear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight
Kolor. Spring Summer 2024, Menswear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight
Ottolinger. Spring Summer 2024, Ready to Wear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight

Bei 'Clutter x Curiosity' spielt der Lebensstil eine wichtige Rolle. Vor einigen Jahren hat man sich ganz der minimalistischen Wohnmethode der japanischen Beraterin Marie Kondo verschrieben. Davon wendet man sich nun völlig ab, so Agelink. Stattdessen beginnt man, Dingen eine neue Bedeutung zu geben und sie persönlicher zu gestalten. „Wir betreten ein neues Wunderland mit all unseren (gesammelten) Gegenständen.“ In der Modewelt bedeutet das, dass Unordnung genutzt wird, um etwas Neuartiges, Schönes zu gestalten. Das französische Luxushaus Dior zeigte diesen Trend auf der SS24-Männermodenschau in Paris anhand von Models, die mit Hüten aus zweckentfremdeten Schmuckstücken über den Laufsteg liefen.

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Dior Men. Spring Summer 2024, Menswear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight
Dior Men. Spring Summer 2024, Menswear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight

‘Cosmic Conscience’

‘Cosmic Conscience' begibt sich auf eine Reise zurück in die Urgeschichte. Was wäre, wenn wir tatsächlich damals gelebt hätten? Künstliche Intelligenz ermöglicht eine realistische Simulation. Der Lebensstil der Vergangenheit dient hierbei als Inspirationsquelle. Strickwaren und übergroße Schuhe sowie die Farbpalette spielen wichtige Rollen. Dunkle Farben wie Braun, Violettgrau und Moosgrün erinnern an Camouflage, während auch Einflüsse des ‘Destroyed’-Trends zu erkennen sind. Einblicke geben die Archive der britischen Designerin Feben, der italienischen Marke Diesel und des japanischen Labels Taakk.

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Feben. Spring Summer 2024, Ready to Wear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight
Diesel. Off Season 2024, Pre-Fall Women. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight
Taakk. Spring Summer 2024, Menswear. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight

Ein weiteres Kennzeichen von ‘Cosmic Conscience’ ist die Annäherung an Naturphänomene. Pflanzen und Tiere werden unter die Lupe genommen und ihre Existenz mit einem futuristischen Touch in ein Modeprodukt integriert. Sie erwachen auf figurative und natürliche Weise zum Leben. Die niederländische Designerin Iris van Herpen, die für ihre futuristischen Kreationen bekannt ist, macht sich dies zunutze.

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Iris Van Herpen. Fall Winter 2023, Haute Couture. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight
Iris Van Herpen. Fall Winter 2023, Haute Couture. Bild: ©Launchmetrics/Spotlight

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Designer:innen großen Wert auf handgefertigte Kreationen mit neuen Techniken legen, die entweder von der Vergangenheit oder einer möglichen Zukunft inspiriert sind. 2025 nimmt die Wertschätzung der Erde einen wichtigen Platz im kreativen Prozess ein und manifestiert sich in der Aufwertung von Kleidungsstücken mittels Upcycling, aber auch in von der Natur inspirierten Silhouetten, die durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz entstehen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Heide Halama.

Jan Agelink
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