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UdK Berlin: Kritisch denken und hinterfragen im Modedesign-Studium

Von Pia Schulz

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Foto: Fakultät Gestaltung, UdK Berlin, Straße des 17. Juni

Diversität, Charakter und Handwerk – diese drei Worte beschreiben den Studiengang Modedesign an der Berliner Universität der Künste (UdK) wohl am besten. An der Kunsthochschule im Herzen der deutschen Hauptstadt werden vielseitig interessierte Menschen ausgebildet, die über die Grenzen des klassischen Modedesigns hinausgehen und sich trauen, Themen kritisch zu hinterfragen.

„Unsere Studierenden kommen oft als sehr junge Menschen hierher und gehen als Persönlichkeiten wieder raus. Die Charakterbildung ist einfach Teil des Studiums, auch sich selbst zu finden”, sagte Waldemar Kraus, Geschäftsführender Direktor und Professor für Modedesign und Entwurf.

Handwerklichkeit wird groß geschrieben

Die roten Fahnen der UdK wehen im herbstlichen Wind. Sie flankieren den Eingang eines großen, mit Stuck verzierten Altbaus, hinter dessen heller Fassade sich die Fakultät Gestaltung befindet. Das eindrucksvolle Gebäude liegt direkt an der Straße des 17. Juni, an deren Ende die Siegessäule zu erkennen ist. Ein helles Treppenhaus führt in das dritte Obergeschoss, das das Institut Modedesign beherbergt.

Leises Stimmengewirr kommt aus den offenen Türen, die entlang des Flures liegen. Auch wenn das Semester noch nicht begonnen hat, arbeiten Studierende schon in den Werkstätten. Sie holen die Kurse nach, die sie aufgrund der pandemiebedingten digitalen Semester nicht belegen konnten, erklärt Entwurf-Professorin Valeska Schmidt-Thomsen gegenüber FashionUnited.

Bachelorarbeit von Katharina Spitz. Foto: Angelina Vernetti

Eine kleine Gruppe Studierende in weißen Kitteln beugt sich über einen großen Topf in der Färberei, während eine junge Frau in der Siebdruckwerkstatt einen Raum weiter ihre fertige Arbeit auf dem großen Drucktisch platziert. Im Schnittseminar wird ein Schnittmuster für ein Hemd konstruiert und in der Nähwerkstatt realisieren die Student:innen ihre eigenen Entwürfe.

Insgesamt sechs Werkstätten durchlaufen die Studierenden im den ersten vier Semestern. Neben der Färberei, dem Schnitt und der Näh- und Siebdruckwerkstatt besuchen sie auch die Weberei und die Strickerei. Bewerber:innen benötigen noch keine fachspezifischen Kompetenzen, denn im Grundstudium erlernen sie das notwendige Handwerk. Neben den praktischen Fächern absolvieren die angehenden Designer:innen auch theoretische Kurse, wie Materialkunde, Modetheorie und -zeichnen, und können sich zwischen verschiedenen Wahlfächern entscheiden, die von Digitalen- bis zu Textiltechniken gehen.

Bewegen Sie Ihre Maus über die Bilder um die Werkstätten der UdK zu entdecken.

Bilder: Jennifer Rippel

Das gewisse Etwas

Rund 450 Bewerbungen erreichen das Bewerbungskomitee der UdK zum neuen Studienjahr. Im Gegensatz zu vielen anderen Design-Studiengängen ist für diesen Bachelor keine Mappe die Entscheidungsgrundlage für das Weiterkommen im Bewerbungsverfahren. „Die Bewerber:innen werden nicht ausgeschlossen, weil sie keine gute oder schöne Mappe haben”, erklärt Kraus. „Bei uns haben sie die Möglichkeit, sich durch das Bearbeiten einer von uns gestellten Hausaufgabe komplett frei zu bewerben. Und das ist die Basis um eingeladen zu werden.”

Erst im nächsten Schritt wird die Mappe relevant; neben einer weiteren Gestaltungsaufgabe erwartet die angehenden Studierenden ein fünfminütiges Mappengespräch. Dort möchte Kraus vor allem eins erkennen – Charakter: „Es ist für mich persönlich irrelevant, wenn ich erkenne, dass alle Bewerbenden Mappenkurse belegt haben, denn dann erkennt man zwar Stil und Potenzial, aber das interessiert uns eigentlich nicht so wirklich. Wir wollen die Handschrift der Menschen sehen, das Charisma.” „Ich sage immer: Eure Mappe ist eure Visitenkarte, da muss das rein, was euch ausmacht”, ergänzt seine Kollegin Schmidt-Thomsen.

Masterarbeit von Nina Birri. Foto: Honi Ryan @honiryan

Auf die Frage, was Bewerber und Bewerberinnen mitbringen müssen, wenn sie an der UdK studieren wollen, gibt es keine eindeutige Antwort. „Die Person muss ein gewisses Etwas haben und das kann man nicht erklären”, sagt Kraus. Schmidt-Thomsen fügt hinzu, dass die Menschen trotzdem gewisse Charakterzüge und Voraussetzungen haben müssen, wie „Neugier und Offenheit und auch Lust, sich auf etwas Neues einzulassen”.

Faktencheck:

  • Adresse: Straße des 17. Juni 118, 10623 Berlin
  • Website: www.design.udk-berlin.de
  • Studiengänge: Bachelor und Master Modedesign
  • Abschlüsse: Bachelor of Arts / Master of Arts
  • Regelstudienzeit Bachelor: 8 Semester
  • Studiengebühren: keine, lediglich Semesterbeitrag i.H.v. 315 Euro
  • Anzahl der Studierenden: etwa 24 im ersten Semester
  • Aufnahmequote: 14,7 Prozent
  • Betreuungsverhältnis im Projekt: 14 Studierende auf zwei Betreuende

Kritisch denken und hinterfragen

Der Bachelor der UdK zeichnet sich durch ein sogenanntes Projektstudium aus. Der Kern eines jeden Semesters ist ein Projekt, das die Student:innen im Entwurf belegen, so Kraus. Zentral ist hierbei die Entwicklung eines Konzeptes durch die Studierenden, auf dessen Basis Entwürfe generiert und anschließend umgesetzt werden. Begleitet wird dieser Prozess von Theorie und Technologie. Schmidt-Thomsen betont, dass gerade dieser Fokus den Studiengang der UdK von anderen unterscheidet: „Ich glaube was auffällig ist, ist das wir sehr großen Wert auf die Konzeptionsphase legen. Das wir sehr viel hinterfragen, warum Dinge gemacht werden.”

Semesterprojekt “Skin” 2021, Denise Kipke, 5. Semester. Foto: Caroline Thiergart

„Wie kann Leder mit dem nötigen Respekt verwendet werden, um ökologische und langlebige Produkte, Accessoires oder Kleidungsstücke zu schaffen?” Mit dieser und weiteren Fragen befassten sich beispielsweise die Studierenden des fünften Semesters im vergangenen Winter. In dem Projekt “Skin” rückte das tierische Material in den Mittelpunkt kritischer Auseinandersetzungen und kreativer Ausarbeitungen. Die Student:innen müssen auch formulieren können, was sie an der Mode nicht gut finden und was sie gerne verändern würden, erklärt Kraus.

Seine Kollegin betont nicht nur die besonders gute Handwerklichkeit ihrer Studierenden sondern lobt auch, dass diese ihre Arbeiten sehr gut in etwas Größeres einbetten können: „Kopf und Hände sind gut bei uns”.

Masterarbeit von Louis Krüger. Foto: Louis Krüger

Nicht nur das Hinterfragen und Umdenken macht das Modedesign-Studium an der Berliner Universität aus, auch die Themen Vielseitigkeit und Freiheit sind von großer Bedeutung. Sowohl in der Konzeptionsphase, in den Abschlussprojekten oder in der Zeit nach dem Studium – den Studierenden werden viele Freiräume zur Gestaltung und Verwirklichung gelassen.

Ein Stapel Abschlussarbeiten liegt auf dem Tisch der Dozierenden. Allesamt dicke, gebundene Bücher, aber keines gleicht dem anderen. Jede dieser Arbeiten erzählt eine eigene Geschichte, gibt Einblicke in das Denken und Wirken des Menschen hinter dem Projekt, und dokumentiert alle Schritte bis zum fertigen Design. Bei der Themenfindung ihrer Abschlussarbeiten sind die Student:innen frei und so trägt jede dieser Arbeiten eine individuelle Motivation und Auseinandersetzung in sich und die Handschrift der Studierenden wird beim Durchblättern der Seiten erkenntlich.

Semesterprojekt “IF” 2021, Camilla Volbert, 5. Semester. Foto: Camilla Volbert

Die Student:innen können ihrer Kreativität freien Lauf lassen, wenn es um die Entwicklung der Entwürfe geht. Es wird nicht gefordert, dass sie ihre Ideen mithilfe der klassischen Modeillustration veranschaulichen, es kann auch auf andere gestalterische Möglichkeiten zurückgegriffen werden, wie beispielsweise einen Film oder einer Drapage, erklärt Schmidt-Thomsen. „Es ist eher ein Heranführen an verschiedene Möglichkeiten der Darstellung”.

Wie geht es nach dem Studium weiter?

Nach dem Bachelor können die Absolvent:innen auch ein Masterstudium an der UdK anschließen, viele nehmen sich dazwischen aber auch ein Jahr Auszeit oder absolvieren ihren Master im Ausland. So unterschiedlich die Studierenden sind, so divers sind auch ihre Wege nach dem Abschluss: von der Anstellung in einem Modehaus, über die Arbeit bei Berliner Labels bis hin zu branchenübergreifender Arbeit im Film und Theater.

„Die Studierenden haben auch nicht unbedingt das Interesse ganz klassisch in einem Modehaus zu arbeiten, sondern halten sich dieses Feld sehr breit und offen und schauen, wo es Möglichkeiten gibt ihr Know-How einzubringen”, sagt Kraus.

In einem Punkt sind sich Kraus und Schmidt-Thomsen jedoch sehr sicher – die Charakterzüge, die alle ihre Student:innen gemeinsam haben. Sie sind experimentierfreudig, kritisch, neugierig und interdisziplinär.

Rundgang der UdK:

    Vom 29. bis zum 31. Oktober öffnet die Universität der Künste ihre Türen für Besucher:innen. Sowohl online als auch analog können Interessierte beim Rundgang der UdK Einblicke in die Werkstätten, Ateliers und die Fakultäten Bildende Kunst, Gestaltung, Musik und Darstellende Kunst sowie in die Arbeiten der Studierenden bekommen. Am Abend des 30. Oktober präsentieren die Modedesign-Student:innen filmisch ihre Arbeiten im Konzertsaal der Universität.

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