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Von Jil Sander bis Ottolinger: Puma-Kreativchef setzt auf Fashion statt Streetwear

Von Ole Spötter

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Mode|Interview
Heiko Desens Bilder: Puma

Puma will an alte Zeiten anknüpfen, als der Sportartikler mit Jil Sander die Welten zwischen Mode und Sport vereint hat, und dieses Erbe mit einer neuen Generation von Kreativen teilen. Die junge Zielgruppe entdeckt derweilen das eingerostete Steckenpferd Motorsport als neuen Trend und so gibt die Raubkatze aus Herzogenaurach auch dabei ordentlich Vollgas. Dazu kommt ein Neustart mit Superstar Rihanna.

Das Unternehmen, das Zugriff auf ein 75-jähriges Archiv hat, zelebriert sein Jubiläumsjahr mit einigen Überraschungen und lässt dabei natürlich auch die Olympischen Spiele im nächsten Jahr nicht aus dem Auge. Was Puma für die kommende Zeit noch in den Startlöchern hat und welche Entwicklungen die Sport- und Lifestyle-Branche gerade beschäftigen, erklärt Heiko Desens, Global Creative Director bei Puma.

Kampagne zum 75. Puma-Jubiläum mit Neymar Jr. und Pelé Bild: Puma

Puma feiert in diesem Jahr sein 75. Bestehen. Was bringt das Jubiläumsjahr?

Anfang des Jahres hatten wir unser ‘Archive Green’ als besondere Farbe, die wir mit einem speziellen Product Drop lanciert haben. Außerdem haben wir im Zuge des 75. Jubiläums auch unsere Motorsportgeschichte aufleben lassen.

Für Ende des Jahres haben wir noch etwas sehr Glamouröses in der Pipeline – eine limitierte Edition, um die 75 Jahre zu feiern. Es ist eine Jubiläums-Edition einer ‘Classic Silhouette’, mit der wir auch ein paar unserer Assets ausstatten werden. Es wird glitzernd, glänzend sowie sehr hochwertig und luxuriös. Das werden wir dann um das Datum unseres Jubiläums im Herbst launchen.

Pumas Schuhmodell "King" x Jil Sander (1998) Bild: Puma

Wird Luxury das Streetwear-Thema bei Ihnen ablösen?

Wir haben uns sehr auf Streetwear konzentriert und werden dieses Jahr auch wieder das High-Fashion-Thema aufgreifen. Im weitesten Sinne beziehen wir uns damit, wofür wir stehen und bekannt sind. Wir sind ja ursprünglich die Disruptor, die genau dieses Sportswear- und Fashion-Thema zusammengebracht haben.

Mit Jil Sander haben wir damals den Ball ins Rollen gebracht und die Industrie aufgemischt. Diesen Teil unseres Erbes wollen wir dieses Jahr ganz gezielt wieder auffrischen. Die Zusammenarbeit mit Ottolinger, die wir vor Kurzem geteast haben, ist ein Teil davon.

Ottolinger FW23 x Puma. Bild: Launchmetrics Spotlight

Die Tasche mit Ottolinger war also nur ein Teaser?

Die Designerinnen der Marke [Anm. d. Red.: Ottolinger wird von den Designerinnen Christa Bösch und Cosima Gadient geführt] passen zu uns und sind genau das, was wir auch für uns definieren. Also kommt im September das nächste Kapitel mit Bekleidung. Wir werden aber auch mit der Tasche sowie dem Mostro, den wir ja auch schon gezeigt haben, weiter machen, sodass es ein ganzer Look wird.

Wird Puma im September dann auch wieder bei der New York Fashion Week vertreten sein?

Es wird eine Rückkehr zur New York Fashion Week geben, aber erst im Februar nächsten Jahres. Wir sind dieses Jahr mit Ottolinger und zusätzlichen Fashion-Partner:innen relativ prominent bei der Paris Fashion Week vertreten. Deshalb haben wir uns strategisch entschieden, nicht noch einen weiteren Schauplatz aufzumachen.

Sie feiern außerdem die Rückkehr von Rihanna in die Puma-Familie. Knüpft diese an der bisherigen Zusammenarbeit an?

Die Zusammenarbeit ist im vollen Gange und wird im Herbst kommen. Wir werden das Rihanna-Konzept aber nicht so spielen, wie wir das früher gemacht haben. Es wird kleine, gezielte Drops geben und wir fangen mit Footwear an – gezielt und wiederkehrend statt der großen Show-Momente mit Catwalk. Das haben wir so für uns umdefiniert und das ist auch was Rihanna möchte. Die Styles gezielt mit ihr verknüpfen und diese kontinuierlich ausbauen.

Und auch hier wird dann auf der Footwear wieder aufgebaut?

Genau, wir starten mit Footwear für die ersten paar Monate – bis Mitte, Ende nächsten Jahres – und dann werden wir Stück für Stück andere Produktgruppen hinzufügen.

Und an wen richten sich die Produkte?

Sie sind unisex. Wir werden keine frauenspezifischen Produkte per se machen. Es ist natürlich so, dass diese Gewichtung wahrscheinlich zwei Drittel Frauen, ein Drittel Männer sein wird. Aber wir wollen auf jeden Fall auch sicherstellen, dass es für Männer offen ist. Es wird Männer geben, die das auf jeden Fall haben wollen und da müssen wir auch sicherstellen, dass gewisse Schuhe auch für Männer aufgemacht werden. Das war das letzte Mal schon so, dass der Creeper ursprünglich in einem vollen Größensatz offen war, aber die Gewichtung mehr auf den Frauen lag.

Gehört die Zusammenarbeit zu Ihrer 'Must-Win'-Strategie, in der das Sortiment für Frauen als einer der wichtigen Bereiche hervorgehoben wurde?

Rihanna ist weiterhin wichtig für unsere Frauen-Kategorie. Sie ist das beste Aushängeschild für uns – als Künstlerin und Geschäftsfrau ist sie extrem erfolgreich.

Puma kooperiert mit Modibodi für Activewear-Menstruationsunterwäsche Bild: Puma

Wie soll der Bereich noch ausgebaut werden?

Wir haben frauenspezifische Lauf- und Fußballschuhe und die weltbesten Athletinnen unter Vertrag. Unsere Kundinnen sind uns sehr wichtig und das ist kein Lifestyle-Fashion-Klischee. Im Laufbereich liegt unsere Ratio mittlerweile bei 50 Prozent Frauen. In allen wichtigen strategischen Produktgruppen sind Frauen im Gleichgewicht mit den Männern, manchmal sogar stärker vertreten.

Alleine im Juli gab es Kollaborationen mit Porsche, Ferrari und Mercedes. Will sich Puma so die Pole-Position sichern?

Motorsport war ein bisschen ein Stiefkind von uns, weil es keiner so wirklich wollte. Durch diese ‘late 90s, early 2000s’-Trends, die gerade für junge Fashion-Interessierte sehr dominierend sind, kommt glücklicherweise dieser ganze Motorsport-Vibe wieder mehr in den Vordergrund und wir können es mit unserem super großen Archiv – zehn bis 20 Jahre – voll ausschöpfen.

Das war schon bei den ganzen Streetwear-Brands auf den Catwalks zu sehen. Das ist aber mehr so eine Synthese aus verschiedenen Motorsportarten, die da zusammenkommen. Es ist nicht nur Motocross oder Nascar, es ist eigentlich ein Blend von dem Look – ein größerer Makro-Trend, der diese Farbigkeit und Lebhaftigkeit aufgreift. Das spielt uns extrem in die Hände.

Puma x Scuderia Ferrari Bild: Puma

Da geben Sie dann jetzt richtig Vollgas?

Vor kurzem hatten wir einen Ferrari-Drop, der sehr erfolgreich war, und dann konnte man schon sehen, wie dieser Look sich in diese Fashionwelt übersetzen lässt. Diese kleine Capsule haben wir in Miami vorgestellt. Das nächste größere Event folgt Ende des Jahres in Las Vegas, wo auch die erste “Formel 1 Entertainment Show” stattfindet. Da werden wir auch mit spezifischen Mini-Kollektionen und Projekten vor Ort sein, die wir für diesen Zeitpunkt launchen.

Mit Silhouetten wie dem Mostro haben Sie das Thema dann auch schon im Fashion-Bereich gespielt.

In den letzten zehn Jahren wurden die Schuhe größer, dicker, voluminöser. Big Running und Plattform Shoes, Balenciaga hat es vorgemacht. Jetzt sehen wir, dass sehr viele junge Leute diesen Low-Profile-Trend aufgreifen, der natürlich mit der Football-Culture einhergeht, jetzt aber mit den Motorsport-inspirierten Schuhen richtig extrem wird.

Der Mostro, an dem wir gerade arbeiten, ist für die, die alt genug sind, ein bekannter Schuh. Aber für die jungen, neuen Mode-Konsument:innen ist das einfach ein neuer, verrückter, aufregender Schuh.

Welche Trends sehen Sie in den Bereichen Lifestyle und Sportswear?

Für uns ist dieser Hightech-Bereich ganz wichtig – dieser hochtechnifizierte Look, dieses sehr futuristische. Das deckt den ganzen Performance-Bereich ab, geht aber auch durchaus in Lifestyle oder Fashion über. Das hat wieder eine Verbindung zu diesen early 2000s. Da wurden sehr viele Tech-Klamotten getragen – das war dieses Ausgleiten der Dance-Rave-Culture. Sehr viel technische Materialien und Farben sowie metallischer Glanz.

Im Archiv haben Sie auch einige technische Entwicklungen wie den RS-Computerschuh oder das DISC System. Haben Sie da etwas gefunden, das zu dem Hightech-Trend passen könnte?

Ja, wir haben einen Schuh, der gerade von der Fashion-Welt und den Sneaker-Fans besprochen wird – der Kugelblitz. Das war ein verrücktes Design-Experiment in den early 2000s. Schaut man sich den Running Shoe von Givenchy an, ist das fast ein Spitting-Image vom Kugelblitz aus unserem Archiv.

Der bekommt bei uns immer sehr viel Aufmerksamkeit, alle Partner:innen wollen den sehen – so eine unbekannte Ikone, der so verrückt aussieht. Bringen wir den aber zurück? Wohl eher nicht. Manchmal muss man solche Ikonen auch ruhen lassen und einfach als Inspiration verwenden.

Pumas Schuhmodell "Kugelblitz" (AW05) Bild: Puma

Innovationen spielen gerade im Bereich der Sportswear eine wichtige Rolle. Können Sie uns einen Einblick geben, an was Sie gerade arbeiten?

Die Performance-Technologie Nitro ist auf jeden Fall unser Hauptthema nächstes Jahr, gerade im Rahmen der Olympischen Spiele. Bisher hatten wir die Kommunikation hauptsächlich im Bereich Laufen und Marathon. Für die Olympiade haben wir sehr viele Leichtathletik-Performance-Schuhe mit der Nitro-Technologie ausgestattet. Anschließend werden wir sie in die anderen Kategorien ausweiten – im Basketball gibt es schon einen erfolgreichen Performance-Schuh mit der Nitro-Technologie.

Puma x Warner Bros. – 'MB.02 Rick and Morty'-Basketballschuh mit Nitro-Schaumstoff-Zwischensohle Bild: Puma
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