Walter Van Beirendonck oder das Geschäftsmodell eines Designers der 90er Jahre

Wie kann ein Designer heute ohne die Unterstützung eines Konzerns und die damit verbundene Marketingunterstützung in der Modebranche überleben? Diese Frage stellten wir Walter Van Beirendonck und seinem Verkaufsteam, als wir seinen Showroom im Pariser Marais besuchten.

„Walter war Leiter der Modeabteilung der Königlichen Akademie für Schöne Künste in Antwerpen, was es ihm ermöglichte, sein eigenes Unternehmen zu finanzieren", antwortet Susan de Groot, die Leiterin der Verkaufsabteilung. "Aber wichtig ist auch die Tatsache, dass viele Kund:innen über all die Jahre hinweg seinem Stil treu geblieben sind, der einzigartig ist und es auch geblieben ist.“

In den 90er Jahren gab Walter Van Beirendonck einem Kooperations-Angebot mit der deutschen Denimmarke Mustang nach. Dank dieser Aufstockung der Mittel konnte er weltweit auf die Laufstege gehen und in New York präsentieren. Als der belgische Designer die Kontrolle über seine eigene Marke verloren hatte, zog er sich schließlich zurück. Erst 2002 erhielt er seinen Namen zurück und erlebte einen neuen Aufschwung.

Mitglied der berühmten ‚Antwerp Six‘

Von den berühmten sechs Antwerpener Designer:innen, denen Ende der 1980er Jahre der internationale Durchbruch gelang und Antwerpen zum angesehenen Design-Hotspot machte, sind nicht mehr alle aktiv. Neben Van Beirendonck gehörten dazu auch die Designer:innen Dirk Bikkembergs, Ann Demeulemeester, Dries Van Noten, Dirk Van Saene und Marina Yee. Walter Van Beirendonck trägt das Erbe einer kreativen und unabhängigen Marke unverändert weiter.

Heute ist der Designer damit zufrieden, auf der Fashion Week Paris zu zeigen, „weil es praktisch ist, nur drei Autostunden von Antwerpen entfernt zu sein, und weil die Fotos, die bei dieser Gelegenheit gemacht werden, um die Welt gehen“. Das Label setzt ganz auf seine Kreativität und die Tatsache, dass jede Kollektion anders ist. „Wir laden die Presse ein (85 Prozent der Leute vor Ort) und unsere Kund:innen, die nicht alle anwesend sein können, weil wir mittwochs im offiziellen Kalender laufen", fügt Susan de Groot hinzu. „Wir arbeiten nicht wirklich mit VIPs oder Prominenten zusammen. Wir können es uns nicht leisten, all diese Leute auszustatten oder ihnen kostenlos Kleidung zu geben.“

Ihr Absatzmarkt ist hauptsächlich amerikanisch, mit etwa dreizehn Händler:innen. Läden, die mit der Marke gewachsen sind und genau wissen, was sie kaufen müssen, weil sie ihre Kund:innen kennen. Aber auch Läden, die von einer neuen Generation gegründet und von einem Stil überzeugt wurden, der zu persönlich ist, um aus der Mode zu kommen.

„Träumt groß, aber schützt unsere Menschlichkeit“ - Walter Van Beirendonck

Die Show, die nach der sagenumwobenen Stadt Dawleetoo benannt ist, die einmal im Regenwald von Honduras existiert haben soll, beschwört eine Welt herauf, die sich rasend schnell verändert und in der wir uns fühlen, als würden wir als Crash-Test-Dummies benutzt: „Wohin führen uns die Maschinen?"

Neben einem unverkennbaren Stil zeigte das Finale eine Parade von Models, die von Kopf bis Fuß mit durchsichtigen Plastiktüten bedeckt waren, auf denen Skelette abgebildet wurden und die Buchstaben eines außerirdischen Alphabets wie für ein Statement standen.

„Diese Passage erzählt von allem, was in der Welt von heute falsch läuft“, erklärt Walter Van Beirendonck. Während ich meine Kollektion entwarf, wurde ich von all den Dingen erschüttert, die wir durchmachen (die Pandemie, die Umweltkatastrophen aufgrund des Klimawandels, die Kriege), und vor allem fühlte ich, dass die Mode auch ein Schlachtfeld ist. Ich weiß, dass einige Leute vielleicht schockiert oder beleidigt waren, aber es ist das Privileg eines Künstlers, ein solches Statement abgeben zu können. Ich sehe es als eine Performance am Ende meiner Fashion Show.“ Seit 2022 hat sich der Designer von der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Antwerpen zurückgezogen.

Dieser übersetzte und überarbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.fr.