Was macht eigentlich der Fashion Council Germany?
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Die Amerikaner haben einen, die Briten auch und Frankreich und Italien sowieso. Die Rede ist von einem zentralen Mode-Rat, der die Mode des Landes lenkt und diese international vertritt. Kein Land mit einer bedeutenden Modewoche kommt ohne so ein Organ aus. Mit dem Fashion Council Germany (FCG) hat seit 2015 auch Deutschland eine Interessenvertretung für die Mode. Aber was macht die eigentlich?
Gleich rechts vom Zoopalast, vorbei am Steakgrillrestaurant mit seiner sonnenbeschirmten Terrasse, führt eine breite Betontreppe auf das Dach der Concept-Mall Bikini Berlin. Sehr belebt ist es nicht am Montagnachmittag, aber ein paar Touristen beobachten bei einem Cappuccino das Affengehege, auf das man von dort aus blickt. Wendet man den Blick nach rechts, erspäht man das neue Zuhause des Fashion Council Germany. Ein Schild vor der Tür weist auf den Showroom hin, der aber aktuell leer ist. Der letzte Pop-Up Shop, bei dem Kauflustige Mode deutscher Designer erwerben konnten, fand dort im Juni statt. Aktionen wie diese sollen die Namen junger deutscher Modelabel bei den Konsumenten bekannter machen.
Dass die deutschen Jungdesigner so schlecht Fuß fassen liegt nämlich, so ist man sich in der Branche einig, an der mangelnden Begeisterung der hiesigen Konsumenten für heimisches Design. „Wenn man etwas Gutes zu essen kaufen will, geht man auf den Wochenmarkt oder in den Bio-Supermarkt, wo man regionale Produkte bekommt. Leider hat sich das Bewusstsein in der Mode noch nicht so durchgesetzt“, sagt Scott Lipinski, Geschäftsführer des FCG. Wie man das ändern könne, dafür habe er keinen Masterplan, sagt er. „Das Problem haben wir erkannt. Andere Länder machen das anders, kaufen ganz stolz erst einmal ihre eigenen Designer.“ Das würde sich der Schotte auch von den Deutschen mehr wünschen. „Man darf aber dabei nicht vergessen, dass Adidas eine deutsche Marke ist, die zum Beispiel sehr gut in Deutschland gekauft wird. Ebenso Puma und Closed. Also, es geht ja. Aber bei jungen Designern muss erst noch etwas ins Rollen gebracht werden.“ Das versucht der FCG durch Pop-Up Shops, durch Press Days, durch den Austausch mit anderen Mode-Councils und durch seine Nachwuchsförderung. „Aber das sind nur erste Schritte“, sagt Scott Lipinski.
Der Fashion Council Germany wurde 2015 von den Brancheninsidern Christiane Arp, Marcus Kurz, Anita Tillmann, Claudia Hofmann, Marie-Louise Berg und Mandie Bienek gegründet, weil sie „mit Erschrecken dabei zusehen mussten, wie tolle junge Marken nach und nach verschwanden.“ Also habe man sich angesehen, wie das in anderen Ländern besser gemacht werde, erzählt Lipinski, und beschlossen, einen deutschen Mode-Rat nach internationalem Vorbild zu gründen. „In anderen Ländern ist es ganz normal, dass es einen Council gibt. Jeder hat eine etwas andere Ausrichtung. Was sie alle eint, ist aber, dass sie eine zentrale Anlaufstelle für junge Designer bilden, um an Kontakte ranzukommen, um nicht die gleichen Fehler zu machen, die andere schon gemacht haben, um sie bei ihrer Firmenentwicklung zu beraten.“ Über die Förderung des Nachwuchses hinaus sieht der FCG seine Aufgabe darin, den Modestandort Deutschland auch auf politischer Ebene zu fördern.
Strukturell ist der FCG ist wie ein klassischer Verein aufgebaut: „Es gibt ein Präsidium, dem Christiane Arp vorsteht. Das Präsidium hat repräsentative und beratende Funktion. „Wir haben das Präsidium mit John Cloppenburg und David Fischer, Inga Griese, Dirk Schönberger, Christina Oster-Daum und Sung-Joo Kim erweitert, um zu zeigen, dass wir die gesamte Modebranche abbilden“, sagt Scott Lipinski. Das Herz des FCG bilden aber, so sagt er, die Mitglieder: „Für die machen wir das alles.“
„Wir haben 2015 mit 11 Gründungsmitgliedern begonnen, im zweiten Jahr waren es 20 Mitglieder, heute sind es etwa hundert.“ Das schnelle Wachstum des kann man als Erfolg für den Fashion Council sehen. „Haben wir schon gewisse Dinge erreicht? Ja.“ Sagt Lipinski. „Sind wir schon am Ziel? Nein. Aber in der Kürze der Zeit mit den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, finde ich das absolut Bombe, was bisher passiert ist.“
Gerade in der Politik renne man mit dem Zusammenschluss und seinen Projekten offene Türen ein, sagt Scott Lipinski. Die Stadt Berlin hat schon lange erkannt, dass die Kreativwirtschaft ihr bestes Argument ist, wenn es darum geht, Stadtmarketing zu betreiben und Firmen sowie Arbeitskräfte zu locken. So besteht eine lange Zusammenarbeit mit dem Berliner Senat und dem Wirtschaftsministerium. Aber auch mit dem Auswärtigen Amt und der Deutschen Botschaft in London hat der FCG schon kooperiert. So bringt man deutsches Design ins Ausland, wo dann Einkäufer und Agenturen auf die Labels aufmerksam werden können. „Zwei international erfolgreiche Vertriebsagenturen sind dort auf zwei Labels und zugegangen und wollen sie unbedingt in ihr Portfolio aufnehmen, sie hatten sich sozusagen schockverliebt.“
Ein neues Program, das von der EU initiiert wurde, nennt sich ‚United Fashion‘. Auch daran ist der FCG beteiligt. Deutschland soll zweimal Gastgeber der Event-Reihe sein - die anderen sind Belgien, Frankreich, Lettland, Mazedonien, Portugal und Großbritannien. So sind jeweils Formate geplant, zu denen die teilnehmenden Designer eingeladen werden, unter anderem waren sie vergangene Woche auf der Modemesse Premium vertreten. Die Designer können auch an Workshops zu den jeweiligen Ländern teilnehmen: Wie ist die Vertriebsstruktur, wie die Presselandschaft in dem Land aufgebaut? „Es ist also so gedacht, dass die Designer in den anderen Ländern Fuß fassen können. Und dass die internationalen Jungdesigner hierher kommen, ist wieder interessant für die Einzelhändler, die Mitglieder bei uns sind.“
Neben den Partnern aus der Politik hat man auch potente Unterstützung aus Schweden von H&M bekommen. Das Unternehmen hält gemeinsam mit der Modeinstitution ein Fellowship-Programm ab, das Jungdesigner fördert und ihnen helfen will, ihre „Visibilität auf nationaler Ebene weiter zu erhöhen“, wie es auf der Website des Councils heißt. Aber was hat ein schwedisches Unternehmen davon, deutsche Designer zu unterstützen? „Das habe ich mich auch gefragt, als ich hier anfing“, sagt Lipinski. „Dann bin ich dahintergestiegen, „dass es ist eine grundsätzliche strategische Entscheidung des Konzerns Nachwuchs zu fördern“, sagt Lipinski. „Es ist Standortpflege.“
Und auch Mercedes-Benz ist „Partner der 0,5ten Stunde“, wie Lipinski sagt. So präsentiert der FCG in der Halle am Berghain einmal im Jahr Designer, in Zusammenarbeit mit Mercedes Benz und einem anderen Fashion Council. Zuletzt kollaborierte man im Januar mit dem italienischen. „Wir laden Designer aus dem jeweiligen Land nach Deutschland ein, stellen aber auch deutsche Designer im Ausland vor, in diesem Jahr Benu Berlin. Sie wurde im Gegenzug von den Italienern eingeladen, ihre Kollektion in Mailand vorzustellen.“
Zur Fashion Week vergangene Woche hat der FCG zudem internationale Gäste eingeladen, darunter Einkäufer von Matchesfashion, Net-a-Porter oder Joyce aus Hong Kong, die, so hofft man, deutsche Designerkollektionen in ihr Sortiment aufnehmen und auch internationale Presse, die im Ausland berichten soll. Außerdem fand ein ‚Fireside Dinner Chat‘ mit Laurèl statt, bei dem sich die Branche traf und austauschte. Der bisher wohl größte Erfolg dürfte der Empfang im Bundeskanzleramt gewesen sein. Dorothee Bär, Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung und Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin, empfing am Freitag, 6. Juli die Gesandten der deutschen Mode. Ein Zeichen, dass die Arbeit des Fashion Council bereits erste Früchte trägt.
Zu guter letzt holt der FCG Designer, die Deutschland einst den Rücken kehrten, weil Erfolg nur auf internationaler Bühne möglich schien, für eine Modenschau zurück nach Berlin. „Durch Namen wie Damir Doma und Lutz Huelle stärken wir den Standort Berlin. So kommen Einkäufer in die Stadt, die sonst nicht kommen würden. Wir zeigen einen anderen Aspekt von deutscher Mode.“ Bei einer einmaligen Sache bliebe es dabei nicht, Folgeprojekte stünden an. „Damir Doma war bei den Press Days dabei und er war mit in London. Es besteht eine Verbundenheit, die über eine einmalige Zusammenarbeit hinaus geht.“ Die Frage, ob es ein Ziel des FCG sei, solche großen Namen permanent nach Berlin zurück zu holen, beantwortet Lipinski klar positiv: „Das wäre natürlich toll. Solange wir alle anpacken, zusammenhalten und das Schiff in die richtige Richtung lenken, wird das nach und nach auch so geschehen.“
Fotos Titelbild: Scott Lipinski (FCG), Mandie Bienek (FCG), Marie-Louise Berg (FCG), Bundeskanzlerin Angela Merkel, Christiane Arp (FCG), Claudia Hofman (FCG), Anita Tillmann (Premium & FCG), Staatsministerin Dorothee Bär, Markus Kurz (Nowadays, FCG) beim Besuch im Bundeskanzleramt. 2. Bild: FCG Showroom im Bikini Berlin, 3. Bild: Show von Lutz Huelle in der Halle am Berghain.