Was Sie schon immer über Denim wissen wollten
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Denim ist ein Rätsel und eine Offenbarung gleichermaßen. Es gibt keinen Stoff, der so spielend Widersprüchliches in sich vereint, der so historisch geprägt ist und dennoch zum Synonym der Moderne wurde. Was macht den Stoff aus? Was genau ist Denim, wie entstand die Jeans, und wie ist die Legende um beides entstanden? Wir sagen Ihnen, was Sie über Denim wissen müssen.
Die Geschichte des Denims
Die Geschichte der Jeans ist untrennbar mit dem Material Denim verwoben. Angefangen hat alles vor über 150 Jahren. Denn 1850 wanderte niemand geringeres als Levi Strauss von Bayern nach San Francisco aus und hatte einige Ballen Segeltuch dabei. Daraus ließ er zunächst Zelte und Planen herstellen, erkannte aber bald den Bedarf an strapazierfähigen Arbeitshosen für die wachsende Zunft der Goldgräber. So entwickelte er gemeinsam mit dem Schneider Jacob Davis Latzhosen mit aufgesetzten Taschen und doppelten Nähten. Noch vor 1870 gründete er eine Hosenmanufaktur und suchte bald nach einem Ersatz für sein Segeltuch. Seine Wahl fiel auf einen noch robusteren Baumwollstoff mit einer sogenannten Köper- oder auch Sergebindung. Dieser Serge kam aus Frankreich, genauer gesagt aus Nîmes. Und aus genau diesem „Serge de Nîmes“ wurde in der Umgangssprache „de-nim“, also Denim.
Wieso heißt die Denim-Hose eigentlich Jeans?
Darüber gibt es verschiedene Theorien. Die wohl am meisten verbreitete hat wieder etwas mit einem Ort zu tun, diesmal mit Genua in Italien. Die Hafenstadt stattete ihre Marinesoldaten mit robusten Hosen aus, die offenbar so gut waren, dass nach ihnen alle derartigen Hosen genannt wurden. Mit etwas Phantasie kann man aus dem italienischen Wort Genova das Wort Jeans heraushören. Andere sagen wiederum, es sei der robuste Stoff gewesen, den die Stadt in großen Mengen nach England exportierte, in der im englischsprachigen Raum dann „Jean“ genannt wurde.
Hat Levi Strauss wirklich die Jeans erfunden?
Ja. Er hat die Hose aus Denim zwar nicht wirklich erfunden – denn aus dem Stoff nähten natürlich auch andere schon lange vor ihm Hosen, aber er meldete 1873 ein Patent darauf an. Darin wurde patentiert, was bis heute fester Bestandteil jeder klassischen Jeans ist: mit Kupfernieten verstärkte Taschen, Gürtelschlaufen, äußere Doppelkappnaht und Hinterhosensattel. Der Name Jeans stammt, wie oben beschrieben, jedoch nicht von ihm. Seine Hosen nannte man damals „Waist Overalls“, „Riveted Pants“, also Nietenhosen, oder einfach Denims. Erst in den 1960er Jahren nannte Levi’s seine Hosen Jeans und markierte damit eine signifikante Wendung vom Arbeits-Overall hin zum Lifestyleprodukt. Die Patentanmeldung war übrigens im Nachhinein ganz wesentlich für die Entwicklung der Marke Levi’s: Mit dem Patent war die Hose auf bestimmte Merkmale festgelegt, an denen akribisch festgehalten wurde. Nur so konnte überhaupt über Jahre hinweg eine bestimmte Art von Hose mit dem Namen der Firma verschmelzen. Die Marke wurde so zu einem Referenzprodukt, auf das sich alle weiteren Hosen dieser Art bezogen.
Wieso ist die Jeans immer Blau?
Ursprünglich ist sie gar nicht immer Blau gewesen. Am Anfang war sie z.B. auch Braun und sogar gemustert. Aber bald wechselte Levi Strauss die Farbe auf Blau und verwendete dafür den Naturfarbstoff Indigo.
Was ist das besondere an Indigo?
Indigo ist ein Naturfarbstoff, der nicht in die Baumwollfaser eindringt, sondern die Faser nur umhüllt. Das ist entscheidend für all die echten und künstlich herbeigeführten Used-Effekte. Denn die Farbe verschwindet durch Reibung, das heißt, an besonders beanspruchten Stellen wie Knie und Gesäß wird die Farbe abgescheuert und legt den weißen Kern des Baumwollfadens frei. Typisch für Denim ist außerdem nicht nur die Farbe Blau, auch die Webart: Gefärbt wurden nur die Kettfäden, die bei der Köperbindung auf der Stoffoberseite liegen. Die Schussfäden blieben hingegen weiß und sind vor allem auf der Stoffrückseite zu sehen. In Deutschland und Frankreich war Indigo übrigens lange verboten, weil man den heimischen blauen Waid-Farbstoff schützen wollte. 1878 hat der deutsche Chemiker Adolf von Bayer eine Methode erfunden, wie man Indigo künstlich herstellen kann.
Was ist ein Patch, was ein Tab?
Zuerst war das Patch, nämlich das Lederetikett am hinteren Bund, auf dem Größe, Modell und Firmenname eingeprägt waren. Es ist 1886 zum festen Bestandteil der Levi’s Jeans geworden. Das Tab, also das kleine rote Etikett an der rechten, hinteren Gesäßtasche kam hingegen erst 1936 auf. Es wurde eingeführt, um die Levi’s Hosen optisch besser von der wachsenden Konkurrenz zu unterscheiden. 1939 wurde das Red Tab zum geschützten Markenzeichen von Levi’s.
Was ist Selvage Denim?
Wer sich mit Denim beschäftigt, wird früher oder später über das Wort Selvage stolpern. Damit sind Jeans gemeint, die an den Webkanten einen roten Faden eingewebt haben. Ursprünglich waren die Webstühle früher viel schmaler, nämlich nur 75 cm breit. Beim Zuschneiden der Jeans wurde deshalb die Webkante nicht abgeschnitten, sondern sie wurde an die Außennähte der Hosenbeine gelegt. Beim Umschlagen der Säume kam so die Webekante wieder zum Vorschein. Heutige Webstühle weben allerdings einen 150 cm breiten Denim. Um an die historische Jeans anzuschließen, bieten viele Hersteller dennoch rote Webkanten an. Übrigens ist die rote Webkante auch ein Markenzeichen von Levi’s gewesen. Andere große Denimbrands wie Lee und Wrangler hatten andere Farben: Die Webkante von Lee hatte einen gelben Faden, bei Wrangler war es grün.
Warum wurde die Jeans so berühmt?
Die Jeans wurde zum Symbol des Nonkonformismus, als amerikanische Jugendliche in den 1950er Jahren begannen, die damaligen Arbeitshosen zu ihrer Alltagskleidung zu machen. Vor allem an Frauen provozierten die männlich geprägten Goldgräber- und Cowboy-Hosen. Frauen wie Marylin Monroe erregten großes Aufsehen damit. Dieser Revolutionsgeist, mit dem die Verbreitung der Jeans als Alltagskleidung eng in Verbindung steht, ist bis heute spürbar. Noch immer gelten vielerorts Jeans als nicht bürotauglich und unpassend zu festlichen Anlässen.
Foto: Levi’s Made & Crafted