Wie das Textilinnovationsunternehmen Byborre den Designprozess verändern will

Das niederländische Textilinnovationsunternehmen Byborre hat sich der Förderung der Kreislaufwirtschaft für Textilien verschrieben. In einer Investitionsrunde in diesem Jahr hat das Unternehmen fast 17 Millionen Euro erhalten. Mit der Kapitalspritze will der Textildesigner Borre Akkersdijk international expandieren und weiter in Automatisierung, Materialforschung und Datenanalyse investieren, um die Lieferkette effizienter, produktiver und transparenter zu machen. Akkersdijk erklärt FashionUnited, was genau Byborre zu bieten hat.

Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich komme aus der Welt des Designs. Ich habe mich schon immer sehr für alles am und um den Körper herum interessiert, also auch Textilien. Wir denken kaum darüber nach, aber es ist ein alltägliches Produkt, mit dem wir von Geburt an jeden Tag in Kontakt kommen. Es gibt wahrscheinlich nichts, was wir mehr benutzen als Textilien und ich fand es verrückt, dass wir als Hersteller:innen und Designer:innen keine Kontrolle hatten und keine Entscheidungen über die Herstellung von Textilien treffen konnten. Als Designer:in musste man einfach aus dem auswählen, was einem angeboten wurde. Das muss sich ändern.

2015 lernte ich Arnoud Haverlag kennen, der sein Wissen aus der Welt der Technik mitbrachte. Wir kombinierten sein Wissen mit meinem über Textilien – von Garnen bis zu Strickmaschinen – und begannen unsere Mission, den Textildesign- und Produktionsprozess zu digitalisieren. Denn mit der Digitalisierung können Sie alles kontrollieren, um – in diesem Fall – Textilien herzustellen. Dann geht es darum, eine Farbe zu wählen, die optisch gemischt ist, grafische Muster zu stricken und aus verantwortungsvollen Materialien zu wählen. Letztendlich haben wir dafür ein Programm entwickelt, das wir eigentlich immer selbst benutzt haben: Byborre Create. Wir stellten fest, dass immer mehr Marken begannen, das Tool zu nutzen, wodurch auch eine Nachfrage nach fertigen Textilien entstand.

Indem wir Byborre um den Bereich Textilien erweitern, werden wir den Bedürfnissen der Designteams noch besser gerecht. Unsere Textilien werden mit einem Textilpass geliefert, der Informationen über die Herkunft der Materialien und die eingesparten Emissionen enthält. Er nennt auch den Anteil an recycelten Materialien und den Wasserverbrauch. Wir wollen alles so transparent wie möglich machen.

Wie funktioniert die Herstellung von Textilien?

Es ist ganz einfach: Menschen, die mit Photoshop und Illustrator zurechtkommen, können bei uns Textilien herstellen. Das fängt schon beim Softwareprogramm an: Dort findet man eine Reihe von Textilpaketen, aus denen man wählen kann. Wenn man angibt, welche Art von Produkt man erstellen möchte, werden einige Optionen angezeigt. Die Designer:innen können aus einer Reihe von Rohstoffen wählen, die von recycelten und mikroplastikfreien Garnen bis hin zu Naturfasern wie Merinowolle oder Bio-Baumwolle reichen. Als Nächstes ist es an der Zeit, mit dem Design zu beginnen. Dies geschieht in Byborre Create [das Textildesign-Tool, Anm. d. Red.] und ist in Byborre Textiles [die Textilbibliothek, Anm. d. Red.] nicht möglich. Nach dem Entwerfen ist es an der Zeit, zu produzieren. Nachdem der Entwurf bei uns eingereicht wurde, wird das Muster in unserem Stricklabor hergestellt. Innerhalb von zwei Wochen wird das Design fertiggestellt und zugesandt. Wenn die Kund:innen mit dem Muster zufrieden sind, können sie eine Bestellung mit einer geringen Mindestbestellmenge aufgeben. Bei Create werden die Muster als Meterware verkauft. Die Produktion beginnt bei vierhundert Metern für ein individuelles Design. Bei Textiles kann man schon ab Dutzenden von Metern bestellen.

Byborre ist nicht nur in der Modebranche tätig. Wo sonst?

Stimmt. Byborre ist auch in der Innenausstattungsbranche tätig, wo wir unter anderem Sofapolsterungen herstellen. Wir sind auch in der Automobilindustrie tätig und arbeiten zum Beispiel mit BWM zusammen. In der Modewelt arbeiten wir mit High-End-Marken wie Alexander McQueen und Palace Skateboards, aber auch mit jungen Talenten und aufstrebenden Marken.

Wir arbeiten mit allen Branchen zusammen, die Textilien verwenden, um die Verwendung von Textilien transparenter zu machen und weniger, aber bessere Produkte herzustellen. Derzeit arbeiten über tausend Designer:innen auf unserer Plattform, darunter mehr als dreihundert Marken.

Was genau haben Sie mit der Kapitalspritze vor?

Zunächst einmal wollen wir international in Schlüsselmärkten wie Italien, Skandinavien und den Vereinigten Staaten wachsen, um die Position von Byborre zu stärken. In diesen Ländern wird viel produziert, und das bedeutet, dass es dort viele einflussreiche Marken gibt. Es gibt dort also etwas zu bewirken. Wir werden unsere Präsenz hier verstärken, indem wir lokale Teams aufbauen und in die Produktionskette investieren, damit sie pro Region so gut wie möglich vernetzt ist. Früher haben wir in Japan investiert, da es für viele Designer:innen eine Quelle der Inspiration war. Dort lag der Schwerpunkt auf Byborre Editions, das als Showcase diente. Dadurch kamen viele erste Kooperationen zustande und wir haben im Laufe der Jahre eine große Markenbekanntheit geschaffen.

Der nächste Schritt besteht darin, das Softwareprogramm noch zugänglicher zu machen. Byborre Create wird noch weiter ausgebaut, damit die Designschaffenden noch kreativer werden können. Und bei Byborre Textiles streben wir eine breitere Textilkollektion an, die transparent und sofort zugänglich ist.

Was bedeutet dieser Wachstumsschritt für Byborre?

Eine Investition ist ein Wachstumsschritt, der es einem Unternehmen ermöglicht, Innovation voranzutreiben. Innovation kostet Geld. Wenn Sie dabei ein gewisses Tempo beibehalten wollen, sind solche Schritte notwendig. Ich denke, wir wissen, wo unsere Markenwerte liegen. Wir haben einen Punkt erreicht, an dem wir bei der Entwicklung von Textilien den altern Standard zu ersetzen. Damit haben wir einen positiven Einfluss. Es kommt nicht oft vor, dass Sie ein Schwungrad finden, für das gilt: je größer, desto besser. Denn je mehr Textilien wir verkaufen, desto mehr positiven Impact haben wir. Ich denke, Byborre hat die Möglichkeit, der Branche zu helfen, und wir werden das vielleicht noch lange tun.

Dieser Artikel wurde auf FashionUnited.nl veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ