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Wie die Cool-Kids die Berliner Modewoche retten könnten

Von Ole Spötter

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Mode |KOMMENTAR

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! Statt zum DFB-Pokal-Finale könnte es sich in Zukunft wieder lohnen für die Modewoche in die deutsche Hauptstadt zu reisen. Nach dem ersten Schock, dass die Messen sich nach Frankfurt verabschieden, scheint sich die Berlin Fashion Week wieder gefasst zu haben.

Der Abgang der Fachmessen Premium und Neonyt könnte zwar für Berlin bedeuten, dass die Fachbesucher der Messen keinen Grund mehr dafür haben zur Berliner Modewoche zu kommen, aber wie Detlef Braun, Geschäftsführer Messe Frankfurt, während der Pressekonferenz zur Frankfurt Fashion Week schon sagte: „Alte Wege öffnen keine neuen Türen.” Der Spruch ist nicht nur für die hessische Modewoche passend, sondern auch für das ‘Berliner Original’.

Schon länger war die Berlin Fashion Week auf einem Abstellgleis, dass nur von der deutschen Modeszene befahren wurde. Die Messen gaben den Ton an und die Modewoche fand parallel zur Herbst/Winter-Ausgabe der Pariser Männer-Modewoche und zur Pariser Haute Couture Week Anfang Juli statt. In diesen sauren Apfel muss Berlin im Januar – trotz abgesagter Messen – noch einmal beißen, bevor die Modewoche sich in den internationalen Kalender einreihen kann und so eine Chance hat Publikum anzuziehen, das sonst vor dem Eiffelturm statt dem Brandenburger Tor steht.

„Vergleichbar mit der Mailänder Fashion Week und den Messen in Florenz, die zu unterschiedlichen Terminen an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Zielgruppen stattfinden, kann sich Berlin künftig nach dem internationalen Schauenkalender richten“, sagte Ramona Pop, die Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe.

Techno-Hauptstadt Berlin und die Next Generation der Mode

Damit Berlin aber nicht die gleiche Influencer-Parade wie bisher bleibt – nur ohne Messen – fährt die lokale Kreativszene richtig auf. Statt den Urgesteinen ist die Next Generation nun ganz vorne mit dabei.

Das urbane und bei den Hypekids international bekannte Modemagazin Highsnobiety veranstaltet unter dem Namen ‘Berlin, Berlin’ ein digital-first Format, in dem Mode auf Musik, Kunst und Design trifft. Was ein Glück, dass das von David Fischer und Jürgen Hopfgartner geführte Magazin seine Wurzeln in Berlin hat.

Die Stadt Berlin und ihre Modeszene stehe gemeinsam für eine anderswo selten erreichte Vielfalt und Entfaltungsmöglichkeit, heißt es in der Ankündigung der Berlin Fashion Week. Dieses Berliner Format ist nicht das erste Fashion Week-Event von Highsnobiety. Bereits Ende Juni wurde mit „Not in Paris“ eine Online-Ausstellung kuratiert, die als Reaktion auf die abgesagte Paris Fashion Week veranstaltet wurde.

Das zweite Konzept, das zwar nicht zum ersten Mal stattfindet, aber erstmals parallel zur Modewoche, ist das Reference Festival, wird von Reference Studios organisiert. Für das erste Festival 2019 holte die PR-Agentur unter anderem Brands wie Alyx – die Brand des Givenchy-Designers Matthew Williams –, die Accessoire-Brand Gentle Monster und das Berliner Magazin und Modelabel 032c zu der Veranstaltung und kreierte mit verschiedenen Präsentationen und Installationen das, was ein internationales Publikum von Berlin erwartet, wenn es an die Techno-Hauptstadt denkt: Ein wilder Mix aus Kunst, Musik und Mode, der globales Interesse weckt.

„Diese beiden neu hinzukommenden Programme schlagen die Brücke zwischen zeitgenössischer Mode und verschiedenen Kreativgenres und sorgen mit hybriden wie digitalen Formen für hohe mediale Sichtbarkeit”, heißt es in der Mitteilung der Berlin Fashion Week.

Berlin kürt sich bereits als “European Capital of Creative Industries”

Es scheint vielmehr nach dem einzigen Strohhalm, den Berlin greifen kann, um nicht im Schatten der internationalen Modeindustrie zu versauern. Während die Berlin Fashion Week sich schon als European Capital of Creative Industries kürt, scheint der Weg dahin noch lang zu sein.

Außerdem stellt sich die Frage, ob der Teil der Berliner Modewoche – der sich nicht wirklich erneuert hat – das internationale Publikum erreicht oder es bei der lokalen Influencer-Runde bleibt.

Denn mit dem “neuen” hybriden Konzept der Mercedes Benz Fashion Week holt Berlin – nach diesem Jahr der digitalen Fashion Weeks – auch niemanden wirklich hinter dem Kamin hervor. So gibt es statt Modenschauen einen weiteren Showcase, mit Bühnen und Setdesign im Kraftwerk, wodurch mit den beiden jungen Formaten keine wirkliche Abwechslung entsteht.

Foto: MBFWB/Nowadays

Fairerweise müssen die schwierigen Rahmenbedingungen durch die anhaltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie berücksichtigt werden, die es nicht ermöglichen eine Modewoche mit gut gefüllten Modenschauen zu veranstalten.

Auch Berlins größtes Steckenpferd – die exzessiven Partys – wird im Januar nach diesem Corona-Jahr nicht aus dem Stall kommen können und dadurch stellt sich die Frage: Ist es dann überhaupt eine Berlin Fashion Week? Für die Zukunft könnte dies aber ein guter Joker sein, den Berlin gegenüber seinen internationalen Kollegen in petto hat.

Berlin auf dem richtigen Weg

Berlins Versuch zur internationalen Talentschmiede zu werden, könnte ein spannender Ansatz sein, der bisher der experimentellen London Fashion Week zugesprochen wurde. Nachwuchsarbeit lohnt sich allerdings nur, wenn diese in Zukunft in der Champions League spielen und nicht in der Berliner Kreisliga kicken. Erste Verpflichtungen wie der „Grand Prix du Jury Première Vision“-Preisträger Tom Van Der Borght lassen aber eine gute Aufstellung erhoffen.

Der Weggang der Messen könnte einer der größten Chancen für Berlin sein. Das denkt vielleicht auch die Stadt Berlin, die sich ihr Spielzeug – dem jahrelange keine Beachtung geschenkt wurde – nicht von Frankfurt wegnehmen lassen will und pumpt alleine für 2021 3,5 Millionen Euro in die Modewoche. Eine Summe, die weit über die bisherigen jährlichen Investitionen hinausgeht. Es scheinen sich also gewissermaßen für Berlin alle Probleme zu lösen.

Jetzt heisst es nur für die nächsten Saisons durchhalten, weiter ausbauen und ja nicht in alte Muster verfallen. Nur so hat Berlin wirklich die Chance zur “European Capital of Creative Industries” zu werden.

Titelbild: Nick Leuze

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