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Wie die Modeillustration beliebter wird und nicht mehr mit der Fotografie konkurriert

Von Jackie Mallon

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Mode

Legends Only, Illustrator David Downton

Nach einer langen Zeit, in der sie eine Nebenrolle spielte, ist die Modeillustration wieder auf dem Vormarsch. Jahrzehntelang wurde die Illustration von der Fotografie von den Covern von Magazinen und von Werbeplakaten verdrängt. Letztere erfüllte die Bedürfnisse der Marketing- und Kommunikationsabteilungen der Marken einfach besser. Art Directors, Models und hochbezahlte Fotografen kreierten Editorials und die Konsument:innen kauften Magazine und Kleidung nach diesem Image.

Auch bei Modenschauen war die Modeillustration obsolet geworden. Wo einst Kenneth Paul Block von seinem Platz in der ersten Reihe aus die Kleider skizzierte, die auf den New Yorker Laufstegen zu sehen waren, fingen Fotografen jedes Detail mit ihren Linsen ein und verkauften die Bilder fast zeitlgleich an Bilderdienste. Die Sozialen Medien schließlich, entfernten auch noch diese Mittelsmänner und -frauen, die Besuchenden der Schauen veröffentlichten ihre Schnappschüsse einfach selbst.

Dadurch haben auch Printmedien an Bedeutung verloren. So gut wie jeder Mensch mit einem Smartphone, der zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, kann schöne Fotos von Streetstyles oder Models schießen. Mode-Illustrationen haben in den Sozialen Medien daher während der Pandemie stark an Popularität gewonnen – eine exquisite Mode-Illustration lässt sich nicht mit der neuesten Apple-Technologie oder Filtern erstellen. Außerdem müssen Modeillustratoren nicht mehr mit Fotografen konkurrieren. Beide Kunstformen haben ihre ganz eigene Berechtigung und können nebeneinander existieren. Die jüngsten Entwicklungen der Branche bestärken sie in diesem Wissen.

Illustratorin Gladys Perint Palmer

Nick Knight lädt aufgrund seiner Mission, die Grenzen der Online-Modekommunikation auszuloten, regelmäßig Modeillustratoren ein, die Laufstege für seine ShowStudio-Website zu interpretieren. Kürzlich projizierte Knight in Zusammenarbeit mit dem V Magazine die Kunstwerke von Illustratoren auf die Körper von Models, die Haute Couture-Kreationen von Schiaparelli und Viktor & Rolf trugen, und verband so die zwei- und dreidimensionalen Aspekte der Haute Couture harmonisch miteinander. Der Preis Fida (Fashion Illustration and Design Awards) hat gerade einen Wettbewerb abgeschlossen, bei dem führende Vertreter:innen der Branche eingeladen waren, die Kunstwerke der Fida-Mitglieder zu begutachten, die live die Londoner Kollektionen von Simone Rocha, Halpern und Molly Goddard skizzierten. Zu den Kritiker:innen gehörten die Biba-Gründerin Barbara Hulanicki OBE, der Illustrator Richard Haines und Expert:innen von international renommierten Modeschulen wie Parsons New York, Central Saint Martins in London, der Mumbai School of Fashion und dem Istituto Maragoni Florenz.

Das Live-Skizzieren kehrt zu den Laufstegen zurück

Jack Irving lud eine Handvoll Illustrator:innen zu seiner jüngsten Londoner Show ein, um die aufblasbaren theatralischen Kreationen festzuhalten, die den Designer zu einem Liebling von Lady Gaga gemacht haben, während anderswo in der Stadt eine Ausstellung der Modeillustratorin Gladys Perint Palmer die Teilnehmenden der Londoner Modewoche, darunter auch Suzy Menkes, von ihrem hektischen Laufstegkalender ablenkte. Während der Pariser Modewoche veranstaltete der britische Designer Giles Deacon in Zusammenarbeit mit dem Perfect Magazine einen Live-Zeichenkurs mit Models wie Bimini, dem Star aus Ru Paul's Drag Race, die Make-up von Pat McGrath und Kleidung von Richard Quinn trugen.

Influencer:innen und Redakteur:innen, die sich über Zeichenbretter beugten und ernsthaft Models skizzierten, die in einem Kunstsaal mit High Fashion posierten, ist kein alltäglicher Anblick auf Social Media. Deacon hat bereits Illustrations-Workshops für Marken wie Apple oder die Sarabande Foundation von Alexander McQueen geleitet.

Connie Gray, Mitbegründerin der Galerie Gray M.C.A. in London, die sich auf Modeillustration spezialisiert hat, sagte FashionUnited im Januar bei der Eröffnung ihrer Ausstellung mit dem Titel ‚Drawing on Style‘, die im Rahmen der Veranstaltung ‚Masters of Drawing‘ in New York stattfand: „Modeillustration war bis vor kurzem fast zweitklassig. Man hat ein wenig auf sie herabgesehen, weil es sich um illustrative Kunst handelte, um Auftragsarbeiten.“ Das Blatt scheint sich jedoch zu wenden.

Fendi Frühjahr/Sommer 2022 mit Kunst von Antonio Lopez
Diese Woche wird im Londoner Claridges Hotel die Ausstellung ‚Legends Only‘ eröffnet, die die Werke des vielleicht führenden Modeillustrators unserer Zeit, David Downton, der dort seit 2011 Artist in Residence ist, zeigt. Downton begann seine Karriere in der Modewelt als Backstage- und Front-of-House-Zeichner bei den Dior-Schauen von John Galliano. Letztes Jahr beschrieb Bil Donovan, ein weiterer Artist in Residence, in diesem Fall für Dior, gegenüber WWD die rätselhafte Anziehungskraft der Modeillustration: „Die Grenze zwischen Bildender Kunst und kommerzieller Illustration verschwimmt beinahe. Bei der Modeillustration, zumindest bei der Haute Couture, geht es nicht nur um den Verkauf eines Produkts, sondern um die Essenz des Produkts. Einige der Arbeiten sind so abstrakt.“

Als der Designer Kim Jones die Nachlassverwaltung von Antonio Lopez kontaktierte, um die Zeichnungen des verstorbenen Künstlers für seine Fendi-Frühjahrskollektion 2022 zu verwenden, die jetzt in den Geschäften erhältlich ist, wollte er nicht einfach nur Kunstwerke auf Kleidungsstücke applizieren, wie es bei der von Lopez inspirierten Kenzo-Kollektion 2017 der Fall war. Stattdessen hat Jones seine fließenden Pinselstriche und kühnen Duktus durch Intarsien, Jacquards und abstrakte Motive in die Kleidungsstücke eingearbeitet, so dass der Geist des Künstlers in das Design integriert wurde.

Die Londoner Illustratorin Sue Dray hat kürzlich in den Sozialen Medien eine Filmmontage ihrer zahlreichen Auftritte als Skizzenzeichnerin auf der Londoner Modewoche gepostet, eine einsame Gestalt hinter einer Staffelei – eingebettet in eine Wand von Fotografen. Die Gäste schienen von dem, was sie kreierte, genauso fasziniert zu sein wie von dem, was auf dem Laufsteg zu sehen war, was daran erinnert, dass Mode sowohl eine Kunst als auch ein Geschäft ist.

Eine Illustration, die in Echtzeit skizziert wird, erhält Wertigkeit, wenn man sie durch die moderne Linse der Slow Fashion und die wachsende Wertschätzung der Menschen für handwerkliche Produkte oder Handwerkskunst betrachtet. Eine Laufstegskizze, wenn auch schnell ausgeführt, ist das Gegenstück zu den rasant getakteten Produkt-Drops und den unter Hochdruck produzierten, generischen Werbebildern der Fast Fashion. Während die Klicks und Blitzlichter der einschüchternden Kameras bei Laufstegshows Gewohnheit geworden sind, ist es für die Gäste etwas ganz anderes, die menschliche Hand künstlerisch über die Seite Papier gleiten zu sehen.

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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