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Wie Einkäufer SS21 ordern: Gabriela Holscher-Di Marco, Ela Selected

Von Ole Spötter

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Mode |INTERVIEW

Hinter Ela Selected steht Gabriela Holscher-Di Marco, die ihren Kunden auch als Ela bekannt ist. Sie steht seit 43 Jahren für ihre persönliche Auswahl, die sich nicht an Trends oder Vorgaben hält. Auch im Buying geht sie in der Saison SS21 ihren eigenen Weg.

Auf dem graden Weg gelangen Kunden auch nicht zu ihrem Geschäft: So ist der Store nicht, wie es von Düsseldorf erwartet wird, nahe der Königsallee, sondern befindet sich auf einem ehemaligen Fabrikgelände im Stadtteil Unterbilk. Zu ihrem Sortiment zählen sowohl bekannte Namen, wie MM6 Maison Margiela oder Henrik Vibskov, als auch junge Designer, die sie seit Anfang an unterstützt und sich so etablieren konnten. Außerdem vertreibt sie ihre eigene Marke ‘Ela Selected’.

Ela Selected ist eine Institution der Düsseldorfer Modelandschaft, bereits die Hemden und Krawatten des Albumcovers „Die Mensch-Maschine“ der Krautrock-Band Kraftwerk aus dem Jahr 1978 stammten aus ihrem Geschäft. Auch wenn ihre Kinder sich wünschten, dass sie etwas kürzer tritt, ist Holscher-Di Marco noch voller Energie und sorgt höchstpersönlich dafür, dass ihre Kunden glücklich sind. Im Interview erzählt sie, wie selbst die Corona-Krise ihre Erfolgsgeschichte nicht aufhält und warum digitalisiertes Buying nichts für sie ist.

Was machen Sie, wenn Showrooms und Messen für SS21 nicht physisch stattfinden?

Das ist ja noch die Frage, die wir uns mit unseren Designern aus Italien, Schweden und Dänemark stellen. Es weiß noch niemand was passiert. Paris soll wahrscheinlich im Oktober stattfinden, dann wäre ich natürlich dabei. Düsseldorf wird wohl auch eine Messe machen, obwohl ich hier nicht so meine Designer habe ‒ vielleicht ein oder zwei. Dann gibt es noch ein paar Showrooms in der Kaiserswerther Straße, die Pop-up-Showrooms machen.

Außerdem wurde ich von Designern benachrichtigt ‒ sofern nichts anderes möglich ist, dass sie sich ‘back to the roots’ ins Auto setzten und ihre Kollektion bei mir im Haus zeigen. Das haben wir früher oft gemacht. Atelier Aura würde allerdings nie nach Düsseldorf kommen und hier einen Showroom machen, die zeigen in Paris oder ich muss zu denen nach Göteborg fahren.

Warum ist Ihnen dieser persönlicher Kontakt so wichtig?

Für mich ist es einfach wichtig, dass ich die Designer jede Saison treffe und die Menschlichkeit, die Kontakte, Haptik und Showroom-Atmosphäre spüre, sowie vom Designer höre was er sich bei der Kollektion gedacht hat. Ich bin nie danach gegangen, was sich am besten verkauft oder alle schon geordert haben - das interessiert mich überhaupt nicht, weil ich immer meine eigene Handschrift im Laden haben möchte und das hat sich auch bewährt, sonst wäre ich vielleicht auch gar nicht mehr da. Es ging bis jetzt immer weiter gut. Situationsunabhängig werde ich daher weiter im Avantgarde-Bereich arbeiten.

Unterscheidet sich die Art und Weise, wie Sie sich auf SS21 vorbereiten, von Ihrem üblichen Vorgehen?

Meine Vorbereitung beinhaltet auf jeden Fall keine digitalen Showrooms - dafür bin ich nicht zu haben. Termine machen per Facetime ist okay, aber ich kann auf diesem Weg keine Kollektionen ordern. Das geht vielleicht bei einem Store, der nicht vom Besitzer geführt ist oder der Einkäufer nicht drin steht. Dazu kommt noch, dass ich teilweise Designer führe, die sich gar keinen virtuellen Showroom leisten können, weil es viel zu teuer ist.

Was ist die Schwierigkeit beim digitalen Ordern?

Man kann den Stoff nicht sehen, es gibt viele unterschiedliche Strukturen und auch der Fall des Stoffes unterscheidet sich. Ich sehe es ja bei meiner eigenen Kollektion, wie diese auf einem Foto oder Video rüberkommt.

Manchmal ist es auch einfach dieses ‘come together’ mit den ganzen Kollegen, die man trifft ‒ abends noch in Paris etwas essen zu gehen und darüber zu reden. Joseph Beuys hat immer gesagt: “ein Gesamtkunstwerk” und für mich ist es das auch ‒ so sieht dann auch in der nächsten Saison der Laden aus. Ich kann das Konzept dann auch viel besser transportieren und dem Kunden sagen, was ich gefühlt habe.

Bleiben Sie dran: Miriam Anlauf, Buying Director bei Peek & Cloppenburg, Düsseldorf, spricht als nächstes in unserer Buyer-Interviewserie über digitales Odern und die Vorbereitungen für SS21.

Wann werden die Einkäufe für die SS21-Saison stattfinden?

Mir wurde gerade heute die Erinnerung angezeigt, dass wir jetzt in Paris wären und die Männerkollektionen von Atelier Aura über David’s Road bis Hannibal und Henrik Vibskov geordert hätten. Als ich mit den Designern telefoniert habe, zeigte sich, dass die auch gerade ein bisschen auf dem Schlauch stehen, da viele Kunden Corona-bedingt ihre Rechnungen noch nicht bezahlt haben. Letzte Woche habe ich mit Vibskov gesprochen, der seinen eigenen Laden in New York auch erst seit dem Tag wieder auf hatte.

Aber sonst müssen wir abwarten und schauen, wie es jetzt weitergeht. So wie ich das höre, geht es auch vielen anderen europäischen unabhängigen Stores so, dass sie noch etwas verhalten agieren. Man darf uns natürlich nicht mit einem Breuninger oder Mytheresa vergleichen, weil wir viel kleinere, individuelle Geschäfte sind.

Wir müssen uns mit den Designern arrangieren, aber ich bin da und ‘auf dem Sprung’, wenn etwas passiert. Ich bin jetzt echt gespannt, wie es weitergeht!

Welche Artikel haben sich in dieser Saison gut verkauft?

Was natürlich die ganze Zeit gut ging, sind die Sachen aus dem Sale. Ich selber mache gerade eine T-Shirt Kollektion mit dem Spruch “Fürchtet euch nicht”, die musste ich zweimal nachbestellen und auch meine Schmuckkollektion, mit meinen Lebensweisheiten, wurde gut nachgefragt. Da haben die Leute extra angerufen und Mails geschrieben, um sie zu bekommen.

Außerdem haben wir einen extra Raum, wo sonst das ganze Jahr mein Sale-Archiv von vergangenen Kollektionen drin ist, das haben wir jetzt verändert und bieten dort die Pre-Kollektionen an, da wir diese auch schon früher geordert haben. Auffällig ist dabei, dass die Leute jetzt schon Sachen für den Herbst kaufen,sie sind hungrig auf was Neues. Es ist ein bisschen wie nach der Wirtschaftskrise.

Die Kunden wirken etwas mutiger, tragen auch mal eine weitere Hose und lassen sich mehr von uns beraten. Die ganz enge Röhre würde ich jetzt nicht mehr ordern, habe aber auch immer was für jede Richtung dabei. Bei Hannibal zum Beispiel ordere ich immer Hosen mit einem tieferen Schritt und auch die schmal geschnittenen. Ich versuche immer den Kunden zufrieden zu stellen und habe das Richtige dabei.

Sind die Kunden experimentierfreudiger geworden?

Die Kunden lassen sich mehr verführen und probieren einfach mal mehr Sachen an, die sie sich sonst auch nicht trauen oder ausprobieren wollten. Aber das kannst du natürlich auch nur da, wo du selber bedienst oder Mitarbeiter hast, die das auch gerne machen. Das geht auch nur, wenn der Kunde das will und bereit dafür ist.

Welche Trends sehen Sie für SS21?

Die Sachen müssen ganz verrückt werden oder funktional. Materialien, mit denen ich weggehen, aber mich auch gut bewegen kann ‒ also leicht sportlich oder schrill und verrückt, aber nicht zu bunt. Ich würde mir wünschen, dass nächsten Sommer nicht wieder so viele Blümchenkleider dabei sind.

Durch Corona haben sich die Leute auch wieder angefangen mehr zu bewegen ‒ wenn ich ein Seidenkleid mit einer Sweatshirtjacke drüber trage, könnte man so auch auf eine Vernissage. Zusammengefasst: Alles ein bisschen ‘easier’ aber mit Pfiff!

Konnten Sie ihr Geschäft während des Lockdowns weiterführen und wenn ja, wie?

Vier Wochen hatten wir komplett zu und sind dann, mit verkürzten Arbeitszeiten, wieder gestartet. Teilweise haben aber auch Kunden angerufen, die meinten: “Ich habe die Jacke von Pal Offner noch vor der Schließung gesehen und ich hätte die so gerne.” Und dann haben wir Sachen verschickt und hatten die ganze Zeit immer irgendwas Passendes da. Bei speziellen Sachen habe ich auch Hilfestellungen gegeben, wie zum Beispiel bei einer Ayurvedahose ‒ da weiß ich, wie die gebunden wird und schicke dazu auch gerne ein Video rum. Die Leute sind viel lockerer geworden. Ich hatte nur eine Person, die mal ohne Maske unbedingt rein wollte, die ich dann freundlich darum gebeten habe wiederzukommen, wenn Corona vorbei ist.

Hat die Ladenschließung Ihren Umsatz stark beeinflußt?

Ich habe in der ganzen Zeit im Endeffekt die gleichen Umsätze gemacht wie im gleichen Monat letztes Jahr auch. Auch unsere Gutscheinaktion hat gut geklappt und einige wollten die auch gar nicht einlösen. Ich habe das Gefühl, ich habe es genau richtig gemacht.

Die Situation ist ein Wendepunkt: Alle müssen sich neu positionieren, egal ob Mode, Kultur oder Wirtschaft. Natürlich muss auch jeder weiter verkaufen, um überleben zu können. Wahrscheinlich werden es auch nicht alle überstehen, aber auf der anderen Seite ist es auch eine Chance zur Veränderung, mit mehr Engagement und mit dem eigenen Weg nicht “everybody’s darling” zu sein. Da muss halt auch einfach die Lust dahinter stehen in seinen Laden zu gehen ‒ da für mich Mode über ‘etwas anzuziehen’ hinausgeht.

Bei Ihnen gibt es ja nicht nur andere Designer sondern auch eine eigene Kollektion. Hat sich in diesem Zusammenhang etwas verändert?

Nein, ich habe zwar unheimlich viele Anfragen von anderen Läden, die meine Kollektion gerne hätten, allerdings arbeite ich nur mit Stores zusammen, bei denen ich auch den Besitzer persönlich kenne, denen ich bewusst meine Kollektion auf Kommission aushändige. Es ist einfach ein Herzensprojekt, das sich in meinem Laden gut verkauft.

Die Winterkollektion ist schon in Arbeit, aber für den Sommer bin ich mir noch nicht ganz sicher, dafür muss ich erstmal ein bisschen inspirierenden Urlaub machen. Ich will von meiner Richtung nicht abgehen: Keine Reißverschlüsse, keine Knöpfe und viel mit Schnürungen. Es wird alles in Düsseldorf produziert und ist ein faires Produkt. Meine Kollektion ist einfach ich und ich lasse mich davon nicht abhalten.

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Foto: Store by Ortrud Schröder, Portrait by Markus Bronold

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