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Wie geht es mit der Mode in New York nach der Pandemie weiter?

Von Jackie Mallon

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Mode|KOMMENTAR

Wieder einmal rüstet sich die Branche für eine digitale Modewoche, und viele machen sich Gedanken über die Prognosen für die New Yorker Mode und die Stadt selbst. Kann „Dress for Success“ noch das Mantra des Stadt sein, wenn die Pandemie besiegt sein wird? Die aalglatte, manikürte New Yorkerin, die auf Stöckelschuhen durch die gepflasterten Straßen von Soho zieht, ihr sleekes Haar um das Gesicht drapiert, mehrere mobile Geräte in die verschiedenen Taschen des neuesten Leder-It-Bag geschoben – sie ist verschwunden. Die Abwesenheit des Caroline Bessette-Kennedy-Typs, der diesem Lebensraum eigen war, ist spürbar.

Meine Friseurin hat keine Laufkundschaft mehr für ihr Blow Dry to-go Angebot. Birkenstocks, Crocs und Uggs erleben ein goldenes Zeitalter. Der in Ungnade gefallene Designer Alexander Wang, der ultimative Partyboy und Promi-Magnet, hat sich in seinem Haus im Norden des Landes verkrochen, nachdem er vor den Medien aus Manhattan geflohen ist, da sich die Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen ihn durch männliche Models und Trans-Personen häufen. Zu all dem kommt noch der lange Schatten der Geschehnisse aus Washington DC hinzu, und ein Gefühl der Demoralisierung macht sich breit. Morgens aufstehen und im Pyjama die Livestreams des CFDA-Awards anschauen gibt der Mode auf einmal einen ganz neuen Stellenwert.

Vielleicht verkörpert nichts diese Stilkrise besser als das schlecht aufgenommene Vogue-Cover vom Februar, das die neue Vizepräsidentin Kamala Harris zeigt, von dem Modekritikerin Robin Givhan in der Washington Post schreibt: „Was eine herrlich ablenkende, glänzende Feier eines bahnbrechenden Moments hätte sein sollen, ist ein Grund zur Enttäuschung geworden.“ Die erste weibliche Vizepräsidentin der Nation, die jamaikanischer und indischer Abstammung ist, steht vor einem zerknitterten Vorhang und sieht irgendwie fehl am Platz aus, scheinbar unvorbereitet, in den Converse Chuck Taylor Turnschuhen, die sie regelmäßig auf der Wahlkampftour trug.

Das Verschwinden des perfekt gestylten New Yorker „Professionals“

Vor der Pandemie kleideten sich die New Yorker erfolgsorientiert und beeindruckten mit ihrem perfektionierten Business-Stil. Nirgendwo sonst auf der Welt hatte man diesen minimalistischen Business-Look so drauf wie in der Stadt, die niemals schläft. New Yorker durchstreiften die Stadt auf der Suche nach den angesagtesten After-Show-Partys, exklusivsten Eröffnungen und ließen den Abend in der hippesten neuesten Flüsterbar ausklingen – diese heute eigentlich unnötigen Reminiszenzen an die Zeit der Prohibition, die dem geselligen Trinken dennoch eine geheimniskrämerische Note verliehen. Um sich zu diesen exklusiven Kreisen Zugang zu verschaffen, um einer dieser New Yorker zu sein, musste der Name auf Wartelisten, Gästelisten oder auf der Liste der Bestangezogenen auftauchen. Inzwischen hat New York, oder was davon übrig ist, sich auf Instagram- Filter und Zoom-Hintergründe eingeschossen.

Rooftop-Cocktail-Lounges mit Panoramablick auf die Skyline sind geschlossen. Manhattan ist eine zusammengewürfelte Landschaft aus eilig errichteten, mit Wärmelampen ausgestatteten Außengastronomien, die eine Reihe von pingeligen städtischen Vorschriften erfüllen müssen. Inspektoren mit ihren eigenen Interpretationen dieser Normen streifen durch die ehemals überfüllten Nachtlokale, ordnen an, dass die Barrikaden dicker und die Pflanzgefäße höher sein müssen, und verteilen Unterlassungsanordnungen. Besitzer von einst gut gehenden Restaurants, die Tausende von US-Dollar ausgegeben haben, um das Richtige zu tun, sind unsicher, wie lange sie noch durchhalten können. Die Straßen sind immer noch ohrenbetäubend ruhig für eine Stadt, deren Lärmpegel sonst so hoch lag – obwohl die ewigen Bauarbeiten weitergehen. Hoffentlich lässt die Stille uns alle herausfinden, was wir wirklich sagen wollen.

In der Zwischenzeit tragen die gut betuchten New Yorker Schuhe mit Gummi-, Kork- und Schaumstoffsohlen und gesteppte Daunenjacken. Sie tragen Jutetaschen für den Fall, dass sie einen Boxenstopp bei Trader Joes einlegen, keine Designer-Taschen. Sie planen tägliche Spaziergänge, aber überlassen das Essen und Trinken im Freien meist den jungen Millennials. Fast fragt man sich, warum urbane Skibekleidung kein Comeback hingelegt hat, wenn die Temperaturen um den Gefrierpunkt liegen und man sich draußen trifft. Man könnte sich vorstellen, man sei in einem alpinen Resort anstatt auf einer Fahrradspur in Astoria. Ich bin wirklich überrascht, dass es noch nicht zu „einer Sache“ geworden ist.

Die Gespräche, die man in New York führt, sind so banal geworden wie überall sonst: Wir reden über das Wetter. Früher hat es nie eine Rolle gespielt, wie das Wetter war, weil wir Ablenkung (und Taxen) hatten. Ob wir unter der unerbittlichen Augustsonne brieten oder uns gegen einen bösartigen Nordwind stemmten, New York sprühte vor Energie. Aber es gibt keine Energie im Homeoffice. Es war immer der menschliche Aspekt, der NYC zu seinem brillanten, innovativen, verrückten Selbst inspiriert hat. Er fehlt in diesen grauen Tagen.

Post-Pandemie-Prognose für die Stadt, die niemals schläft

Diese Woche wurde in den sozialen Medien bekannt, dass die beliebte Fernsehserie Sex and the City, ein Loblied auf den Big Apple und seine modischen Qualitäten, auf den Bildschirm zurückkehren wird, allerdings ohne eine der Hauptfiguren, Samantha Jones. Dass die forsche, sexy Chefin ihrer eigenen PR-Firma, gespielt von Kim Cattrall, fehlen wird, scheint seltsam passend. Auch die Stadt wird wieder auferstehen, aber es wird ein wesentliches Element des Reboots fehlen, nämlich das unverschämte Selbstvertrauen, das sich daraus ergibt, dass man den Ruf hat, niemals zu schlafen. Die Stadt kämpft damit, aus ihren Pyjamas herauszukommen.

„Vogue hat Harris ihrer Rosen beraubt“, schreibt Givhan in ihrer Kritik des Harris-Fotos weiter, „Nichts an dem Cover sagt 'Wow'.“ Das beschreibt so ziemlich alles in der Modestadt, die von Anna Wintour regiert wird. Es gibt keine Rosen, es gibt keinen "Wow"-Faktor mehr.

Aber die New Yorker sind geübt in der Kunst des Kompromisses, sie verstehen, dass alles eine Verhandlung ist, und sind an Extreme gewöhnt. Sie sind ein ungeduldiger Haufen, der es gewohnt ist, zu warten: auf die Beförderung, die perfekte Wohnung, den perfekten Partner. Aber wenn die Dinge mal ins Rollen kommen, bewegen sie sich schneller als irgendwo sonst. Wenn der Lockdown aufgehoben und Impfstoffe verteilt worden sind, wird sich ein enormes Bedürfnis breit machen, die verlorene Zeit aufzuholen. Und Veränderung ist etwas, das die New Yorker nicht fürchten.

Vielleicht trifft niemand den Charakter der Stadt besser als die mit Manolo bekleidete Kolumnistin, mit der mietkontrollierten Wohnung in einem der teuersten Viertel der Stadt, die vier US-Dollar pro Wort bei Vogue verdient, aber keine Ersparnisse hat, die ewige Optimistin Carrie Bradshaw. Also lassen wir ihr das letzte Wort: „Das ist ein weiterer Grund, warum ich New York liebe. Einfach so kann es von schlecht zu gut wenden."

Dies ist eine Übersetzung eines englischen Beitrags von Jackie Mallon. Jackie Mallon lehrt Mode in New York und ist die Autorin des Buches ‚Silk for the Feed Dogs’, ein Roman, der in der internationalen Modeindustrie spielt. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

Foto: FashinUnited

ALEXANDER WANG
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Kamala Harris
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