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Wie Reformation nachhaltige Kleidung für alle anbieten will

Von Vivian Hendriksz

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Mode |EXKLUSIVES INTERVIEW

Amsterdam - Während der Großteil der Modebranche weiterhin damit zu kämpfen hat, auf nachhaltige Mode umzustellen, hebt sich ein kleines Label aus Los Angeles von der Masse ab. Das Label Reformation hat seit der Eröffnung ihres ersten Pop-up-Ladens im Jahr 2009, als ihr Gründer Yael Aflalo zum ersten Mal Upcycled-Vintage-Kleidung verkaufte, stark an Popularität gewonnen. Seitdem hat sich Reformation zu einer globalen Marke entwickelt, die derzeit acht Geschäfte in den USA sowie eine internationale Website umfasst. Als die eine Modemarke, die das Fast-Fashion-Geschäftsmodell erfolgreich mit Nachhaltigkeit verbindet, hat sich Reformation das Ziel gesetzt, sexy nachhaltige Mode für allen zugänglich zu machen.

Um dies zu erreichen, muss die Marke jedoch noch wachsen. Deshalb hat Reformation kürzlich eine neue, besser zugängliche Bekleidungslinie namens Reformation Jeans eingeführt, die Basics wie Denim, T-Shirts und Strickwaren umfasst. Aber wie plant das Label, zu wachsen, ohne seine nachhaltigen Werte aufs Spiel zu setzen? Wie kann Reformation seine Lieferkette und Produktionsstätten sowohl in den USA als auch in Übersee ausbauen und auf Dauer profitabel bleiben? Muss Globalisierung heißen, dass die Nachhaltigkeit auf der Strecke bleibt? FashionUnited sprach mit Kathleen Talbot, Vice President Sustainability and Operations bei Reformation während auf dem Beyond Green Symposium, um die neuesten Fragen der Nachhaltigkeit in der Modebranche zu diskutieren und mehr über das Label und seine Strategie zu erfahren.

Reformation’s Mission Statement: Jedem Konsumenten nachhaltige Mode näher zu bringen

"Unsere größte Herausforderung ist es, mit dem gleichen Ethos und Engagement unser Vintage-Modell zu vergrößern und es so zu einem Unternehmen zu skalieren, das nachhaltige Mode für alle bringen kann", so Talbot. Keine einfache Aufgabe. Reformation ist jedoch gut aufgestellt wenn es um nachhaltige Produktion geht. Zum Beispiel setzt das Modelabel weiterhin auf Überschuss-Stoffe und Vintage-Kleidung, die 10% bzw. 5% seiner Kollektionen ausmachen. Bestimmte Materialien, wie beispielsweise reine Baumwolle, Wolle oder synthetische Materialien werden aus Gründen der Nachhaltigkeit nicht verwendet, da Reformation auf ein zirkuläres Modell ausgerichtet ist. Stattdessen werden Zellulosefasern wie Tencel, Viscose und Refibra verwendet, die eine längere Lebensdauer haben. Die Marke betreibt auch eine eigene kostenlose Recycling-Initiative für Bekleidung, bekannt als Refcycling. Dabei macht das Unternehmen transparent, wie sich die Produkte aus der RefScale-Technologie auf die Umwelt auswirken. Darüber hinaus betreibt Reformation die erste nachhaltige Näherei in Los Angeles, in der rund 500 Textilarbeiter beschäftigt sind. Da sie vertikal integriert ist, bietet sie der Marke ein höheres Maß an Kontrolle über Warenein- und Ausgänge der Fabrik, inklusive Abfall-, Wasser- und Chemikalienmanagement sowie Recycling

“Wir brauchen durchschnittlich 42 Tage, um ein Produkt auf den Markt zu bringen - vom Designkonzept bis zur Auslieferung in den Store“

Kathleen Talbot, VP Sustainability & Operations, Reformation

Obwohl Reformation die meisten seiner Produkte auf der Fabrik in L.A. produziert, suchte die Marke mit der Einführung von Reformation Jeans, seiner neuen, erschwinglicheren Linie, nach ausländischen Herstellern, um das neue Produktsortiment zu fertigen. Warum? Um sein Wachstum auf eine organische Weise aufrechtzuerhalten, während die Kosten niedrig gehalten werden und so sicherzustellen, dass die Produkte zugänglicher sind. Das Reformation-Team scherze, erzählt Talbot, dass man Elon Musks Geschäftsmodell für Tesla, welches auf dem First Principal Thinking aufgebaut ist, abgekupfert habe, um nachhaltige Mode günstiger und für die Masse verständlicher zu machen. „Einige unserer potenziellen Kunden können es sich nicht leisten, nachhaltige Mode zu kaufen. Wir wollen sie dennoch erreichen und ihnen ermöglichen, unsere Marke zu tragen", erklärt Talbot. „Unsere Reformation Jeans [Produkte] werden immer noch mit den gleichen Standards und mit den gleichen Prozessen hergestellt, die unsere Marke ausmachen. Das ist nur der Anfang - wir wollen die Kleidung erschwinglicher machen, was bedeutet, dass die Schere zwischen dem teuersten und dem günstigsten Produkt weiter auseinander gehen wird. Aber wir sind damit einverstanden, vor allem bei den Basics. "

Um jedoch sicherzustellen, dass die Marke agil bleibt und ihre Reaktionsfähigkeit nicht verliert, will das Unternehmen seine Produktion in Übersee auf grundlegende Produkte beschränken. Im Moment können einige von Reformation ins Leben gerufene Artikel nur über den Online-Shop erworben werden oder sind nur sechs Wochen lang verfügbar. Mit dem Start von Reformation Jeans will das Unternehmen eine permanente Kollektion aufbauen, die das ganze Jahr über verfügbar ist. „Wir wollen, dass unsere Kunden immer wieder zurückkommen, um Ihr Lieblings-T-Shirt oder eine Jeans zu kaufen. In gewisser Hinsicht ist das für die Marke neu und ermöglichet es uns, die längere Produktionsdauer in Übersee optimal auszunutzen. Obwohl Reformation gerade anfing, mehr Waren in Übersee zu produzieren, weist Talbot darauf hin, dass dies nur einen kleinen Prozentsatz der Kollektionen ausmacht. „Wir bauen die Produktion dort gerade auf und wollen sie künftig erweitern. Unser Hauptaugenmerk liegt nun darauf, wie wir bindende Richtlinien erstellen, die unsere unabänderlichen Werte schützen - etwas, wozu jeder unserer Partner sich verpflichten muss - und dann die richtigen Beziehungen mit den richtigen Partnern aufbauen, um das Wachstum zu fördern. Aber es ist wirklich schwer, Herstellungspartner zu finden, die die gleichen Werte vertreten wie wir oder bereit sind, dafür so viel zu tun wie wir verlangen.“

“Wir begannen mit den Grundwerten von nachhaltiger Fast-Fashion”

Kathleen Talbot, VP Sustainability & Operations, Reformation

„Unser größtes Problem war es, jemanden zu finden, der transparent genug und fähig ist, alle unsere Fragen zu beantworten und offen zu uns zu sein.“ Talbot erwähnt auch, dass Reformation einige Produzenten ablehnen musste, die zwar bereit waren, mit ihnen zusammen zu arbeiten, aber nicht in der Lage waren, ihre Produktionsstandards zu erfüllen. Nun fragen sich einige, warum eine Marke, die sich als lokaler, nachhaltiger Produzent einen Namen gemacht hat, nun doch im Ausland produziert. Für Talbot ist diese Entwicklung aber durchaus sinnvoll, da Reformation eine internationale Marke ist. „Über 20 Prozent unserer Kunden sind international. Wir sind eine globale Marke. Wir konzentrieren uns nicht so sehr auf "Made in America" ​​oder "Made in LA", sondern auf "Made Ethically", "Made Responsible“, obwohl sich nicht alle Kunden sich dessen bewusst sind“. Aufgrund der neuen Überseeproduktion erhält die Marke gelegentlich online Nachfragen von Kunden. Deshalb hat sie die gesamte Sprache auf ihrer Website angepasst, um deutlich zu machen, dass sie mit nachhaltigen Partnern in den USA und im Ausland zusammenarbeiten. "Wir haben das gemacht, weil wir glaubwürdig und transparent sein wollen“, so Talbot.

Die Zusammenarbeit mit ausländischen Fertigungspartnern ist jedoch nur der Anfang einer neuen Strategie, die es ermöglichen soll, allen Menschen nachhaltige Mode zu bieten. Im Moment prüft das Unternehmen Möglichkeiten, international zu expandieren. Geplant sind erste Filialen im Ausland bis Ende 2018 oder Anfang 2019 - sie sollen in Europas führenden Hauptstädten wie London und Paris eröffnen. Um diese Schlüsselmärkte besser zu bedienen, spielt die in L.A. ansässige Marke auch mit der Idee, mehr lokale Fabriken zu eröffnen, ähnlich wie in Los Angeles. „Eines der Modelle, mit denen wir gedanklich spielen, ist ein wenig träumerisch - aber wir würden gerne das eigentliche Fertigungs- und vertikale Integrationsmodell in Übersee nachbilden", sagt Talbot. „Wir fragen uns, wie es aussehen würde, eine Fabrik in Europa, eine Fabrik in Asien und Vertriebszentren so nachzubauen, wie wir es in LA haben. Diese Idee ist in unserem Fünfjahresplan verankert, damit wir mehr internationale Kunden erreichen können.

Sie müssen nicht lange suchen, um unsere Nachhaltigkeitsmission zu finden. Sie steht auf unserer Homepage und auf unseren Produktseiten "

Kathleen Talbot, VP Sustainability & Operations, Reformation

Sie ist sich darüber im Klaren, dass es sich dabei um ein ziemlich ehrgeiziges Ziel handelt. Dennoch ist sie der festen Überzeugung, dass das Modell der Zukunft für Reformation in dieser internationalen Expansion liegt, auch wenn sich die Arbeitskosten und die Fähigkeiten in anderen Märkten unterscheiden dürften. Reformation wurde auch von den Innovationen inspiriert, die in lokalen, automatisierten Fabriken von Sportbekleidungsmarken wie Adidas und Under Armour gezeigt wurden. Aber die Marke setzt weiterhin auf das menschlichen Element: „Wir haben immer noch echte Menschen, die unsere Produkte herstellen. Bei Bekleidung geht das nicht anders. Man muss also Regionen finden, wo es Leute mit den benötigten Fähigkeiten gibt und dorthin gehen. Zum Beispiel in Asien und einigen Teilen Europas, wie Portugal, Italien und der Türkei ", betont die Vizepräsidentin für Nachhaltigkeit. „Ich denke, der Grund, warum wir uns für dieses Modell entschieden haben, sind die Vorteile die es mit sich bringt. Mit unserer eigenen Fabrik in L.A. haben wir kein vorgegebenes Produktionsminimum, können Produkte schneller auf den Markt werfen und sind dem Konsumenten näher. Zwar ist diese Idee, wie Talbot gesteht, sicherlich nicht neu — Fast-Fashion-Player wie Zara arbeiten auf ähnliche Weise — sie bietet jedoch eine gewisse Kontrolle und Effizienz während der Expansionsphase.

Reformation will mit eigenen Geschäften und lokalen Fabriken global expandieren

„Eine Frage, die uns oft gestellt wird, ist die nach Männerkleidung", sagt Talbot. „Wir wollen allen Menschen nachhaltige Mode bringen, und im Moment machen wir nur Damenbekleidung. Aus diesem Grund möchte die Marke ihre Produktkategorien im Bereich Bekleidung erweitern und schließlich auch Herrenbekleidung sowie Accessoires und Schuhe bieten. Reformation erwägt auch, sich noch weiter zu entwickeln, um andere Produktkategorien wie Beauty-, Sport- und Haushaltswaren einzubeziehen, obwohl Talbot anmerkt, dass einige dieser Angebote von vertrauenswürdigen Drittparteien-Anbietern stammen können. Obwohl Talbot nicht in der Lage ist, einen Zeitplan zu nennen, ob und wann Reformation seine Produktkategorien erweitern will, ist es klar, dass die Marke bereit ist, alles zu tun, um zu wachsen und ganzheitlich ihr Ziel zu erreichen.

Dennoch stellt sich die Frage, ob die nachhaltige Marke nicht die eigenen Werte vernachlässigt wenn sie sich zu einem internationalen Player in der Fast Fashion Branche entwickeln will. Talbot hat allerdings keine Bedenken. „Ich denke, wir haben noch einen langen Weg vor uns, um uns über [Wachstum] im Hinblick auf nachhaltige Marken Gedanken zu machen. Wir stehen noch ganz am Anfang im Bezug auf unsere Reichweite und unseren Einfluss ", sagt sie. „Unsere Mission ist es, nachhaltige Mode für jeden anzubieten. Wir werden das nicht als eine einzige Marke tun. Ich fühle mich, als wären wir weit von dem Sättigungspunkt entfernt, wo wir das Gefühl haben, dass wir aufhören sollten, nachhaltigere Dinge zu machen. "

Fotos: Reformation

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