Wie Soziale Medien eine neue Ästhetik hervorbringen
Wird geladen...
Es gibt viel über soziale Medien zu sagen, und eines ist sicher: Dass sich in ihnen Trends leichter erkennen lassen. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die sozialen Medien die Demokratisierung der Mode vorantreiben, eine Entwicklung, die schon länger im Gange ist, aber in der Pandemie gipfelte, als sich fast alles auf unseren Bildschirmen abspielte. Dieser Zeitraum war entscheidend, da er den Zugang zu Ereignissen wie Modenschauen ermöglichte, die zu dieser Zeit kaum oder gar kein physisches Publikum haben durften. Plötzlich konnten alle, egal wo auf der Welt, an den gleichen Events teilnehmen – wie die ‚Insider‘. Es entstanden Lockdown-Trends wie kuschelige Loungewear, Zoom-Tops und Nap Dresses. Letztendlich waren es diese Trends, die etwas Wertvolles über die Zeit auszusagen hatten und zu einer noch stärkeren Demokratisierung der Mode beitrugen. Es ist wichtig zu verstehen, wie sich die Branche verändert hat und wie die sozialen Medien die aktuelle kulturelle Ästhetik beeinflussen.
Die Branche verändert sich
Jahrzehntelang funktionierte die Branche vorwiegend nach einem Top-Down-Modell mit Laufstegen und Celebritys als Hauptindikatoren für den nächsten großen Trend. Als Trendprognoseagentur war der kulturelle Zeitgeist schon immer eine Inspirationsquelle für unsere Zukunftsprognosen, und heute sind Influencer in den sozialen Medien ein unverzichtbarer Indikator für Ästhetik und Trends. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem das Geschäft mit den Trends zunehmend von unten nach oben an die Oberfläche blubbern. Mit dem Aufstieg der Influencer:innen in den sozialen Medien spielen sich diese beiden Ansätze gegenseitig aus. Die vorderen Reihen der Laufstege werden erweitert, um mehr von ihnen aufzunehmen (um bessere Fotos für die sozialen Medien zu bekommen), und sogar die berüchtigte exklusive MET-Gala hat ihre Türen für die TikTok-Berühmtheiten Emma Chamberlain und Addison Rae geöffnet. Die sozialen Medien haben neue Modekritiker:innen hervorgebracht, die die Grenzen zwischen Influencer:innen und Journalismus verwischen und sich vor allem auf die Generation Z konzentrieren.
Für die Modeindustrie ist es entscheidend, auf diese Hinweise in den sozialen Medien zu achten, ganz gleich, in welcher Rolle oder auf welchem Markt man tätig ist. Hier zeichnen sich Veränderungen bei den Konsumgewohnheiten zuerst ab, wie zum Beispiel der Siegeszug des Vintage- und Wiederverkaufsmarktes und neue Fast Fashion-Angebote.
Der Secondhand-Markt wurde durch Influencer:innen vorangetrieben, die ihre Beute auf TikTok und Instagram präsentierten. Das steigende Interesse an Vintage und Resale ist eine Folge dieses Lifestyles und der Jagd nach coolen Dingen. Das zu Etsy gehörende Depop, das zu 90 Prozent von der Gen Z genutzt wird, ist beliebt, weil es teils Marktplatz und teils soziales Medium ist, auf dem Nutzer:innen miteinander in Kontakt treten können.
Fast-Fashion-Unternehmen nutzen die sozialen Medien, um der Zeit voraus zu sein und bei der Generation Z relevant zu bleiben. Das chinesische Unternehmen Shein setzt Künstliche Intelligenz auf Social-Media-Kanälen ein, um zu bestimmen, welche Produkte es produzieren soll, und nutzt die On-Demand Herstellung, um die gefragtesten Modelle je nach Nachfrage zu drosseln oder hochzufahren. In ähnlicher Weise basiert das Geschäft von Edikted auf kuratierten Social-Media-Trends und ermutigt zu Vorbestellungen, um die Produktionsmenge zu bestimmen.
Es ist klar, dass die sozialen Medien nicht nur zu einer Gemeinschaft geworden sind, sondern auch zu einem Raum, in dem sowohl Kreative als auch Verbraucher:innen neue Produkte entdecken. Die soziale Komponente hat sicherlich die traditionellen Beziehungen zwischen Marken, Einzelhandel und den Verbraucher:innen in Frage gestellt, weshalb die Innovation in diesem Bereich weiter zunehmen wird. Bei Fashion Snoops wissen wir, wie sich die sozialen Medien effektiv nutzen lassen, um die wichtigsten Marken und Influencer:innen zu identifizieren. Unsere KI-Tracking-Tools ermöglichen es uns, Beiträge nach Markt und Produkt zu filtern und helfen uns, Trends auszumachen. Das ist ein notwendiger Wandel, der uns neue, aufregende Ästhetiken und Mikrotrends aufzeigt, die in unsere Makroprognosen einfließen.
Trends in den sozialen Medien
Was soziale Inhalte heute so wertvoll macht, ist die Tatsache, dass es sich dabei um Unterhaltung mit Informationen in Echtzeit handelt. Die geheime Zutat, die die Gen Z hinzufügt, macht sie unglaublich glaubwürdig und authentisch, besonders im Fall von TikTok. Die Geschwindigkeit, mit der Trends auftreten, ist schneller denn je, weil die sozialen Medien im Vergleich zu gedruckten Zeitschriften sofort verfügbar sind. Man muss jedoch auch bedenken, dass viele Trends Mikrotrends sind, die sich auf Makrobewegungen beziehen. Diese reichen über einige Monate hinaus und deuten auf Veränderungen hin, die wahrscheinlich schon im Gange waren, bevor ein bestimmtes Schlagwort aufkam.
Viele von uns erinnern sich wahrscheinlich an die Butt-Scrunch-Leggings von 2020, einer der ersten von vielen Social-Media-getriebenen Artikeln, oder das Slip-Kleid von Skims 2021. Aber wichtiger noch als die einzelnen Artikel, wird die Ästhetik die von der Generation Z mit cleveren Hashtags geprägt – wie #cottagecore,#darkacademia und kürzlich #barbiecore und #coastalgrandmother.
Letzteres hat derzeit über 176 Millionen Aufrufe, seit es auf TikTok von Lex Nicoleta im März dieses Jahres publiziert wurde. Das Interessante an dieser Sommerästhetik ist, dass sie nicht besonders neu ist: denken Sie an Diane Keaton in dem Film ‚Was das Herz begehrt‘ mit einer Strandgarderobe aus zeitlosen Leinenoberteilen und um den Hals gebundenen Pullovern. Es ist eher ein nachhaltiger Trend, der sich aus schichtweise angeordneten Kleidungsstücken zusammensetzt. Was dieser Ästhetik neues Leben eingehaucht hat, ist offen gesagt der Hashtag und die Funktionsweise von TikTok, bei der Bilder geteilt werden, so dass sich die Ästhetik rasant verbreitete. Und obwohl #coastalgrandmother vor März dieses Jahres vielleicht noch nicht auf einem Moodboard zu sehen war, können Einzelhandel und Marken in diesem Sommer dennoch davon profitieren, indem sie das Schlagwort bei Posts mit passenden Looks verwenden.
Es ist klar, dass die sozialen Medien die Art und Weise, wie wir Mode wahrnehmen, verändert haben. Neue Influencer:innen erschaffen einen Mehrwert und setzen sich mit neuen Gemeinschaften von Menschen auseinander. Egal, auf welcher Social-Media-Plattform, als Branche sind wir uns wohl alle einig, dass es von unschätzbarem Wert ist, die aktuelle kulturelle Ästhetik zu nutzen und mehr Menschen für Ihre Marke oder Ihr Geschäft zu gewinnen. Schließlich ist Sichtbarkeit etwas, das wir alle wollen, und die sozialen Medien bieten genau das.
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ