Work in Fashion: Was macht eigentlich ein 'Wardrobe Stylist'?
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Anita Krizanovic ist erfolgreiche Stylistin. Auf ihrer Website sieht man zahlreiche Fashion Shoots für Magazine wie Harper’s Bazaar, Elle oder Vogue, sie stylt TV-Shows, Influencer und Künstler. Daneben hat sie kürzlich ein neues Projekt lanciert: Fashion Illusion. Als Wardrobe Stylistin hilft sie ihren Kunden, Ordnung in ihren Kleiderschrank und damit in ihr Leben zu bekommen. Ihr Karriereweg zeigt außerdem, dass Erfolg nicht über einen möglichst geraden Lebenslauf definiert wird. FashionUnited sprach mit ihr über ihre Arbeit.
Wie bist du zu deinem Stylisten-Beruf gekommen?
Mit 16 Jahren habe ich als Aushilfe bei Buffalo Boots in Frankfurt gearbeitet und war in den fünf Jahren im Unternehmen nicht nur im Store, sondern auch auf Messen tätig. Das war mein erster Berührungspunkt mit der Modebranche. Danach ging es auch erst über Umwegen zum jetzigen Stylistenberuf. Ich habe nach dem Abitur eine Ausbildung zur Mode-PR-Beraterin gemacht - zu einer Zeit als noch Faxe von den Redaktionen geschickt wurden. Danach habe ich Marketing-Kommunikation in Köln studiert, in verschiedenen Unternehmen gearbeitet, unter anderem bei der Bread & Butter Berlin und mit Ende meiner Zwanziger habe ich dann endlich meinen Kindheitstraum wahrgemacht und Modedesign in Berlin studiert.
Während des Studiums war Styling ein Thema im Rahmen der eigenen Kollektionspräsentation; ich fing an mich mit Kollegen und Menschen aus der Branche zu vernetzen und abseits des Studiums bereits erste Produktionen zu realisieren. Während unseres Praxissemesters hatte ich die Möglichkeit, bei der ersten „X-Factor“ TV-Show zu arbeiten und das gab dann auch den Ausschlag für mich, diesen Beruf als meine Profession zu sehen und mich als Stylistin selbstständig zu machen.
Was muss man tun oder haben, um als Stylistin erfolgreich zu sein?
Spass an seinem Beruf ist wichtig, ebenso wie ein gutes Netzwerk. Die Kreativbranche ist stets im Wandel; gerade Social Media hat in den letzten Jahren viel verändert, da muss man sich weiterhin durchsetzen und am Ball bleiben. Das wichtigste ist, dabei sein Vertrauen in sich selbst nie zu verlieren und das schönste Feedback sind zufriedene Kunden. Das zeichnet am Ende den Erfolg am meisten aus. Wer als Stylist arbeiten will, muss vor allem zuverlässig sein. Man muss sich nämlich erst einmal das Vertrauen der Marken und Agenturen erarbeiten, bevor man die Kollektionen ausgeliehen bekommt. Und natürlich muss man am Ende des Tages auch gut in seinem Job sein, dazu gehören neben Kreativität und guten Kontakten auch, Designer und Trends zu kennen, viel Organisationsvermögen und nicht zu vergessen, die Freude an der Mode nicht zu verlieren.
Ein paar Beispiele bitte: Welche Projekte hast du als Stylistin betreut?
Die spannendste Erfahrung war die Mitarbeit am TV-Format „Schrankalarm“, die eine Daily Styling Doku, die wir über drei Jahre lang deutschlandweit gedreht haben. Ich habe die Umsetzung und Organisation des Stylings von über 130 Kandidatinnen verantwortet und mein eigenes Stylingteam managen müssen. Hier standen echte Frauen mit echten Problemen vor der Kamera und es wurde bei den unterschiedlichsten Schrank- und Stylingproblemen geholfen.
Neben Schrankalarm war ich als Stylistin für weitere TV-Shows, wie „Got to Dance“ oder „Dance Dance Dance“ tätig, Editorialproduktionen für Elle oder Vogue, Werbeproduktionen, Musikvideos, E-Commerce oder Celebrity-Ausstattung. Jeder Job bringt eine unterschiedliche Herangehensweisen mit sich, man trifft auf so viele verschiedene Menschen und das macht letztendlich die Arbeit so besonders, intensiv und abwechslungsreich.
Welche haben besonders viel Spaß gemacht? Warum?
Besonders Spaß machen die Produktionen mit Kollegen, die eine besondere Energie mitgeben und die dafür sorgen, dass sich Arbeit nicht wie Arbeit anfühlt. Ich erinnere mich gerne an mein Cover-Shooting für die Elle Slovenia mit der Fotografin Suzana Holtgrave, bei der ich tolle Chanel-Stücke ausgeliehen bekommen habe. Der ganze Prozess ist dabei immer wahnsinnig aufregend, von der Look-Auswahl über die Anfrage zur Zusage bis hin zur Anlieferung und der eigentlichen Produktion. Jedes Mal freue ich mich wie ein kleines Kind, wenn große Brands Zusagen erteilen und ich die Pakete wie Weihnachtsgeschenke aufmache.
Die größte Freude ist neben dem ganzen Prozess vermutlich das Endergebnis, das fertige Musikvideo oder den Prominenten auf dem roten Teppich zu sehen, das Magazin mit deinem Editorial darin aufzuschlagen, oder die glückliche Privatkundin, die dich nach einem Besuch glücklich und zufrieden anschaut.
Und was sind die Schattenseiten des Berufs, an die keiner denkt?
Die Arbeit ist wie wohl bei den meisten Kreativarbeitenden omnipräsent. Du hast keine festen Arbeits- oder Erholungszeiten und musst Selfcare-Auszeiten erlernen und einhalten. Sobald ich einen Auftrag erhalte, rattert es sofort in meinem Kopf und ich stelle mir die Looks visuell schon vor und mache mir Listen, was wie wo wann zu tun ist, dafür gibt es keinen Ausschaltknopf. Auch habe ich mittlerweile viele Kollegen, die Freunde geworden sind und so spricht man auch außerhalb der eigentlichen Arbeit über Arbeit. Als eine richtige Schattenseite empfinde ich es nicht, aber man muss lernen seine Grenzen zu kennen und wahrzunehmen.
Als Nachteil sehe ich, wie spontan man bleiben muss, wenn man in diesem Beruf arbeitet. Das wirkt sich auch auf das Privatleben aus. Nicht selten muss ich Verabredungen absagen, weil kurzfristig ein Job reingekommen ist. Hier bin ich sehr dankbar für das große Verständnis meiner Freunde und Familie.
Kürzlich hast du dein neues Projekt Illusion Fashion gelauncht. Was gab den Ausschlag dazu?
Vor über 15 Jahren etwa hatte ich die erste Idee dazu als ich einen Artikel über die damalige Wardrobe Stylistin von Kate Moss gelesen hatte. Die Vorstellung Schränke anderer zu organisieren, für sie einzukaufen und sie zu stylen, faszinierte mich. Den Namen „Illusion Fashion“ habe ich schon seit vielen Jahren als Website gesichert und die Seite anfänglich als Blog genutzt. Im letzten Sommer dann gab es diesen einen Moment in dem ich mich wieder daran erinnerte und zu mir selbst sagte, wenn nicht jetzt, wann dann?
Das Konzept zu Illusion Fashion stand ja schon, ich musste es nur noch anpassen und die Website füttern und seit Anfang des Jahres ist der Kleiderschrank-Service online.
Das Format „Schrankalarm“ hat auch großen Anteil daran. Mir wurde wieder bewusst, wie verunsichert Menschen mit dem Thema Mode sind und ich merkte, dass ein Teil von mir näher am Endkunden sein und helfen möchte.
Was genau machst du da?
Meine Devise lautet „einen organisierten Kleiderschrank zu haben, ist der Beginn eines organisierten Lebens“. Das heißt: Durch Analyse, Klarheit und Struktur erhält man Sicherheit und wird Herr seines Kleiderschranks. Ich biete unterschiedliche Servicepakete an, hauptsächlich ist es ein In-Home-Service, bei dem ich zu den Kunden nach Hause komme und mit ihnen zusammen ihren Schrank durchgehe. Das umfasst auch das Aussortieren, sich Übersicht darüber zu verschaffen, was vorhanden ist, und was davon wirklich benötigt wird.
Das Spannende dabei ist der Wow-Effekt der Kunden, wenn sie den Zusammenhang zwischen fehlender Übersicht und unklugen Kaufentscheidungen verstehen oder die überraschten Gesichter über die vielen möglichen Looks, die ihr Kleiderschrank tatsächlich bereithält. Ich helfe ihnen dabei je nach Wunsch in ihren Unsicherheiten, ob mit Figurtyp, neuen Job, neue Lebensphase oder Anlässen das Passende für sich zu finden und vor allem, sich nachhaltig wohlzufühlen.
Dabei gilt oft: Weniger ist mehr. Ich möchte nicht primär zu neuen Käufen drängen oder Konsum anregen, sondern zuerst im eigenen Kleiderschrank „shoppen gehen“. Aber auch für diejenigen, die bereits sicher in ihrem Style sind, oder generell wenig Zeit haben, biete ich Leistungen wie Personal Shopping oder das Aufräumen der Kleiderschränke an. In meinen vielen verschiedenen Paketen habe ich versucht, alle Bedürfnisse abzudecken.
Man hat dich schon die deutsche Marie Condo genannt, wie stehst du dazu?
Marie Condo hilft den Leuten, die Vergangenheit aufzuräumen, ich helfe den Menschen, Ihre Zukunft zu gestalten. Marie Condo gibt Strukturen vor, wie man am besten aufräumt, ich dagegen helfe, den eigenen Stil und die persönlichen Bedürfnisse im Auge zu behalten und gebe jedem Kunden individuelle Ratschläge.
Was kann jeder einzelne tun, um Mode nachhaltiger zu konsumieren?
Nachhaltig zu konsumieren, heisst nicht ausschließlich auf Bio-Qualitäten zu wechseln, sondern schlussendlich die Klamotten, die man besitzt, langmöglichst zu tragen und zukünftige Kaufentscheidungen bewusster zu treffen. Denn auch für eine Jeans aus Bio-Baumwolle wird circa 8.000 Liter Wasser benötigt.
Natürlich soll man sich den Spass an gewissen Trends nicht verbieten und darf auch mal was kaufen, was man nicht wirklich braucht, aber das sollte nicht ständig so sein und vor allem sollte man bei Neuanschaffungen nicht impulsiv handeln.
Im Rahmen einer TV-Reportage war ich im letzten Sommer in der zweitgrössten Textilrecycling-Anlage Deutschlands und es war schier erschreckend zu sehen, welche Menge an Klamotten, teils ungetragen, in den Sammelcontainern landen.
Ich helfe meinen Kunden deshalb, gezielt auszusortieren, gebe Empfehlungen zu Ausbesserungen und Pflege und rate je nach Zustand zu einem Weiterverkauf auf diversen Onlineportalen oder auf dem Flohmarkt. Oder helfe ihnen dabei die richtige Einrichtung für eine Kleiderspende zu finden, bei dem die Sachen dann auch direkt an Bedürftige gehen. Egal, für was man sich entscheidet, wichtig ist dabei, dass die Kleidung länger lebt.
Foto: Anita Krizanovic
Transparenzhinweis: Die Autorin ist auch privat mit Anita Krizanovic befreundet.