CECIL: Head of Product Marketing Mary Joe Woller über Trends, Kundennähe und Markteinführung
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Die CBR Fashion Group ist mit ihren Marken CECIL, Street One und Street One Men durch ihren kundenorientierten und innovativen Ansatz ein fester Bestandteil des europäischen Modemarkts. Im Interview mit FashionUnited spricht Mary Joe Woller, Head of Product Marketing bei CECIL über die Schlüsselstrategien, die es der Marke CECIL ermöglichen, am Puls der Zeit zu bleiben, ohne dabei die Bedürfnisse und den Komfort ihrer Kundinnen zu vernachlässigen. Darüber hinaus gewährt sie einen Einblick in die Prozesse der Trenderkennung und Kollektionsentwicklung sowie in die Herausforderungen, die der Modesektor mit sich bringt.
Wie würdest du die typische Kundin von CECIL beschreiben und wie beeinflusst dieses Verständnis deine Arbeit im Produktmarketing?
Mary Joe Woller: Die typische Cecil-Kundin ist mental Ende 30 und liebt casual-sportive Kleidungsartikel. Die Langlebigkeit und der Komfort stehen bei ihr an erster Stelle. Wir achten auf einen hohen Anteil natürlicher Materialien in den Produkten und das ist ihr auch wichtig. Wir setzen modische Spitzen, ohne unsere Kundin aus den Augen zu verlieren. Sie liebt es praktisch und bequem, möchte dabei jedoch trotzdem zeitgemäß gekleidet sein.
Eigentlich dreht sich der ganze Tag um unsere Kundin. Welche Passform gefällt ihr? Um welche Qualitäten handelt es sich? Welchen Trend können wir übernehmen? Wir stellen uns jeden Artikel an ihr vor, probieren ihn an und hinterfragen ihn. Ist dieser Artikel wirklich der richtige für unsere Kundin? Steht die gewählte Farbe jeder Haarfarbe und jedem Typ? Es kommt nicht selten vor, dass wir unterschiedliche Kolleginnen Artikel anprobieren lassen, um die Farbe an verschiedenen Charakteren zu testen. Wichtig ist mir außerdem, dass wir nah an der Kundin dran sind. Monatliche Flächenbesuche und ein ständiger Austausch zwischen den Vertriebskanälen helfen uns dabei.
Der Modezyklus ist bekanntermaßen schnell. Wie gestaltet sich der Prozess von der Trendidentifikation bis hin zur Markteinführung einer neuen Kollektion?
Wir arbeiten immer gleichzeitig an mehreren Kollektionen und können dadurch neue Trends einfließen lassen. Durch unseren schnellen Rhythmus können wir auf aktuelle Bestseller eingehen und sie direkt in Spiegelkollektionen einbauen. Wir recherchieren die meiste Zeit saisonversetzt. Wenn wir also die Herbst-/Winterkollektionen planen, recherchieren wir parallel schon für die nächste Frühjahr-/Sommersaison. Wir im Produktmarketing sind eigentlich ständig „am Trüffeln“. Was gibt es Neues am Markt? Welche Farben sieht man überall? Welche Muster? Dafür bereisen wir Städte in Deutschland und Europa, sprechen mit Handelspartner:innen oder Einkäufer:innen. Parallel sichten die Designteams neuen Lieferant:innen-Input, Modeshows der großen Designer:innen, bereisen Liefernde in der ganzen Welt und besuchen Modemessen.
Zusammen mit unserer Head of Concept Design sichten wir vor der Trendwoche alle Markt- und Trendinformationen und versuchen alle gewonnenen Informationen zu sortieren. Welchen Trend gehen wir bei Cecil mit? Welche Farbe und welcher Print ist es und in welcher Kollektion? Dazu gehört zusätzlich auch eine harte Analyse der eigenen Kollektionen, um Potenziale zu stärken und unsere Zielkundin noch besser abzuholen. Da ist mein Team in der Verantwortung und jeder für seine eigene Warengruppe der Profi.
Mit all diesen Informationen stellen wir eine Kollektion zusammen und entscheiden dann, welche Farbe und welcher Print wann und wie stattfindet. Bei jeder Kollektion erstellt unsere Head of Concept Design ein Trendbriefing, in dem die Farbkarte und die Big Points der Kollektionen vorgestellt werden.
Wie erfolgt die Zusammenarbeit mit den Designteams, um diese Trends in die Kollektionen einfließen zu lassen?
Wir arbeiten an jeder Kollektion eng mit den Designteams zusammen. Es ist ein Zusammenspiel aus Marketinginput und Designideen. Jede Kollektion hat ein Oberthema, damit sich der rote Faden und die klare Aussage in jeder Warengruppe widerspiegelt. Wir übergeben den Designteams einen Kollektionsrahmenplan, in den jede Warengruppe hineinarbeitet. Dazu gehören neue Qualitäten, Preislagen, aber auch Updates unserer eigenen Bestseller. In der Trendwoche sichten wir gemeinsam den Input und definieren unter anderem Materialien und Farben. Wir achten dabei auf jedes Detail und wählen jede Qualität präzise aus, um unserer Kundin ein langlebiges Produkt bieten zu können. Spannend wird es dann in unserer Kollektionswoche.
Zwischen Trendmeeting und Kollektionswoche liegen circa vier bis fünf Wochen. Besonders aufregend wird es in der monatlich stattfindenden Kollektionsübergabe und Live-Präsentation aus dem Headquarter, in der unsere Designer:innen die Artikel der neuen Kollektion innerhalb ihrer Warengruppe live allen Teams im In- und Ausland vorstellen.
Mein Team unterstützt dabei mit Marketing-Big Points. Mit der Präsentation übergeben wir die neue Kollektion an unsere Teams vom Vertrieb, eCom und Retail. Egal wie oft man es macht, man ist dennoch aufgeregt, freut sich aber natürlich, eine neue Kollektion präsentieren zu können und diese mit der Übergabe „abgeschlossen“ zu haben.
Noch am selben Tag werden direkt nach unserem GO und der Präsentation die Musterteile der neuen Kollektion nach ganz Deutschland und Europa an unsere Vertriebsteams ausgeliefert, wo schon wenige Tage später die Orderwoche mit dem Verkauf der Kollektionsartikel an unsere Handelspartner:innen erfolgt. Erst im Anschluss gehen wir dann in die Produktion. So vermeiden wir Überproduktionen und schonen Umweltressourcen.
CECIL legt großen Wert auf Qualität und Langlebigkeit der Produkte. Könntest du uns einen Einblick geben, wie diese Prinzipien in den täglichen Arbeitsablauf des Produktmarketing-Teams einfließen?
Die Qualität und Langlebigkeit unserer Produkte stehen an erster Stelle. Wir sind fast täglich damit beschäftigt, die Materialien der neuen Auslieferungen zu überprüfen. Wir im Produktmarketing sind häufig auf unseren eigenen Flächen unterwegs, um die einzelnen Artikel und die Kollektionen in unterschiedlichen Gebieten zu sehen. Sobald wir eine neue Kollektion ausgeliefert haben, verstreut sich mein ganzes Team und holt Feedback ein. Kommen die neuen Qualitäten gut an? Sind unsere Passformen richtig? Welche Farbe funktioniert gut? Dadurch können wir direkt reagieren und unsere Artikel ständig verbessern. Natürlich könnten wir das alles auch anhand von unseren Abverkaufsanalysen einsehen, aber das direkte Feedback der Kundinnen ist Gold wert.
Die Designteams stehen zudem in ständigem Austausch mit uns und zu unseren Lieferant:innen, um unsere Materialien zu optimieren, aber auch um neue zu entwickeln. Es herrscht quasi ein ständiger Austausch zwischen den Designteams und dem Marketing, damit auch die Designer:innen Einblicke von der Fläche bekommen und wir wiederum Einblicke von unseren Stofflieferant:innen.
Seit der Gründung in 1989 hat CECIL eine beeindruckende Entwicklung durchgemacht und 2024 feiert CECIL das 35-jährige Jubiläum. Wie beeinflussen die lange Geschichte und Erfahrung der Marke die Arbeit des Produktmarketing-Teams heute?
Wir haben uns mit den Jahren einen Namen im Mainstream-Bereich aufgebaut und unser beständiges Produkt ist ein riesiger Hebel. Das gibt uns eine gewisse Sicherheit und wir sind mutiger in unseren Entscheidungen. Wir ziehen Schlüsse aus der Vergangenheit, schauen aber hauptsächlich in die Zukunft. Im Laufe der Jahre erfinden wir CECIL immer wieder neu, ohne kompliziert zu werden. Nichts ist in Stein gemeißelt und wir optimieren ständig.
Was macht deiner Meinung nach die Arbeit bei CECIL und im Rahmen der CBR Fashion Group besonders spannend, und was würdest du Interessent:innen raten, die eine Karriere im Produktmarketing oder Design in der Modebranche anstreben?
Ich persönlich finde es spannend, dass kein Tag wie der andere ist. Es ist kein typischer „9 to 5“-Job und genau das macht es interessant. Es gibt Tage, an denen ich kaum vor meinem Computer sitze, weil wir sehr nah am Produkt und an der Kundin arbeiten. Zum einen arbeiten wir in jeder Woche an anderen Themen und Kollektionen. Zum anderen können wir durch den schnellen Rhythmus der zwölf Kollektionen sehr kreativ sein. Wir reagieren schnell auf Trends und können auch mal eine Kollektion last minute ändern, obwohl nur drei Monate bis zur Auslieferung dazwischen liegen. Wir sind ständig in Bewegung und es herrscht eine Dynamik innerhalb der Teams. Alle Bereiche sind schnell zu erreichen, sodass man bei Fragen oder Ideen einfach ins andere Büro läuft. Langeweile kommt definitiv nicht auf. Außerdem sind die Hierarchien sehr flach. Wir treffen sehr schnelle Entscheidungen und diskutieren nicht stundenlang in Meetings über banale Themen. Alles dreht sich um ein langlebiges Produkt und um eine schnelle Lösungsfindung. Man wird gesehen und gehört und jede Meinung zählt bei der CBR Fashion Group.
Ich habe 2018, nach vier Jahren im Einzelhandel, bei Street One im Produktmarketing begonnen. Bereits nach drei Jahren hatte ich die Chance, die Leitung des Produktmarketings bei CECIL zu übernehmen. Die Zusammenarbeit mit meinem Team ist sehr eng, da wir im ständigen Austausch sind. Die Ideen sprudeln nur so, wenn mein Team von den Recherchen zurückkommt und ich sie fast schon bremsen muss, damit wir nicht bald 24 Kollektionen auf der Fläche haben. Wir diskutieren, analysieren viel und manchmal probieren wir auch einfach mal was aus. Jim Nowak, CEO der CBR Fashion Group, hat immer zu mir gesagt: „Wenn du dich reinhängst, kannst du bei der CBR einiges erreichen.“ Ich solle „lieber fünf Themen ausprobieren und davon geht eins in die Hose, als kein Thema anzupacken. Du hast dadurch immer noch vier Themen gemeistert.“