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Ein starker Hauch von Kriegsskandal haftet an Coco Chanel

Von AFP

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Als Gabrielle „Coco“ Chanel diese Woche vor 50 Jahren in ihrer Suite im Ritz in Paris starb, trauerte die Welt um die größte Modedesignerin des Jahrhunderts. Was niemand erwähnte, war, dass Chanel den Zweiten Weltkrieg in dem Luxushotel mit ihrem deutschen Offiziersgeliebten verbracht hatte, der als Spion für den deutschen militärischen Geheimdienst und die SS arbeitete.

Chanel stieg aus einer düsteren Kindheit in einem Waisenhaus auf, freundete sich mit einigen der reichsten und mächtigsten Männer der Welt an und schlief mit einigen von ihnen. Nach dem Krieg tat sie ihr Möglichstes, um ihre Spuren zu verwischen. Sie war so erfolgreich darin, die Geschichte umzuschreiben, dass die AFP, wie der Rest der Weltmedien, darauf hereinfiel.

„Zu Beginn des Krieges schloss Chanel ihr Couture-Haus und zog sich an die Ufer des Genfer Sees zurück, wo sie 15 Jahre lang von den Tantiemen ihrer Parfums lebte“, hieß es nach ihrem Tod laut ihrer offiziellen Biografie. Die Realität sah ganz anders aus.

Obwohl Chanel ihr berühmtes Atelier in der Rue Cambon schloss, als die französische Hauptstadt von den Nazis besetzt wurde, blieb ihre Parfüm-Boutique geöffnet, damit die deutschen Soldaten Flaschen von Chanel No. 5 für ihre Liebsten kaufen konnten.

Ein deutscher Liebhaber

Schon bald war Chanel, damals 57, aber glamourös wie eh und je, am Arm eines aristokratischen Attachés der deutschen Botschaft, Baron Hans Günther von Dincklage zu sehen.

Dincklage war 13 Jahre jünger als sie und ein Spion. Die beiden zogen zusammen in das Ritz, in dem Chanel seit 1937 wohnte und das von den Deutschen beschlagnahmt worden war, um als Hauptquartier zu dienen und den luxusliebenden Chef der Luftwaffe, Hermann Göring, zu beherbergen.

Chanel begann für Dincklages Kollegen in der deutschen Abwehr zu arbeiten, damit ihr junger Neffe Andre Palasse, der bei der Verteidigung der französischen Maginot-Linie gefangen genommen worden war, aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager entlassen werden konnte. So wurde sie 1941 Abwehr-Agentin F-7124, Deckname „Westminster“ wegen ihres Langzeitgeliebten, dem Herzog von Westminster, einem der reichsten Grundbesitzer Großbritanniens.

Geschäfte mit dem Teufel

In noch düsteren Entwicklungen begann Chanel, im Hintergrund Fäden zu ziehen, um sich die Rechte an ihren Parfums von den jüdischen Brüdern Wertheimer zurückzuholen, die nach dem Einmarsch der Deutschen in die USA geflohen waren.

Sie hoffte darauf, durch die „Arisierungs“-Gesetze der Nazis die Kontrolle über die Parfüms zurückzuerobern, die sie 1924 an die Wertheimers abgetreten hatte. Aber die Brüder hatten die Gefahr vorausgesehen und ihr Geschäft an einen nichtjüdischen Geschäftsmann überschrieben, bevor sie aus Frankreich flohen.

Chanels Arbeit als Spionin bestand darin, britische Diplomaten im neutralen Spanien zum Essen auszuführen.

Aber als sich das Blatt gegen Deutschland wendete und ihre Bemühungen, ihre Marke zurückzubekommen, vereitelt wurden, setzte Chanel ihre Ambitionen noch höher an - auf das Ende des Krieges selbst.

Operation Modellhut

Im April 1943 machte sie einen von zwei Besuchen in Berlin, um General Walter Friedrich Schellenberg, den Chef des SS-Nachrichtendienstes, zu sehen.

Er wollte Chanels altem Freund, dem britischen Premierminister Winston Churchill, mitteilen, dass hochrangige SS-Offiziere über einen Frieden verhandeln wollten.

Doch die „Operation Modellhut“ (nach Chanels berühmtem Hut benannt) endete in einer Farce, bei der Chanel und Dincklage gezwungen waren, Madrid fluchtartig zu verlassen, als die englische Prominente Vera Lombardi, die Chanels Brief an Churchill in die britische Botschaft brachte, sie als deutsche Spione denunzierte.

Chanel hatte dafür gesorgt, dass Lombardi - eine gemeinsame Freundin von ihr und Churchill - aus einem italienischen Gefängnis entlassen wurde, in dem sie als britische Spionin festgehalten wurde.

Lombardi stand Chanel seit den 1920er Jahren nahe und stellte sie ihrem Freund, dem zukünftigen König Edward VIII, einem Bewunderer Hitlers, und der Crème de la Crème der Londoner Gesellschaft vor.

Von Churchill gerettet

Als Paris 1944 befreit wurde, wurde Chanel von der französischen Résistance verhaftet, aber wenige Stunden später auf Intervention von Churchill wieder freigelassen.

Bald war sie sicher außer Landes, in der Schweiz, und richtete sich in einem Luxushotel in Sankt Moritz häuslich ein.

Sie kehrte erst 1953 zurück, als sie mit 70 Jahren ein Comeback machte und ihr Modehaus wieder eröffnete, nachdem sie einen Deal mit den Wertheimers gemacht hatte, die ihr vergaben.

Erst als die französische Schriftstellerin und Résistance-Heldin Edmonde Charles-Roux ihr Buch „Chanel: Ihr Leben, ihre Welt, und die Frau hinter der Legende, die sie selbst schuf“ drei Jahre nach dem Tod der Designerin veröffentlichte, kam die Wahrheit langsam ans Licht.

1995 deckte die französische Wochenzeitung L'Express weitere kompromittierende Zeugenaussagen auf, die ihr deutsches Pendant Der Spiegel 2008 ergänzte.

Wirklich gelüftet wurde der Schleier aber erst 2011 mit der Veröffentlichung von „Coco Chanel. Der Schwarze Engel. Ein Leben als Nazi-Agentin“ des Amerikaners Hal Vaughan.

Böse Antisemitin

Seine Biografie, die sich auf Dokumente aus französischen, deutschen, britischen, italienischen und polnischen Archiven stützt, behauptet, Chanel sei eine „fanatische Antikommunistin“ und „eine böse Antisemitin“ gewesen.

„Hal Vaughans Buch zeigt unbestreitbare Beweise, dass Mademoiselle Chanel sich ernsthaft mit den Deutschen kompromittiert hat“, sagte Charles-Roux gegenüber AFP vor ihrem Tod im Jahr 2016.

Aber sie bestand darauf, dass Chanel nie etwas Antisemitisches zu ihr gesagt habe. „Ich hätte mir das nicht gefallen lassen“, fügte sie hinzu.

Nach der Veröffentlichung von Vaughans Buch bestritt die Familie Wertheimer, die noch immer Eigentümer von Chanel ist, dass die große Designerin antisemitisch war. Und sie argumentierte, dass es immer noch „den Hauch eines Geheimnisses“ darüber gebe, was genau Coco während des Krieges getan habe. (AFP)

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.uk. Übersetzt und bearbeitet von Simone Preuss. Bild: Chanel.

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