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Zwischen Punk und Geschäftsfrau: Vivienne Westwood gestorben

Von DPA

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Bild: Letters to the Earth, Vivienne Westwood Credit: Tania Hoser

Einst galt sie als Mode-Rebellin und Erfinderin der Punk-Klamotten. Dann wurde Vivienne Westwood zur Dame geadelt und eine reiche Geschäftsfrau – verrückte Outfits und orangefarbene Haare waren aber noch lange ihr Markenzeichen. Nun ist sie gestorben.

Was verband Vivienne Westwood mit dem britischen Königshaus? Derselbe Modegeschmack dürfte es wohl kaum gewesen sein. Dennoch waren die britische Monarchie und die gern als Königin des Punk bezeichnete Modedesignerin eng verbunden. Ihre ganze Karriere war auf von Königsroben inspirierten, ausgeflippten Prachtkleidern aufgebaut, die ihr den Durchbruch verschafften.

Ambivalenz war bei Westwood immer inklusive, und nichts zeigte das so sehr wie ihr Blick auf britische Traditionen. Sie war “typisch Britisch” - und hatte andererseits so gar nichts mit alten Socken zu tun. Sie ließ ihr eigenes Karomuster patentieren - andererseits wird ihr als Erfinderin der Punk-Mode gehuldigt. Ihr Name stand für die sprichwörtliche englische Exzentrik.

Vivienne Westwood im Alter von 81 Jahren gestorben

Das politische Statement gehörte fest zur Mode von Vivienne Westwood – gelegentlich zum Leidwesen von Ehemann und Co-Designer Andreas Kronthaler. „Sie mag es, wenn die Kleidung eine Botschaft hat”, sagte der Österreicher in dem Westwood-Dokumentarfilm von Regisseurin Lorna Tucker. Rund 30 Jahre war die Britin mit dem 25 Jahre jüngeren Mann, ihrem ehemaligen Modestudenten, verheiratet. Am Donnerstag nun ist die Königin des Punk, wie sie in Großbritannien anerkennend genannt wurde, im Alter von 81 Jahren gestorben

Der Rückblick auf ihre Lebensgeschichte und ihre Karriere scheint Westwood ein Graus gewesen zu sein. „Müssen wir das alles besprechen?”, meckerte sie in der sehenswerten Doku “Westwood: Punk, Icon, Activist”, die 2018 Premiere hatte. „Das ist so langweilig.” Dabei war kaum etwas in Westwoods Leben langweilig. Die Mode-Anarchistin und Aktivistin sorgte zeitlebens mit provokanten Botschaften und schrillen Outfits für Aufsehen

Das brave Dasein war nie etwas für Westwood

Ein bisschen ausgefallen war die Tochter eines Baumwollspinners und Kolonialwarenhändlers aus der englischen Grafschaft Derbyshire schon immer. Geboren am 8. April 1941 als Vivienne Isabel Swire in der Gemeinde Tintwistle nahe Manchester, soll sie sogar an ihrer Schuluniform modische Änderungen vorgenommen haben.

Das brave Dasein war nichts für sie. Mit 21 Jahren heiratete sie den begnadeten Tänzer Derek Westwood. Doch dann lernte sie den Kunststudenten Malcolm McLaren kennen und verlor ihr Herz. McLaren war Gründer und Manager der Punk-Band Sex Pistols. Westwoods Weg war geebnet. Zusammen mit McLaren eröffnete sie 1970 auf der Londoner King's Road ihre erste Boutique. Schnell entwickelte sich der Laden zum absoluten Trendmacher. Der Name wechselte wie die Mode: “Let it rock”, “Too fast to live, too young to die”, “Sex”, “Seditionaries” (Aufwiegler) und schließlich “World's end”.

Foto: Vivienne Westwood, Save Our Souls

Westwood schuf Sado-Maso-Monturen für die Musiker der Sex Pistols und inspirierte die Punk-Mode wie keine Zweite. Auch nach der Trennung von McLaren blieb sie ihrer rebellischen Kreativität treu. Vor allem die Inspiration aus der Mode des 18. und 19. Jahrhunderts war ihr Markenzeichen – allerdings in schrillen, schrägen, exzentrischen Varianten.

Mode allein war nie genug

„Ich habe mich überhaupt nicht als Modedesignerin betrachtet, aber ich habe festgestellt, dass ich sehr talentiert war”, erzählt Westwood in Tuckers Dokumentation. „Ich wollte, dass die Leute wissen, dass das Zeug, was sie auf dem Laufsteg in Paris sehen, von mir kommt. Und ich hab mir gedacht, ich muss in diese Geschäftswelt einsteigen und die Kleidung wirklich verkaufen, sie den Journalisten präsentieren und eine Modedesignerin sein. Mir war klar, dass ich das kann.”

Mode allein war Westwood nie genug. Ohnehin hatte sie eine Karriere in der Branche ursprünglich gar nicht im Sinn. „Ich wollte keine Modedesignerin sein”, stellte sie 2009 im Time-Magazin klar. „Ich wollte lieber lesen und intellektuelle Dinge machen.” Ein Kunststudium brach sie nach nur einem Semester ab, um eine Ausbildung zur Lehrerin zu machen – mit Kunst als Hauptfach. Ihr Plan: „Ich werde versuchen, Künstlerin zu werden. Und wenn ich keine Künstlerin sein kann, werde ich Lehrerin.”

Punk-Pionierin und Aktivistin

Lange engagierte sich die Punk-Pionierin mit der blassfahlen Haut für Menschenrechte, Frieden, Tierschutz und im Kampf gegen die Klimakrise. Die große Show gehörte stets dazu, wenn sich Westwood inszenierte, denn sie garantierte ihr Aufmerksamkeit. 2015 ließ sie sich in einem weißen Panzer zum Privathaus des damaligen britischen Premiers David Cameron fahren, um gegen Gasgewinnung durch Fracking zu protestieren.

Noch im vergangenen Jahr sorgte sie mit einem Protest für die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange für Aufsehen: Im knallgelben Outfit saß sie vor einem Gerichtsgebäude in London in einem überdimensionalen Vogelkäfig.

Westwood zwischen Sex Pistols und der Queen

Anfang der 1990er Jahre legte Westwood auch als Geschäftsfrau so richtig los. Schließlich gehörte sie zu den ganz Großen der Branche. Die Queen ließ sich zwar nicht modisch von Westwood inspirieren, hielt ihr Werk aber dennoch in Ehren. 1992 wurde Vivienne Westwood in den Order of the British Empire aufgenommen, 14 Jahre später machte die Queen sie zur Dame.Während Dame Vivienne, so ihr offizieller Titel, im Herzen immer noch Punk war, gehörte ihre Mode längst zum Establishment.

Queen-Enkelin Prinzessin Eugenie erschien zur Hochzeit von William und Kate 2011 in einem Westwood-Kleid. Selbst die frühere Premierministerin Theresa May trug einen Hosenanzug von ihr. Hof-Modeschöpferin der Royals wurde sie trotzdem nicht. Der Stil-Ikone Herzogin Kate empfahl sie eine Reduzierung der Zahl ihrer Outfits - aus Gründen des Umweltschutzes.(dpa)

Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag wurde um 09:10 Uhr am 30. Dezember mit weiteren Informationen der Deutschen Presse Agentur aktualisiert.
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