Aid by Trade Foundation stellt neuen Regenerative Cotton Standard vor
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Die Aid by Trade Foundation (AbTF), bekannt für ihre Baumwollstandards Cotton made in Africa (CmiA) und Cotton made in Africa Organic, hat ihr Angebot um den Regenerative Cotton Standard (RCS) erweitert. Dieser soll sowohl Textilunternehmen als auch Baumwollbäuer:innen einen holistisch neuen Ansatz bieten, um auf die wachsenden Herausforderungen in der Baumwoll- und Textilindustrie zu reagieren.
Speziell soll der Regenerative Cotton Standard Kleinbäuer:innen dabei helfen, widerstandsfähiger gegenüber den Folgen des Klimawandels zu sein und Unternehmen eine Lösung bieten, die Produktion von Baumwolle als wesentlicher Rohstoff ihrer Textilien zukunftssicherer zu machen. FashionUnited wollte genauer wissen, wie der RCS die bereits durch die AbTF-Baumwollstandards gewonnenen Erkenntnisse mit neuen Ansätzen auf dem Gebiet der regenerativen Landwirtschaft verbindet und sprach mit Tina Stridde, Geschäftsführerin der Aid by Trade Foundation.
Wie muss man sich die Einführung des neuen Standards vorstellen, können Kleinbäuer:innen, die bereits Teil von CmiA sind, sich ihm anschließen und ihre Praktiken entsprechend ausweiten? Wie viele von ihnen wird der RCS betreffen?
Der Regenerative Cotton Standard (RCS) steht sowohl bestehenden als auch neuen Partner:innen offen. Zum einen können bereits CmiA-zertifizierte Baumwollgesellschaften sich dafür entscheiden, den Regenerative Cotton Standard einzuführen. Hierfür müssen sie sich und die Kleinbäuer:innen, mit denen sie zusammenarbeiten, den Anforderungen des RCS anpassen. Zum anderen können Baumwollgesellschaften, für die auch CmiA noch neu ist, den Regenerative Cotton Standard neu einführen und eine entsprechende Zertifizierung anstreben.
Wie wird das Wissen der Kleinbäuer:innen integriert, gibt es regelmäßige Treffen und Schulungen?
Zunächst werden pro Farming Community, in der der RCS implementiert werden soll, Konsultationen durchgeführt, in denen sich die Kleinbäuer:innen mit dem Thema regenerativer Landwirtschaft vertraut machen und mit der Baumwollgesellschaft besprechen, wo sie bei sich die größten Herausforderungen sehen. Dies können zum Beispiel Auswirkungen des Klimawandels sein.
Darauf aufbauend findet eine Relevanzanalyse und ein Priorisierungsprozess unter Einbindung der Kleinbäuer:innen statt. Hierbei wird gemeinsam herausgearbeitet, welche RCS-Kriterien für die Managing Entity, mit der die Aid by Trade Foundation vor Ort zusammenarbeitet, und welche für die Kleinbäuer:innen besonders wichtig sind. Anhand dessen wird definiert, wo zeitnah etwas passieren muss, und bei welchen Kriterien es ausreicht, wenn die Baumwollgesellschaft transparent über den Status Quo berichtet. Dieser Prozess hilft allen Beteiligten, Klarheit und Orientierung über den Prozess zu schaffen.
Das Wissen und die Erfahrungen der Kleinbäuer:innen wird bei der Planung von Umsetzungsstrategien und -maßnahmen einbezogen. Denn sie sind diejenigen, die ihren Grund und Boden sowie die regionale Tier- und Pflanzenwelt am besten kennen und bereits wissen, was unter welchen Bedingungen funktionieren könnte und wie man es am besten umsetzt.
Darauf aufbauend wird dann die Umsetzung geplant und die hierfür benötigten Schulungen organisiert. Form und Rhythmus der Treffen und Schulungen sowie deren Aufbau wird zwischen den Baumwollgesellschaften und den ihr angeschlossenen Kleinbäuer:innen direkt geplant.
Was genau sind die eingesetzten Praktiken, etwa was die Bodenbearbeitung, die Förderung der Pflanzenvielfalt und der Verhinderung der Wasserversickerung angeht?
Der Regenerative Cotton Standard umfasst insgesamt zehn Prinzipien. Zu diesen zählen beispielsweise die verbesserte Resilienz der Kleinbäuer:innen gegenüber den Effekten des Klimawandels, die Wiederherstellung der Bodengesundheit, der Klima-und Tierschutz. Grundlegend für den Standard sind ein verantwortungsvolles Management der zertifizierten Partner:innen wie der Baumwollgesellschaften und das Community Engagement.
Im Zentrum stehen die Kleinbäuer:innen und die Integration ihres reichen traditionellen Wissens. Wie immer in der regenerativen Landwirtschaft sind die eingesetzten Praktiken, um diese Prinzipien durchzusetzen, sehr kontextspezifisch. Vielleicht funktioniert in der einen Farmer Community Kompost besonders gut, andere haben ein Interesse an Baumpflanzungen und der Biochar-Herstellung, oder eine Gruppe will zusätzlich Bienen halten.
In jedem Fall wird mit den Maßnahmen auf eine Erhöhung des organischen Materials im und über dem Boden hingewirkt, sowie auf eine größere Vielfalt in der Fruchtfolge bis hin zu Mischkulturen, um für mehr Bodengesundheit, aber auch für mehr Resilienz der Kleinbäuer:innen gegen Ernteausfälle zu sorgen. Auch kann man mit verschiedenen Techniken dafür sorgen, dass das Regenwasser in der Landschaft erhalten bleibt und weniger schnell verdunstet.
Werden auch Viehzucht und Ackerbau integriert?
Und dort, wo Kleinbäuer:innen auch Vieh halten, wird gefördert, dass dieses auf dem Acker grasen kann, wann immer keine Frucht steht. Es wird auch darauf hingewirkt, fremde invasive Spezies zu identifizieren und diese zu kontrollieren, wenn sie heimische Pflanzen- und Tierarten verdrängen.
Werden Pestizide und synthetische Düngemittel weiter minimiert?
Die strengen Richtlinien, die die Anwendung von Pestiziden bei CmiA regulieren, gelten weiterhin und werden ausgeweitet. Darüber hinaus wird wie bei CmiA ein stufenweiser Ersatz durch biologische Pflanzenschutzmittel gefördert. Außerdem sollen Diversifizierungsmaßnahmen und die Förderung von Nützlingen für ein besseres Gleichgewicht auf dem Acker sorgen, wodurch der Schädlingsdruck in der Baumwolle und anderen Kulturen erwartungsgemäß abnimmt.
Bei Düngemitteln wird zunächst darauf geachtet, dass die Kleinbäuer:innen überhaupt düngen. Dies ist bis jetzt noch nicht immer der Fall, gleichzeitig aber für das gesunde Pflanzenwachstum wichtig. Dabei wird darauf geachtet, dass die Kleinbäuer:innen erstens korrekt düngen, und zweitens möglichst natürliche Kreisläufe zur Düngung nutzen (z.B. Mist, kompostierte Baumwollreste, Leguminosen usw.). Dies macht sie von externen Düngerkäufen unabhängig und erhöht gleichzeitig die Bodengesundheit.
Sie erwähnten ein Online-Tracking-System, das Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg schafft. Wie muss man sich das vorstellen? Ist dies für Verbraucher:innen zugänglich oder für die Marken und Händler:innen?
Die Aid by Trade Foundation hat in den Jahren seines Bestehens umfangreiche Erfahrungen mit Tracking Systemen gesammelt. Um garantieren zu können, dass ausschließlich RCS-zertifizierte Baumwolle zu Garnen und anschließend zu Textilien verarbeitet wird, kommt das eigens entwickelte Tracking System SCOT zum Einsatz.
Für die volle Transparenz und vollständige Nachverfolgbarkeit aller RCS-gelabelter Produkte entlang der Lieferkette wird die Hard Identity Preserved Variante im SCOT-System – kurz HIP – verwendet. Es macht auf der Basis von Dokumenten und Fotos die Nutzung der RCS-Baumwolle über die gesamte Lieferkette transparent und setzt voraus, dass die zertifizierte Baumwolle über den kompletten Verarbeitungsprozess von anderer Baumwolle physisch getrennt wird.
Das beginnt bei der Entkörnungsanlage von Baumwolle über die Spinnerei, die belegen muss, ausschließlich RCS-zertifizierte Baumwolle für die Garn-Produktion genutzt zu haben und endet beim Retailer, der einen Auftrag über die Produktion von Textilien mit RCS-zertifizierter Baumwolle erteilt hat. Es werden jedoch nicht nur Dokumente hochgeladen; jede Transaktion wird von dem jeweiligen, direkten Geschäftspartner im System bestätigt.
Wie wird der RCS gekennzeichnet, gibt es ein spezielles Etikett/Label?
Produkte, die zertifizierte RCS-Baumwolle enthalten, erkennen Sie am Regenerative Cotton Standard-Etikett. Nur unsere Vertragspartner:innen erhalten das Recht, RCS-zertifizierte Baumwolle zu verwenden und entsprechend an ihren Produkten zu kennzeichnen. Mit dem Kauf eines solchen gekennzeichneten Produkts, leisten Konsument:innen einen wichtigen Beitrag zur Veränderung in der Modebranche, denn der Regenerative Cotton Standard verbessert die Resilienz und Produktivität des kleinbäuerlichen Anbaus und schafft zugleich einen Mehrwert für landwirtschaftlich genutzte Böden, ländliche Gemeinschaften, Biosphäre und die Lebensqualität von Nutztieren.
Dieses Gespräch wurde von FashionUnited in schriftlicher Form geführt.