• Home
  • Nachrichten
  • Business
  • Der Denim Deal ist abgeschlossen und will international expandieren

Der Denim Deal ist abgeschlossen und will international expandieren

Von Anna Roos van Wijngaarden

Wird geladen...

Scroll down to read more

Business

Das Buch zum Denim Deal. Credits: Denim Deal, Foto: Rosa van Ederen

Das Ziel des Niederländischen Denim Deal war es, den Anteil von Post-Consumer-Recycling-Baumwolle (PCR) in Denimprodukten - insbesondere in Jeans - zu erhöhen. Nach drei Jahren Zusammenarbeit kam das Projekt in Amsterdam jetzt zu einem positiven Abschluss. Die Erkenntnisse, Herausforderungen und nächsten Schritte erläuterte das sechsköpfige Steuerungsgremium des Deals. Die Botschaft: Denim ist durchaus recycelbar. Deshalb ist nun eine internationale Expansion geplant.

Es ist möglich: Die Ziele des Denim Deals sind fast erreicht

53 private und öffentliche Unterzeichner:innen haben es über die Ziellinie des Deals geschafft. Die neuen quantitativen Maßnahmen für das Jahr 2022 betreffen die teilnehmenden Marken und Einzelhändler. Seit 2020 arbeiten sie gemeinsam darauf hin, dass in ihren neuen Denim-Kollektionen fünf Prozent PCR-Anteil verwendet wird. Anfangs konnten das nur acht Prozent der Teilnehmenden scgaffen, aber nach drei Jahren ist der Anteil für Denim auf dem niederländischen Markt auf 39 Prozent gestiegen, so die Übersicht von FFact, die während der Veranstaltung vorgestellt wurde. Für den internationalen Markt stieg der Anteil sogar von zwölf Prozent im Basisjahr 2020 auf 53 Prozent Ende 2022. Insbesondere bei Jeans ist der Standard höher: 41 Prozent der niederländischen und 53 Prozent der internationalen Jeansproduktion der Teilnehmenden enthalten mindestens 20 Prozent PCR.

Ein sekundäres Ziel des Denim Deals war es, während des gesamten Prozesses drei Millionen solcher nachhaltigeren Jeans zu produzieren. Auf internationaler Ebene war dies mehr als erfolgreich, aber die Richtlinie erwies sich als zu ehrgeizig für den niederländischen Markt. Die Produktionszahlen der Teilnehmenden blieben zu gering.

Die eigentlichen Ziele des Deals beziehen sich auf das mechanische Recycling (Schneiden und Auffasern) von Baumwolltextilabfällen, aber die Teilnehmenden befassten sich auch mit den Möglichkeiten des chemischen Recyclings (Schmelzen und Lösen): In fünf bis zehn Jahren werden sich alle mit diesem Thema befassen, so ein Garnproduzent während der Veranstaltung. Die chemische Variante bietet auch Lösungen für das Recycling von Nicht-Zellulosefasern oder kontaminierten Textilien.

Internationale Expansion im Blick

Der niederländische Bekleidungsverband Modint schätzt, dass niederländische Denim Marken 27 Millionen Jeans pro Jahr produzieren. Der Denim Deal hat bewiesen, dass recycelte Rohstoffe eine praktikable Option sind. Aber weltweit umfasst der Markt zwei bis sechs Milliarden Jeans. Die Denim Kette ist zudem stark globalisiert. Das Abkommen begann einst als niederländische Initiative, aber schon bald schlossen sich auch Parteien aus der Türkei, Pakistan, Ägypten, Bangladesch, der Schweiz und den USA an. Der logische nächste Schritt sei daher, branchenweit zu denken und die Denim-Deal-Formel international zu „nutzen“, so der Lenkungsausschuss.

Der strategische Plan sieht die Eröffnung internationaler Hubs an geografischen Knotenpunkten des Denim Marktes vor: zunächst in der EMEA-Region, dann in Nord- und Südamerika, Indien und schließlich in der APAC-Region. Der Aufbau ähnelt dem des Dutch Deal, mit einem Lenkungsausschuss aus Vertreter:innen des öffentlichen und privaten Sektors, jährlichem Monitoring und einer Plattform für Pilotprojekte und Wissensaustausch. Die große Vision ist es, Schritt für Schritt auf einen globalen Jeans-Standard hinzuarbeiten: einen PCR-Mindestanteil von 20 Prozent. Der erste Meilenstein ist für Ende 2025 geplant. Dann müssten 300 Millionen Jeans in diesem Verhältnis produziert worden sein.

Das endgültige Ziel von einer Milliarde Jeans, (300.000 Tonnen PCR-Fasern) ist sehr ehrgeizig, wie die plötzliche Unruhe im Raum während der Abschlussveranstaltung zeigte. Aber laut Nicolas Prophte (Vice President Denim Center von PVH), der den Expansionsplan vorstellte, sollte die Zahl vor allem inspirierend genug sein, um auch Denim-Akteure aus anderen Ländern anzusprechen. Der Ausbauplan berücksichtigt auch die Verwendung der restlichen 80 Prozent mit regenerativer Baumwolle. Um den weiteren Fortschritt zu messen, braucht es verlässliche Indikatoren sowie die Zusammenarbeit mit Best-in-Class-Lieferanten. Das mit der Erweiterung des Deals geschaffene Netzwerk muss durch eine Bildungsplattform zusammengehalten werden, auch Ökodesign-Richtlinien sind geplant. Für viele Designer:innen sind PCR-Textilien noch neu und der Designprozess beinhaltet völlig andere Prozesse. „Die Verwendung von recyceltem Material und die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten – das klingt wie ein Widerspruch, aber wir müssen die Kreislaufwirtschaft in unser Design einbeziehen", sagt Prophte.

Ausländische Parteien haben bereits Interesse an einem eigenen Denim Deal gezeigt. Die türkischen Ministerien für Umwelt und Handel seien „eifrig" dabei, so das Fazit von Arnout Passenier vom Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft in Holland, der von Anfang an dabei war. Konkrete Denim Deals 2.0 sind noch nicht in Sicht, aber Passenier macht sich keine Sorgen: „Das Netzwerk bricht mit dem Ende dieses Deals nicht auseinander – wir wissen, wo wir uns finden – und es gibt international so viel Appetit." Die Finanzierung ist jedoch noch unklar. Der ursprüngliche Denim Deal war ein Green Deal der niederländischen Regierung, der mit Blick auf klimaneutrale Niederlande bis 2050 unterstützt wurde. Roosmarie Ruigrok, Koordinatorin des Denim Deals, weist darauf hin, dass diese Unterstützung in einem möglichen Follow-up nicht mehr bestehen wird.

Der Denim Deal ist abgeschlossen. Bild: Denim Deal, Foto: Rosa van Ederen.

PCR ist teurer und muss noch weitere Hürden nehmen

Eine Umfrage unter den Teilnehmenden des Deals ergab mehrere neue Erkenntnisse, die in nachfolgende Denim Deals einfließen sollten, wie beispielsweise die Wichtigkeit einer sicheren Umgebung für den Wissensaustausch. Sowohl bei den Offline- als auch bei den Online-Meetings herrschte eine vertrauensvolle Atmosphäre, und die Teilnehmenden kommunizierten aufgeschlossen, berichtet FFact. Marken sind es nicht gewohnt, Wissen so offen zu teilen.

Dennoch gibt es nach wie vor Herausforderungen, die nicht nur das Upscaling von PCR-Fasern in Denim verlangsamen, sondern auch den Preis in die Höhe treiben, wie beispielsweise Exportbarrieren. Abfallstoffe können oft nicht einfach die Grenze überqueren, um in den dafür vorgesehenen Anlagen verarbeitet zu werden. Den Teilnehmenden zufolge sollte es auch einen reifen Mittelstand von Sortierunternehmen und Faserherstellern geben und mehr Klarheit bei den PCR-Spezifikationen. Im Moment sind die Vorstellungen, was Ausgangsmaterial und Endmaterial erfüllen müssen, noch sehr unterschiedlich.

Während die Qualität der recycelten industriellen Textilabfälle relativ konstant ist, ist dies bei PCR noch nicht der Fall. Das zeigten mehrere Pilotprojekte, die bis zum Ende des Denim Deals durchgeführt wurden. Um die Qualität von konventionellem Denim zu erreichen, muss noch viel getan werden, wie beispielsweise die Sortierverfahren präziser und schneller zu gestalten und die Herkunft von Textilabfällen muss einfacher festgestellt werden können. Auch die Qualität und das Volumen der gesammelten Textilien müssen gesteigert werden. Doch bisher sind sich die Verbraucher:innen ihrer Rolle in dieser Prozesskette noch nicht ausreichend bewusst. In den Niederlanden werden Textilien in der Regel in den normalen Müll statt in die Kleidertonne geworfen. Infolgedessen werden nur zwölf Prozent der Textilabfälle in den Niederlanden recycelt. Gleichzeitig müssen die Menschen ein positiveres Image von recyceltem Material in neuer Kleidung aufbauen, damit sie diese schneller kaufen. Auch die Preisvorstellungen der Marken müssen angepasst werden. Durch die Stimulierung von Angebot und Nachfrage von PCR kann die Produktion gesteigert und der Preis gesenkt werden.

Problem: Kontamination durch Polyester

Bei den Denim-Anbietern gibt es jedoch noch ein ungelöstes Problem: die Kontamination des Ausgangsmaterials mit Nicht-Zellulosefasern wie Lycra oder Polyester, die in Jeans üblich sind. Indigofarbstoffe haften nur an Zellulosefasern wie Baumwolle, während Polyester die Farbe nicht aufnimmt und weiße Punkte auf dem blauen PCR-Gewebe erzeugt. „Ich kann es produzieren, aber niemand wird es kaufen", lautet das bisherige Fazit von Besim Ozek. Laut dem strategischen Direktor des türkischen Denimwebers Bossa ist die Kontamination mit Polyester einer der Hauptgründe, warum Marken es vorziehen, sich auf das Recycling mit Industrieabfallresten zu konzentrieren: Pre-Consumer Recycled Cotton. Aufgrund all der zusätzlichen Schritte ist dieses Material mindestens zwei Dollar billiger als PCR-Varianten. „Man muss alle Teile mit Polyester-Nähgarn abschneiden und das Gewicht der vier Hosen-Paneele, die übrig bleiben, beträgt nur 40 Prozent des Gewichts des Denims. 60 Prozent gehen also immer noch in den Müll." Besim kann bis zu drei Prozent der Nicht-Zellulosefasern verarbeiten. Aufgrund der notwendigen Stretch- und Polyester-Fasern ist dieser Prozentsatz oft höher. Das größere Problem ist, dass die Zusammensetzung im Voraus unbekannt ist: „Es kommt vom Verbraucher, also gibt es keine Etiketten mehr. Wie schlimm die Verschmutzung ist, sehe ich erst nach dem Färben."

Für ein effektives mechanisches Recycling in großem Maßstab ist daher die Verbesserung der Sammlung und Sortierung von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Entwicklung alternativer Materialien für Stretch. „Am Denim Deal sind viele verschiedene Parteien beteiligt, die hier Lösungen finden können", so Passenier, „was international wirklich einzigartig ist. Wenn der Deal ausgeweitet wird und andere Regierungen involviert sind, wird es noch interessanter."

Das Streben nach „PCR als globalem Standard" erfordert Bewegung auf der Angebots- und Nachfrageseite. Das macht die Verantwortlichkeiten in der Scale-up-Story unklar. Auf der Suche nach der richtigen Form des Denim Deal 2.0 wird sich daher immer wieder die gleiche Frage stellen müssen: Warten wir aufeinander?

Der letzte Monitor für 2023 wird 2024 veröffentlicht.

Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl.

Denim Deal
Recycling