Düsseldorf Ordertage - Ein Tag bei ACO Modeagentur
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Die Modeagentur ACO sitzt in der Georg-Glock-Straße in Düsseldorf, nahe der Showroom-Meile auf der Kaiserswerther Straße, die das Epizentrum der Orderveranstaltung CPD bildet. Die Agentur, die es seit vierzig Jahren gibt, vertritt unter anderem die Marken Marciano Los Angeles, Fusalp, P.a.r.o.s.h., Iceberg, Pinko, Tara Jarmon, Pleinsud Jeanius, Versace Collection, Just Cavalli und Plein Sport in Deutschland. FashionUnited verbrachte einen Freitagvormittag während der Ordertage in der Agentur und ließ sich von Falko Diebel das Ordergeschäft und die Agenturarbeit erklären.
FashionUnited: Was macht einen guten Agenten aus?
Falko Diebel: Als Agent muss man wissen, wer vor einem steht, oder es zumindest rausfinden können. Das Business verändert sich. Deshalb werden Service und Kompetenzen im Sinne einer 360-Grad-Betreuung wieder wichtiger. Der Agent muss seine Distribution sowie den Kunden und seine individuellen Befindlichkeiten kennen. Für einen Agenten ist es außerordentlich wichtig, den Bezug zum echten Einzelhandel nicht zu verlieren. Was sagen die Endkonsumenten zu unseren Produkten? Gerade bei Reklamationen ist das besonders wichtig. Bei den italienischen Schnitten zum Beispiel sind die Arme des Öfteren zu eng. Wir sehen es als unsere Aufgabe, italienische Kollektionen auf den deutschen Markt zu Übersetzen.
FashionUnited: Was sollten neue Händler wissen?
Ganz unbeschriebene Blätter, die einen neuen Laden eröffnen wollen, haben es sehr schwer aktuell. Ich glaube, allein aus Spaß macht das heute keiner mehr. Der kaufmännische Teil am Handel wird wieder wichtiger, der ‚Spaßfaktor‘ geht zurück. Der Markt wird ‚bereinigt‘, viele alte Hasen müssen dicht machen. Das bedeutet für neue Händler, dass sie noch kompetenter und professioneller an die Sache herangehen und sich im Vorfeld informieren und positionieren müssen, da der Wettbewerb deutlich härter geworden ist. Wir freuen uns daher umso mehr, über jedes neue Geschäftsmodell, das sich im Markt etablieren kann und dem wir dabei helfen können.
FashionUnited: Wie genau geht eine Order vonstatten?
Falko Diebel: Es gibt ganz verschiedene Kunden. Die einen arbeiten nur mit Rechner nach Listen und es gibt welche, die ganz Oldschool die Kleider mitzeichnen. Unterschiedliche Handelsformen benötigen unterschiedliche Wege, ihre Kollektionen zu ordern. Department-Stores arbeiten stark mit Listenformaten während der inhabergeführte Einzelhändler eher aus dem Bauch hinaus entscheidet. Winni Klenk von Abseits in Stuttgart zum Beispiel geht durch die Kleiderständer der Kollektionen und wählt seine Favoriten aus. Er zeigt auf das, was ihm gefällt, legt die Teile, in diesem Fall Hosen, heraus und dann entscheiden wir anhand von Farbkarten, welche Styles in welchen Farben und Größen wie oft geordert werden. Das geht bei ihm ruckzuck. Aufgrund der schwierigen Marktsituation haben aktuell dennoch viele Händler die Handbremse angezogen. Auch wenn sich die Designer gerade in diese Saison alle Mühe geben, zu inspirieren.
FashionUnited: Heißt das, es werden mehr Basics geordert?
Falko Diebel: Der typische Order-Aufbau ist, dass von allem etwas dabei ist, in Sachen Stil wie auch in Sachen Preislage. Wichtig ist, dass man seine Bestseller kennt, aber man braucht auch ein paar ‚Showpieces‘ Der Endkunde braucht im Laden auch etwas zum Nein-Sagen - so im Sinne von: ‚Das da ist mir zu verrückt, aber das andere nehme ich‘, oder ‚das ist mir zu teuer, aber das andere Teil leiste ich mir‘. Nur crazy und beratungsintensiv funktioniert im Handel nicht.
Es geht auch weg von ganz großen Namen hin zu ‚kleinerer Name aber dennoch gute Qualität‘. Selbst bei den High Fashion Concept-Stores ist das zu sehen. Die Schere zwischen ganz billig und ganz teuer geht etwas zu. Weil das Luxus-Kleid für geht vielleicht nur einmal im Monat weg, aber ein Kleid für ein paar hundert Euro verkaufe ich an die gleiche Frau in drei verschiedenen Varianten. Die Jugend baut im moment eine ganz andere Brand-Awareness auf. Die preisliche Mitte wird wieder stärker.
FashionUnited: Das ist aber nicht die selbe Mitte, die es früher einmal gab?
Falko Diebel: Stimmt. Es geht eher um einen anderen Mix. Der Look ändert sich und die Bereitschaft, Neues auszuprobieren, ist auf allen Seiten viel höher. Wer das nicht mitmachen kann, der hat es in der Zukunft schwer, sich in dem Markt zu positionieren.
Diesen Wandel im Konsumentenverhalten kann auch die Inhaberin von Selendi Die Mode, Belinda Selendi aus Österreich, die bei ACO zu Besuch ist, bestätigen: „Für mich hat Mode momentan an Wert verloren, weil es von allem zu viel gibt. Deshalb müssen es wirklich besondere Teile sein, tragbare Teile und was, was der Kunde wirklich noch nicht im Schrank hat. Alle Kleiderschränke sind voll. Da muss man sehr gewählt aussuchen,“ sagt sie.
FashionUnited: Wie würdest du allgemein die Lage in Eurem Business aktuell beschreiben?
Falko Diebel: Die goldenen Zeiten sind vorbei und daran müssen wir uns alle noch gewöhnen. Der Markt ist sehr empfindlich. Der Handel ist zum Teil recht unzufrieden. Es ist unsere Aufgabe, dem entgegen zu wirken, indem wir neue Impulse setzen. Das Markenportfolio wird für Händler immer wichtiger. Der deutsche Händler ist heute besser informiert denn je, weil er ständig auf Reisen ist. Die Münchner Händler wissen, was es in Berlin gibt und umgekehrt. Der Markt verändert sich aktuell rasant, dadurch ergeben sich aber auch Möglichkeiten für neue Brands, sich dementsprechend zu positionieren. Eine Krise birgt auch immer eine Chance.
FashionUnited: Wie haltet Ihr Euch über den POS informiert?
Deshalb haben wir unser Beratungskonzept ‚The Farm‘ ins Leben gerufen, das gerade im KaDeWe als Pop-Up-Fläche zu sehen ist. Wir zeigen mit unserer Agentur und The Farm, was auch im Handel machbar ist und wie man einen Store so aufbauen kann, dass er inspiriert. The Farm ist ein Beratungskonzept, das derzeit mit einer Testfläche im Kadewe vertreten ist. Dieses gibt uns die Möglichkeit, Rückschlüsse auf verschiedene Retail-Konzepte zu ziehen und bildet so die Basis für unsere Empfehlungen an Händler und Marken. So können wir sehr gut analysieren, was am POS geht und was geht nicht.
Foto: Winni Klenk von Abseits in Stuttgart ist auf der Suche nach dem besonderen Stück. Barbara Russ für FashionUnited