Richemont wächst verhalten und büßt an Marge ein
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Der Schmuck- und Uhrenkonzern Richemont hat das Geschäftsjahr 2023/24 (Ende März) mit einem Umsatzplus abgeschlossen. Während die Schmucksparte mit ihrem Aushängeschild Cartier brillierte, setzte den Uhrenhäusern das sich abschwächende Marktumfeld zu. Insbesondere in China ist die Konsumstimmung noch gedämpft. Zudem kündigte Richemont einen Wechsel an der Spitze an.
Der Umsatz der Richemont-Gruppe, der neben Cartier auch Marken wie Piaget oder IWC angehören, stieg ohne die Online-Sparte YNAP um drei Prozent auf 20,6 Milliarden Euro, wie der Konzern am Freitag mitteilte. Um Währungseinflüsse bereinigt wären die Verkäufe um acht Prozent gestiegen. Damit hat sich die Wachstumsdynamik zum Ende des Geschäftsjahres hin abgeschwächt, im Schlussquartal sank der Umsatz leicht. Zuvor waren die Verkäufe in den ersten neun Monaten in der Berichtswährung Euro mit fünf Prozent und in Lokalwährungen mit elf Prozent gewachsen.
Am Markt kamen die Zahlen sehr gut an. Analysten zeigen sich positiv überrascht. In den vergangenen Wochen hatten Konkurrenten aus dem Luxusgütermarkt schwächere Daten geliefert. Im morgendlichen Schweizer Handel kletterten die Papiere an der SMI-Spitze kräftig um 6,3 Prozent auf 146,05 Franken. Das bisherige Jahreshoch bei 150,60 Franken ist damit nicht mehr allzu weit entfernt.
Richemont "berühigend widerstandsfähig"
Der Analystentenor liest sich durchaus positiv. „Beruhigend widerstandsfähig“, heißt es etwa bei Jefferies. „Stärker als befürchtet“, titelt Bernstein, insbesondere mit Blick auf das Schlussquartal. Vor allem die Schmucksparte konnte überzeugen, und auch im Vergleich zur Konkurrenz habe sich Richemont gut geschlagen. Generell seien es schwierige Zeiten für die Luxusbranche, beschreibt Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy die Gemengelage. Anhaltende Inflation, hohe Zinsen, langsameres Wachstum in China und ein insgesamt gedämpftes Konsumumfeld. Nur starke Marken mit einer hohen Preissetzungsmacht könnten sich in einem solchen Umfeld weltweit gut entwickeln - wie die Performance von Richemont im letzten Quartal im Konkurrenzvergleich gezeigt habe, so Bertschy.
Die Bernstein-Expert:innen loben primär die Schmucksparte, die im Quartal per Ende März immer noch besser abgeschnitten habe als Konkurrent LVMH – und deren Schmuckgeschäft gelte als stellvertretend für den ganzen Sektor. JPMorgan beurteilt die Schmuck-Entwicklung speziell mit Blick auf die hohe Vergleichsbasis des Vorjahres als "beeindruckend". Und auch das Uhrengeschäft habe sich deutlich besser geschlagen als befürchtet. Insgesamt sei Richemont robuster geworden und habe sich mit den Zahlen die Aufmerksamkeit der Anleger und eine höhere Bewertung verdient.
Rückgang beim operativen Ergebnis
Beim operativen Ergebnis verbuchte Richemont im abgelaufenen Geschäftsjahr hingegen einen Rückgang. Der Betriebsgewinn im weitergeführten Geschäft, also ebenfalls ohne die zum Verkauf stehende Online-Tochter YNAP, ging um 5 Prozent auf 4,79 Milliarden Euro zurück, wie das Unternehmen weiter mitteilte. Die dazugehörige Marge schrumpfte vor allem aufgrund ungünstiger Währungseffekte um 1,9 Prozentpunkte auf noch 23,3 Prozent.
Unter dem Strich verblieb inklusive YNAP ein Gewinn von 2,36 Milliarden Euro nach 301 Millionen im Vorjahr. Damals hatten hohe Abschreiber das Online-Geschäft belastet. Den Aktionär:innen wird derweil die Zahlung einer Dividende von 2,75 Franken je A-Publikumsaktie vorgeschlagen. Zuletzt wurden 3,50 Franken inklusive einer Sonderdividende von einem Franken bezahlt.
Wie die Zukunft für YNAP nach dem geplatzten Verkauf an den britischen Onlinehändler Farfetch aussieht, ist noch ungeklärt. Gespräche mit möglichen Käufern würden derzeit geführt, hieß es. Eine Entscheidung zu YNAP sei bis Ende des Jahres zu erwarten. 2023/24 hat YNAP einen Verlust von 1,5 Milliarden Euro geschrieben.
Im vergangenen Jahr lief insbesondere das Geschäft mit Schmuck der Marken Cartier, Van Cleef & Arpels und Buccellati gut. Die Verkäufe kletterten in Lokalwährungen gerechnet um 12 Prozent in die Höhe, mit einem Umsatzvolumen von 14,2 Milliarden Euro. Die Sparte hielt die operative Marge mit 33,1 Prozent (-1,8 Punkte) auf einem hohen Niveau.
Die Uhrensparte mit Marken wie IWC, Piaget oder Jaeger LeCoultre wuchs in Lokalwährungen lediglich noch mit 2 Prozent, während der Umsatz in Euro um 3 Prozent auf 3,77 Milliarden Euro zurückging. Die Marge brach um 3,8 Punkte auf 15,2 Prozent ein. Gut habe sich das Uhrengeschäft jedoch in den markeneigenen Shops entwickelt, hieß es.
Mit Blick auf die zuletzt verhaltene Nachfrage in China erklärte Verwaltungsratspräsident Johann Rupert, dass es noch Zeit brauche, bis das Konsumentenvertrauen zurück sei. In den USA läuft das Geschäft von Richemont seit Oktober wieder auf Hochtouren, wie Cartier-Chef Cyrille Vigneron hinzufügte. Viele Richemont-Marken seien bei US-Kund:innen sehr gefragt.
Einen Wechsel gibt es unterdessen an der Spitze der Konzernleitung. Die Rolle des Konzernchefs übernimmt der heutige Chef von Van Cleef & Arpels, Nicolas Bos. Er folgt auf Jérôme Lambert, der künftig das Amt des Chief Operating Officer bekleiden wird. Auch dieser Wechsel kam am Markt gut an. Die Analysten von JPMorgan sprachen von einer "hervorragenden Entscheidung".
Zudem kaufte Richemont eine Kontrollmehrheit von 70 Prozent am Luxusschuhhersteller Gianvito Rossi. Bereits Anfang Mai hatte der Konzern die Übernahme des italienischen Schmuckherstellers Vhernier gemeldet. (dpa)