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Travelretail unter Druck: Gebr. Heinemann rechnet nicht mit schneller Erholung

Von Simone Preuss

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Das Hamburger Handelsunternehmen Gebr. Heinemann SE & Co. KG hat am Freitag seinen Jahresbericht für das Geschäftsjahr 2019 vorgelegt und einen Ausblick auf die zukünftige Situation angesichts der Coronakrise gegeben. Das Unternehmen, das 2019 mit einem Umsatzwachstum von 5,3 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro abschloss, aber im ersten Halbjahr 2020 einen Pandemie-verursachten Umsatzeinbruch von fast 60 Prozent verzeichnete, rechnet nicht mit einer schnellen Erholung.

„Während unserer langjährigen Geschichte haben wir bereits viele Krisen gesehen. Das gibt uns Orientierungspunkte. Aber die Ausmaße dieser Pandemie sind bisher unvergleichbar. Feststeht, dass der Weg bis zu einer Erholung des Reisemarktes sehr lang sein wird. Wir sprechen hier von Jahren, nicht von Monaten“, kommentiert Max Heinemann, Geschäftsführer bei Gebr. Heinemann, in einer Pressemitteilung des Unternehmens, das seit fünf Generationen im Familienbesitz ist. „Als Familienunternehmen denken wir aber in Generationen, nicht in Quartalen.“

Schnelle Erholung des Reisemarktes ist nicht in Sicht

Trotz starker Umsätze im Januar und Februar verzeichnete die Heinemann Gruppe einen Umsatzrückgang von knapp 60 Prozent im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, da alle Einnahmequellen für die Monate März bis Mai fast vollständig versiegten, so Finanzchef Stephan Ernst. Auch im Juli, in dem die Sommerferien normalerweise gute Reise- und damit Umsatzmöglichkeiten bieten, lag der Umsatz trotz teils aufgehobener Reiserestriktionen weiterhin 75 Prozent unter dem vom Juli 2019.

„Auch wenn das Reisen langsam wieder anläuft, so wird auch das zweite Halbjahr 2020 weit unter den Erwartungen und den Ergebnissen von 2019 bleiben. Eine kurzfristige Verbesserung der schwierigen Situation ist daher nicht zu erwarten“, prognostiziert das Unternehmen.

Gebr. Heinemann setzt umfangreiches Maßnahmenpaket um

Um diese anzugehen, ist Gebr. Heinemann dabei, ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Kostensenkung und Sicherung der Liquidität umzusetzen. Dazu gehört die Senkung operativer Ausgaben, die Beschränkung der Investitionen auf operativ notwendige Maßnahmen und die Reduzierung des Umlaufvermögen.

Hinsichtlich der Mieten und Konzessionsabgaben an den Flughäfen befindet sich Gebr. Heinemann mit Blick auf das deutlich reduzierte Passagieraufkommen in engem Austausch mit seinen Partnern. Hier konnten bereits erste Erfolge in den Gesprächen erzielt werden. Gleiches gilt für die Gespräche zu Konditionen bei und die Vereinbarungen mit Lieferanten, so das Unternehmen.

„Bei den Personalkosten konnten durch die Inanspruchnahme von staatlichen Fördermitteln und Stellenstreichungen im ersten Halbjahr Einsparungen in Höhe von knapp über 30 Prozent erzielt werden“, berichtet Ernst und ergänzt: „Allerdings werden weitere Anpassungen des Stellengerüsts – sowohl an den Standorten weltweit sowie in der Unternehmenszentrale – vorgenommen werden müssen, um die Personalkosten längerfristig zu senken und die Größe der Organisation an die neuen Marktbedingungen anzupassen – schlanker und schlagkräftiger für den Neustart.“

Jahresumsatz 2019 stieg um 5,3 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro

Der kontrollierte Umsatz der Heinemann Gruppe betrug 2019 4,8 Milliarden Euro, was einem Wachstum von 5,3 Prozent gegenüber dem Umsatz von 4,6 Milliarden Euro im Jahr 2018 entspricht. „Wir konnten das Geschäftsjahr 2019 mit einem über dem Vorjahr liegenden, guten Ergebnis abschließen und unsere starke Position in vielen Regionen und Vertriebskanälen ausbauen“, erläutert Finanzchef Stephan Ernst in der Mitteilung.

Im Bereich Einzelhandel stieg der Umsatz sogar um 7,2 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro an, zu dem das im April 2019 eröffnete Center-Management-Modell im neuen Istanbuler Flughafen im Wesentlichen beigetragen hat. Mit einem Umsatzanteil von 78 Prozent bleibt das Flughafen-Geschäft der stärkste Verkaufskanal des Unternehmens, gefolgt von Bordershops mit 12 Prozent.

Nach Kategorien aufgeschlüsselt war 2019 der Sortimentsbereich Spirituosen, Tabak- und Süßwaren und „Fine Food“ mit einem Anteil am Gruppenumsatz von 55 Prozent am stärksten, gefolgt von Parfum & Kosmetik mit 34 Prozent und Fashion & Accessories mit 9 Prozent.

Wie im Vorjahr investierte Gebr. Heinemann auch 2019 rund 100 Millionen Euro in das anorganische Wachstum - etwa den Kauf des russische Bordershop-Betreibers Kapo Duty Free - und in seine Digitalisierung, Automatisierung und Logistik, was sich gerade in Zeiten der Corona-Pandemie als vorausschauend erweisen sollte.

Die Zukunft des Travelretails

Was die Zukunft des Travelretails angeht, so bleibt Gebr. Heinemann zuversichtlich, seine Position langfristig halten zu können, sieht jedoch weitreichende Konsequenzen der Coronakrise voraus: „Der coronabedingte Einbruch des globalen Reisemarktes wird nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Umsätze im Jahr 2020 haben, sondern auch in den Folgejahren. Obwohl der Betrieb vieler Heinemann-Shops mittlerweile wieder aufgenommen wurde und sich von Monat zu Monat ein leichtes Wachstum abzeichnet, werden Jahre vergehen, bis das Unternehmen das Umsatzniveau von 2019 wieder erreichen wird“, so Gebr. Heinemann.

„Auch wenn sich das Reisen verändern wird und wir uns auf einen anderen, neuen Markt einstellen müssen, sind wir uns sicher, dass der Travel-Retail-Markt auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil des Reisens und vor allem der Flughäfen bleiben wird. Unsere ersten Erkenntnisse sind zumindest positiv: Wir beobachten in unseren wiedereröffneten Shops, dass die wenigen Menschen, die fliegen, auch kaufen und verzeichnen sogar steigende Umsätze pro Passagier. Wir müssen daher früh und schnell lernen uns auf den neuen Markt und die neuen Kundenbedürfnisse einzustellen“, fasst Heinemann zusammen.

Foto: Gebr. Heinemann

Gebr. Heinemann
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