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Victory & Dreams CEO Lex Hes: “Wir waren überwältigt von dem, was passiert ist”

Von Caitlyn Terra

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Business|CEO-INTERVIEW

Lex Hes spricht kaum mit der Presse über sein Unternehmen Victory & Dreams Holding, der niederländischen Muttergesellschaft der Bekleidungsmarken Miller & Monroe, Witteveen und Men at Work. "Ich denke, es ist wichtiger, dass meine und die Aufmerksamkeit des Unternehmens bei den Geschäften liegt”, sagte er. Aber vergangene Woche fühlte er sich gezwungen, an die Öffentlichkeit zu gehen. In seinem Büro im niederländischen Breukelen sprach Lex Hes mit FashionUnited darüber wie es zur Insolvenz von Miller & Monroe in Deutschland kam und einen möglichen Börsengang seines Unternehmens.

Miller & Monroe Niederlande ist nicht insolvent

Es ist der Nachmittag nach dem Tag, an dem Victory & Dreams International Holding die Marke Bonita von dem Hamburger Bekleidungskonzern Tom Tailor erworben hat. Seit November war die Übernahme in der Planung, aber stand zuletzt wegen Medienberichten über Insolvenzanträge gegen die niederländische Gesellschaft hinter der Modekette Miller & Monroe auf dem Spiel. Berichte über die finanzielle Lage des niederländischen Unternehmens und seiner Sparten hatten sich seit Ende des vergangenen Jahres gemehrt. Von verspäteten Zahlungen an Vermieter und Lieferanten war die Rede. Im Gespräch will der sonst medienscheue Lex Hes Kontext zu den Berichten bieten und stellt klar, dass sein Unternehmen in den Niederlanden nicht insolvent ist.

”Was Sie jetzt sehen, ist, dass wir gerade von verschiedenen Seiten unter Druck gesetzt zu werden”, sagte er.

Bisher wurde nur für den deutschen Teil des Modefilialisten Miller & Monroe, die Vidrea Deutschland GmbH, im März das Insolvenzverfahren eröffnet. Um die Situation klar zu stellen, muss Hes weit ausholen.

Die Altlasten von Charles Vögele wiegen schwer

In Deutschland hat Victory & Dreams im vergangenen Jahr 200 Charles Vögele Filialen von der Schweizer Muttergesellschaft Sempione Fashion AG übernommen. Diese wiederum hatte den italienischen Handelskonzern OVS Spa als Anteilseigner. “Wenn Sie ein Unternehmen übernehmen, können Sie es nur mit einer Bilanzgarantie übernehmen. Was ist passiert? Wir kauften das Unternehmen und führten im Januar ausführliche Gespräche über die Transaktion”, sagte Hes.

Als Ergebnis der Gespräche bekam er eine Bilanzgarantie in Höhe von 93 Millionen Schweizer Franken. Damit zeigte Sempione, dass die Gesellschaft über Eigenkapital verfügte und die Garantie sei laut Hes von dem Präsidenten der OVS unterzeichnet worden, der auch Präsident des Verwaltungsrats der Schweizer Gesellschaft ist. “Ich hielt 93 Millionen Euro für ausreichend”, erzählt der Geschäftsführer. Im Februar unterzeichnete er dann den Anteilskaufvertrag und übernahm am 20. April das deutsche Unternehmen. Eigentlich hätte es der 1. April sein sollen, aber die Struktur der deutschen Holdinggesellschaft von Victory & Dreams stand erst am 20. April.

Ein wesentlicher Punkt bei der Vereinbarung mit Sempione war auch die Umwandlung der Charles Vögele Filialen in das Ladenkonzept von Miller & Monroe: 43 Filialen sollten im April 2018 umgestellt werden und der Rest erst von August bis September. In diesem Zeitraum sollten die Erlöse dieser Filialen Sempione zugute kommen, sagt Hes. Ebenfalls wurde vereinbart, dass die Geschäfte bis zum 30. September von den Schweizern geführt werden. “Das gab ihnen auch die Gewissheit, dass der Bestand in den Filialen korrekt geliefert und verbucht wird, und es gab die Vereinbarung, jede Woche abzurechnen. Weil es noch Charles Vögele Filialen mit OVS-Ware waren."

“Wir haben sicherlich Fehler gemacht, indem wir viele Menschen nicht rechtzeitig darüber informiert haben, was mit uns los ist. Aber wir waren überwältigt von dem, was passiert ist.”

Lex Hes, CEO Victory & Dreams International Holding

Doch bald zeigten sich die Tücken dieser dieser Vereinbarung. Mitte Mai bemerkte Victory & Dreams dass zwischen dem 1. Januar und dem 1. April ein Betrag von rund 10 Millionen Euro vom deutschen Konto auf das Schweizer Konto Sempiones überwiesen worden war – ohne Angabe eines Verwendungszwecks. “Das bedeutet, dass sie das deutsche Konto in der Schweiz aus Geldmangel geplündert haben”, sagt Hes. “Bereits am Tag der Umstellung wurden eine Million Euro überwiesen. Wir haben sofort reagiert und gesagt, dass wir das Geld zurückhaben wollen, aber wir haben keine Antwort erhalten und das Unternehmen ist am 1. Juni Konkurs gegangen.”

Klicken Sie durch die Slideshow um sich die Läden von Miller & Monroe in den Niederlanden anzusehen.

So kam es zur Insolvenz von Miller & Monroe in Deutschland

"Was bedeutete das für uns? Das bedeutet, dass die Bilanzgarantie falsch war. Selbst wenn sie nicht falsch gewesen wäre, hätte jeder anständige Unternehmer zwischen Ende Januar und 20. April sagen sollen: "Lex, mit uns läuft etwas schief. Wir haben jetzt ein Problem, wir haben dir eine Bilanzgarantie gegeben, aber willst du das Unternehmen noch übernehmen? Dann wäre meine Antwort gewesen, dass ich nicht mehr übernehmen werde”, erzählt der Unternehmer.

Aber diese Frage sei nie an Hes gestellt worden. Nach der Insolvenz von Sempione Fashion, blieb sein Unternehmen auf den Forderungen von 23 Millionen Euro der OVS gegenüber der Charles Vögele Deutschland GmbH sitzen, denn der italienische Konzern war der einzige Lieferant der deutschen Filialen. Die Zahlungen an OVS, die die ehemaligen deutschen Läden bis zur Übergabe der Geschäftsführung an Victory & Dreams hätten leisten müssen, fanden laut Hes nie statt. Eine Lösung mit der OVS wurde nicht gefunden, stattdessen sah sich Hes in der Zwischenzeit mit weiteren Ansprüchen aus der Vergangenheit konfrontiert. “Wir waren mit drei Vermieterprozessen konfrontiert, von denen wir noch nie zuvor einen Laden gesehen hatten. Sie haben alle Arten von Ansprüchen aus der Vergangenheit in Höhe von 1 Million Euro gestellt. Dann drohte eine Steuerprüfung, die zeigte, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden, was zu einem zusätzlichen Anspruch von 3 Millionen Euro führte. Diese Ansprüche beziehen sich alle auf den Zeitraum vor der Übernahme des Unternehmens und mangels Bilanzgarantie hatte ich nichts mehr übrig.”

"Jetzt kommt das Schlimmste”, sagt Hes. In Deutschland hatte Sempione Gordon Brothers mit dem Ausverkauf in den 143 Geschäften beauftragt, die noch Ware von OVS führten. Nach der Insolvenz der Schweizer Muttergesellschaft, verlangte das US-amerikanische Abwicklungs-Unternehmen rund 6 Millionen Euro für seine Dienste von der deutschen Sparte der Victory & Dreams Holding.

”Nach langen Verhandlungen haben wir uns darauf geeinigt, dass wir im vergangenen Jahr 50 Prozent direkt von der deutschen Gesellschaft zahlen und ein Darlehen von 3 Millionen Euro erhalten, das wir ab April diesen Jahres in neun Raten zahlen werden”, sagte Hes. "Es ist ein schwieriger Kompromiss für uns, aber wir haben ihn vergangenes Jahr so akzeptiert."

”Natürlich frage ich mich auch, ob ich zu unbeschwert war. Dann denke ich, nein.”

Lex Hes, CEO Victory & Dreams International Holding

Um mehr Mittel aufzutreiben, wollte Hes Immobilien verkaufen. Aber die Veräußerung der deutschen Zentrale von Vidrea sei Ende Dezember in letzter Minute gescheitert, erzählt er. Gordon Brothers kündigte daraufhin sofort den Kredit und stellte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens – aus Furcht um die Verfassung der deutschen Geschäfte. “Ich habe diesen Antrag viel zu spät erhalten. Wir haben versucht, eine Einigung zu erzielen – was aber nicht geglückt ist – und dann das Gericht um eine Verschiebung gebeten, um auf den Antrag reagieren zu können”, erzählt Hes. Das wurde allerdings vom Amtsgericht in Hechingen nicht gewährt und so kam es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Vidrea Deutschland GmbH am 1. März.

Miller & Monroe könnte bis zu 60 Geschäfte in Deutschland schließen

”Der ernannte Treuhänder hat mich davon überzeugt, dass es besser ist, mit ihm zusammenzuarbeiten und die schlechten Geschäfte zu verkaufen, so dass man nach drei Monaten mit den guten Geschäften weitermachen kann. Die gesamten schädlichen Folgen des Verlustes der Bilanzgarantie werden vom Verwalter beseitigt”, sagt er. Hes geht davon aus, dass zwischen 40 bis 60 Läden von Miller & Monroe während des Insolvenzverfahrens geschlossen werden. Die genaue Anzahl hänge aber noch von den Verhandlungen des Insolvenzverwalters mit den Vermietern der Ladenflächen ab. Bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat Miller & Monroe noch 163 Filialen in Deutschland betrieben.

"Hätte man das verhindern können? Die Tatsache, dass ich eine von zwei börsennotierten Unternehmen unterzeichnete Bilanzgarantie von 93 Millionen Franken bekomme, kann man mir das als Geschäftsführer ankreiden? Natürlich frage ich mich auch, ob ich zu unbeschwert war”, sagte Hes. “Dann denke ich, nein. Wenn das zehn Millionen oder fünf Millionen gewesen wären, aber es waren 93 Millionen Franken gegenüber einer Bilanzsumme von 143 Millionen. Das sind fast 75 Prozent Eigenkapital. Das kann man mir nicht übel nehmen. Die Insolvenz in Deutschland wäre nicht eingetreten, wenn Gordon Brothers diesen Antrag nicht gestellt hätte, weil es in Deutschland keinen anderen Antrag gab. So hätte es tatsächlich verhindert werden können. Im Nachhinein denke ich – um die Worte von Johan Cruijff zu verwenden – dass jeder Nachteil seinen Vorteil hat."

Wie geht es bei der niederländischen Muttergesellschaft Victory & Dreams weiter?

Nach den turbulenten vergangenen Monaten muss Hes weiter Vereinbarungen über neue Lieferungen für seine Läden treffen, zu denen außer Witteveen und Miller & Monroe nun auch die frisch erworbene Bonita gehören wird. Es sehe im Moment gut aus, sagt der Unternehmer. “Die meisten Lieferanten wollen zusammen arbeiten und nicht gegeneinander. Wir sind sehr positiv gestimmt, zumal die Lieferanten nun auch mit Bonita zusammenarbeiten können”, erzählt Hes.

"Ich sage nicht, dass es nichts gibt, natürlich gibt es Dinge, die vor sich gehen, und wegen der Prozesse in Deutschland befinden wir uns in einer Umstrukturierung in den Niederlanden.” Allerdings sehe es im Moment gut für das niederländische Unternehmen aus, sagte Hes. “Wir sind zuversichtlich, dass wir eine Einigung mit allen Lieferanten und Interessengruppen erzielen werden".

”Sollte mehr auf uns zukommen, als wir derzeit erwarten, ist eine Reorganisation wie in Deutschland möglich. “

Lex Hes, CEO Victory & Dreams International Holding

Hes sieht trotz der Umsatzverluste aufgrund der Probleme in Deutschland keine negativen Ergebnisse für Victory & Dreams im Geschäftsjahr 2018. Bisher habe das Unternehmen gute Resultate erzielt, so sei 2017 laut Hes profitabel verlaufen. Für 2019 rechnet er mit einem “sehr moderatem ersten Quartal” – mit Verbesserung im laufenden Jahr.

"Sollte mehr auf uns zukommen, als wir derzeit erwarten, ist eine Reorganisation wie in Deutschland möglich. Wir haben keine Milliarde in der Bank und wir müssen echtes Geld verdienen, aber für alle Pläne haben wir bisher genug Geld”, sagt Hes. Die Aufgabe sei nun mit den neuen Geschäftsführern, die noch ernannt werden müssen, zusammenzuarbeiten und Zukunftspläne mit Lieferanten und Vermietern zu besprechen. Zu den Plänen gehörten auch die Vorbereitungen für einen Börsengang in der zweiten Jahreshälfte.

“Wir haben sicherlich Fehler gemacht, indem wir viele Menschen nicht rechtzeitig darüber informiert haben, was mit uns los ist”, sagte Hes. “Aber wir waren überwältigt von dem, was passiert ist.”

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.nl veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Weixin Zha.

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Bild: Miller & Monroe

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