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Von Flip-Flops zu Missoni: Zalando sucht nach Inspirationen

Von Weixin Zha

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Zehn Jahre nach der Gründung ist Zalando der größte Online-Modeanbieter Europas. Mit 25 Millionen aktiven Kunden kaufen umgerechnet 5 Prozent der europäischen Bevölkerung ihre Kleidung bei dem Berliner Unternehmen. Über 300.000 Produkte und 2000 Brands bietet die Website an. Lange wollte Zalando für alle alles sein, doch das riesige Sortiment überfordert auch Kunden.

Mehr Premiummarken sollen nun das modische Profil schärfen und die Verbraucher zum Kauf inspirieren. Gleichzeitig soll das Womenswear-Sortiment inklusiver und nachhaltiger werden. Also doch alles für alle? Claudia Reth, VP Category Specialties und Sara Diez, VP Category Women, sprechen über ihre Pläne für die Bereiche Frauen und Premium bei Zalando, das vor zehn Jahren als Start-Up mit dem Verkauf von Flip-Flops im Internet startete.

In einer Dreizimmer-Wohnung in der Berliner Torstraße begann die Erfolgsgeschichte des damaligen E-Commerce Start-Ups Zalando. Am Anfang hat sie Reduzierungen noch schnell selbst am Wochenende eingegeben, erinnert sich Claudia Reth, die vor neuneinhalb Jahren als Mitarbeiterin Nummer 12 bei Zalando anfing.

“Es war uns allen damals natürlich nicht bewusst, wie groß es wird, nicht einmal ansatzweise”, erzählt sie in einem Interview mit FashionUnited. Als Claudia Reth 2009 zu Zalando kam, führte die Onlineplattform nur Schuhe. Es waren nicht mehr als 50 Marken. Sie hat dann mit Zalando-Mitbegründer David Schneider gemeinsam den Fashion-Bereich aufgebaut, der Anfang 2010 online ging. Neue Kategorien wie Sport und Premium kamen bald hinzu und die Niederlande als erster Auslandsmarkt.

Foto: Claudia Reth, VP Category Specialties

“Ich kann mich noch an eine Order erinnern, das war eine Lederjacke für 600 Euro. Wir haben überlegt, ob wir zwei in Größe S oder zwei in Größe M bestellen sollen”, sagte Reth, die jetzt den Geschäftsbereich Specialities mit 230 Premiummarken, 330 Kindermarken und über 180 Beauty-Marken leitet. Anfang Dezember hat sie auch die Sportswear-Kategorie mit 250 Marken übernommen.

“Wo wir jetzt wohl hunderte ordern, haben wir damals noch länger darüber nachgedacht, wo wir die größte Menge platzieren”, erzählt Claudia Reth im Showroom der Eigenlabels von Zalando. Riemchensandalen der Marke Zign stehen hinter ihr, schräg gegenüber hängt ein schwarzes, mit Pailletten besticktes Trägertop von Anna Field. Insgesamt elf für den Verkauf im Internet ausgerichtete Marken produziert zLabels, die Eigenmarkentocher von Zalando. Pro Saison werden 12.000 Produkte hauptsächlich für den Verkauf auf den Plattformen von Zalando hergestellt. Etwa 10 bis 15 Prozent tragen die Eigenlabels zum Umsatz bei. Den Hauptteil der Erlöse erwirtschaftet der Bereich ‘Fashion Store’ unter dem Segmente wie Women, Men, Sport und auch Beauty zusammengefasst sind.

Die immense Größe des Sortiments verdeutlicht ein Besuch der Zalando Fotostudios in den langen Hallen des Postbahnhofs in Berlin. Vorderansicht, Hinteransicht, Details und ‘Shop the Look’. Jeden Tag werden hier Fotos von hunderten Artikeln für Frauen und Männer gemacht und online gestellt, pro Woche ergibt das 12.000 Produkte.

Mehr Inspiration

Jahrelang ging es Zalando darum, möglichst viele Artikel auf seiner Plattform anzubieten, auch in Zusammenarbeit mit Fashionbrands oder Modehändlern. Das führte dazu, dass Zalando aufgrund der Breite seines Sortiments von Wettbewerbern auch spöttelnd mit einer durchsuchbaren Online-Lagerhalle verglichen wurde: Wer etwas Bestimmtes sucht, findet es mit hoher Wahrscheinlichkeit. Aber gerade in den Kernmärkten von Zalando in Europa, sind die Kleiderschränke voll, kaum jemand braucht dringend Mode. Es geht um das Browsen und Bummeln im Netz, darum spontane Käufe zu stimulieren, die aus Lust oder Langeweile getätigt werden. Da kann ein übergroßes Angebot ohne klares modisches Profil Kunden überfordern, die lange suchen müssen, um das Richtige zu finden und dann wenig oder gar nicht kaufen.

Das Problem hat auch Zalando erkannt. Der Konzern, der mittlerweile über 15.000 Mitarbeiter beschäftigt, überprüft auch, welche Marken auf seiner Plattform Sinn machen. Es geht nun darum den Kunden Inspiration zu bieten, ein Wort, das Sara Diez, die den Bereich Womenswear leitet, noch oft im Gespräch erwähnen wird.

“Mode und Inspiration stehen im Mittelpunkt unserer Strategie für Frauen”, sagt Diez, die im September von US-Sportartikelkonzern Nike zu Zalando gewechselt ist. “Also investieren wir viel, um wirklich viel Inspiration zu bieten."

In seinen 17 europäischen Märkten setzt Zalando dafür auch auf kleinere Brands, die seinem Angebot Relevanz lokal verleihen, wie auf die Labels Sandro und Maje bei seinem Vorstoß in Frankreich vor zwei Jahren. Der Online-Modeanbieter will auch Marken exklusiv nach Europa bringen, um Kunden zu locken. Australische Brands werden bereits angeboten und auch welche aus Los Angeles. Demnächst könnte es auch koreanische Labels geben.

Foto: Sara Diez, VP Category Women by Svenja Krüger

Vor allem vom Premium-Segment verspricht sich Zalando viel um sein modisches Profil zu schärfen. Vor fast zehn Jahren nahm das Unternehmen Hugo Boss als eine der ersten Premium-Marken ins Sortiment. Mittlerweile führt Zalando 230 Premiumbrands und dieses Geschäftsfeld ist eines der am schnellsten wachsenden. In den vergangenen zwei Jahren kamen allein 70 Marken neu auf die Plattform, in den nächsten zwei Monaten sollen weitere 17 dazukommen, wie Diane von Furstenberg oder Missoni.

Fokus auf Contemporary

“Wir wollen uns stärker auf Contemporary fokussieren, also auf die modische Spitze von Premium”, erklärt Claudia Reth die zukünftige Ausrichtung. Zalando hilft auch das Umdenken der Premiummarken. Viele scheuten sich in Vergangenheit vor dem Onlinegeschäft aus Angst ihre Exklusivität einzubüßen. Aber jetzt erkennen viele Brands, wie wichtig es ist, im Internet präsent zu sein.

Mehr höherpreisige Premiumbrands könnten Zalando auch helfen eine wichtige Kennzahl zu verbessern, die zuletzt unter Druck geraten ist. Der durchschnittliche Warenkorbwert sank im dritten Quartal diesen Jahres auf 57,50 Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 62 Euro. Außer dem warmen Wetter im Herbst, das den Kauf von Winterjacken verzögerte, machte Zalando im Quartalsbericht auch das mobile Einkaufen und günstige Fast Fashion Produkte für die Abnahme des Wertes verantwortlich.

Der gesunkene Warenkorbwert hat auch zu einer Verlangsamung des Umsatzwachstums im dritten Quartal geführt. Zalando musste daraufhin seine Prognose für das Gesamtjahr im September herunterschrauben. Der Aktienkurs sank in den anschließenden Wochen und fiel am Montag auf den tiefsten Stand seit vier Jahren.

Inklusiv und nachhaltig

Ebenfalls könnte die Einführung von Kosmetikartikeln im März auf lange Sicht helfen, den Warenkorbwert zu steigern. Konsumenten kaufen Mode oft mit Kosmetikprodukten ein und das habe sich auch bei Zalando so wie erwartet entwickelt, erzählt Claudia Reth. Langfristig soll das Beauty-Sortiment von “niedrig bis hochpreisig” reichen.

Zu guter Letzt will Zalando in seinem Womenswear-Segment auch in zwei weiteren Bereichen mit den Trends der Modebranche gehen. Zum einen will der Online-Retailer inklusiver werden und wächst derzeit im Bereich der Special Sizes, von Großen Größen bis Petite bereits mit 50 Prozent, sagt Sara Diez. Auf seiner deutschen Website wirbt Zalando mit Größen bis 56 und Kundinnen können hier auch Modelle nach Körpertyp shoppen.

Zum anderen versucht Zalando beim Thema Nachhaltigkeit bei seinen Kunden zu punkten. Mehr als 11.000 Artikel sind bereits als ‘nachhaltig’ gekennzeichnet. Mit wichtigen Marken sei man im Gespräch und weitere könnten aufgenommen werden, erzählt Diez. “Bei Zalando möchten wir jetzt und nicht später in das Thema einsteigen, weil wir wissen, wie wichtig es ist.”

Fotos: Zalando | FashionUnited
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