Von Hugo Boss bis Adidas – die wachsende Liste der Modeunternehmen, die ihr Geschäft in Russland pausieren
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Seitdem Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, schränken immer mehr Modeunternehmen ihre Geschäftstätigkeiten in Russland ein. Sei es im Fast-Fashion-Segment oder im Luxusbereich, ob Sportmarken oder Uhrenhändler – die Liste wächst täglich. Neben geschlossenen Ladenlokalen und Online-Shops und unterbrochenen Lieferketten positioniert sich die Modeindustrie auch mittels öffentlicher Aufrufe und Spendenaktionen gegenüber den politischen Geschehnissen im Osten. FashionUnited hat die Lage zusammengefasst.
Die Türen der Modeketten bleiben geschlossen
Die spanische Modekette Mango hat Ende letzter Woche seine Läden in Russland geschlossen und den Online-Verkauf eingestellt. Der spanische Modekonzern Inditex folgte am Montag – es wurden alle 502 Läden geschlossen. Russland ist nach Spanien der größte Markt des Mode-Riesen, mehr als 10.000 Angestellte waren dort laut dem Geschäftsbericht 2020 für den Konzern tätig.
Auch die H&M stellte den Verkauf aller in Russland vertretenen Marken ein, schloss die stationären Verkaufspunkte und pausierte die Aktivitäten der russischen Onlineshops.
Der britische Modeversandhandel Asos, sowie der Handelskonzern JD Sports stoppten ebenfalls ihre Aktivitäten, es folgten Jeanshersteller Levi Strauss und Sportartikler Puma Anfang dieser Woche. TJ Maxx kappte die Verbindung nach Russland indem sich der US-amerikanische Handelskonzern von seiner Beteiligung an der russischen Handelskette Familia trennte. Auch die Sportartikelhersteller Adidas und Nike unterbrechen den Verkauf in Russland. Adidas wird die Mitarbeiter:innen weiterhin bezahlen und mittels Transport- und Unterkunfts-Hilfen unterstützen. Auch psychologische Betreuung soll den Betroffenen geboten werden.
Die PVH Gruppe, zu der Tommy Hilfiger und Calvin Klein gehören, hat alle Tätigkeiten in Russland und Belarus angehalten, teilte PVH am Montag mit. Der US-amerikanische Konzern hatte bereits Ende Februar den Online-Handel gestoppt. 550 Personen sind von den Umständen betroffen, PVH wird die Mitarbeiter:innen in Russland weiterhin bezahlen.
Uhrenmarken legen das Geschäft auf Eis
In Folge der Sanktionen gegen Russland wird die Schweizer Swatch Gruppe nicht mehr nach Russland liefern. Die Läden vor Ort bleiben allerdings vorerst noch geöffnet, teilte der Konzern am Freitag mit. Wie lange das Geschäft vor Ort ohne neue Lieferungen betrieben werden kann, bleibt offen.
Auch der internationale Uhren-Marktplatz Chrono24 stoppt das Geschäft vorerst, teilt das Unternehmen am Dienstag mit. „Die Geschehnisse in den vergangenen Tagen widersprechen unserem Wertesystem – sowohl menschlich als auch unternehmerisch. Daher haben wir die Entscheidung getroffen, unser Marktplatzangebot in Russland vorübergehend zu stoppen", sagt Tim Stracke, Co-CEO und Gründer von Chrono24.
Der Schmuckhersteller Swarovski schließt ebenfalls seine 12 russischen Filialen und stellt alle Lieferungen in das Land vorübergehend ein. Auch der Online-Shop ist pausiert. Swarovski wird die 80 Mitarbeiter:innen weiterhin unterhalten.
Modehäuser schließen sich der Pausierung an
Die französischen Luxusmarken Hermès und Chanel, sowie der Modekonzern LVMH haben allesamt ihre Aktivitäten in Russland eingestellt. Für Hermès bedeutet das die Schließung von drei Läden, sechzig russische Mitarbeiter sind betroffen. Das Unternehmen werde „die Leute vor Ort weiterhin unterstützen”, so das Unternehmen am Freitag. Bei Chanel sind 17 Läden von den Maßnahmen betroffen, bei LVMH 124 Verkaufsstellen.
Neben den französischen Modehäusern, zieht sich auch Prada temporär aus dem Verkauf in Russland zurück, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Die Gedanken des Unternehmens seien bei den Kolleg:innen „und ihren Familien, die von der Tragödie in der Ukraine betroffen sind”.
Ebenso verkündete Hugo Boss eine Pausierung des Geschäfts in Russland während Angestellte weiter ihren Lohn erhalten, wie das Unternehmen am Dienstag gegenüber FashionUnited bestätigte. Ähnlich wie bei vielen anderen Unternehmen, hatte Hugo Boss zuerst die Online-Aktivitäten ausgesetzt, am Montag folgte die Schließung der Läden und das Stoppen jeglicher Werbemaßnahmen.
Die Appelle aus der Modebranche
Neben den Modeunternehmen haben sich auch mehrere Modeverbände positioniert. Sowohl der British Fashion Council, als auch der italienische Modeverband CNMI richteten sich an ihre Mitglieder und riefen zur Solidarität auf.. Die Berlin Fashion Week bekannte wortwörtlich Farbe zu den Geschehnissen – das Emblem der Berliner Modewoche, die vom 14. bis zum 20. März stattfindet, wurde kurzerhand in die blau-gelben Farben der Ukraine getaucht.
OneGranary, die Plattform von Central Saint Martins, hat sich in einem offenen Brief an die Modeindustrie gewandt, in dem die gesamte Branche dazu aufgerufen wurde, Einsatz zu zeigen und aktiv zu werden.
Bei den Fashion Weeks in Mailand und Paris wurden ebenfalls Zeichen gesetzt – die Armani-Show in Mailand fand ohne Musik statt und das Label Sweet Lime Juice inszenierte seine Kollektion in Paris mit einer Friedensbotschaft. Balenciaga griff in seiner Vorstellung bildlich das Schicksal der Flüchtenden auf und legte ukrainische Flaggen auf die Plätze der Gäste. Die Modenschau von Valentin Yudashkin, einem russischen Designer, wurde von dem Ausschuss der Pariser Fashion Week aus dem Programm genommen. Grund dafür war, dass der Designer sich nicht ausdrücklich von dem durch Russland begonnenen Krieg „distanziert” hatte.
Auch die Messe Düsseldorf Gruppe hat auf die russische Invasion der Ukraine reagiert. „Als Konsequenz aus den beunruhigenden Ereignissen in der Ukraine hat der Aufsichtsrat der Messe Düsseldorf beschlossen, die Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe in Russland bis auf Weiteres einzustellen“, heißt es in einer Meldung am letzten Dienstag. Die Entscheidung schließe „auch die Aktivitäten der Tochtergesellschaft Messe Düsseldorf Moskau mit ein“.
Spenden für die Ukraine
Auch Marken, die keine stationären Läden in Russland oder der Ukraine haben und auch nicht über Onlineshops in die Länder verkaufen, zeigen Solidarität. So hat Textildiscounter Kik zum Beispiel eine Spendenaktion in Höhe von 5 Millionen Euro gestartet, teilte das Unternehmen am Montag mit. Die Summe wird an das UN-Flüchtlingshilfswerk United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) gespendet.
Die Luxusmarke Louis Vuitton hat am Freitag, bevor die Ladenschließungen feststanden, eine Spende von einer Million Euro an das Kinderhilfswerk Unicef bekannt gegeben. Mit dem Geld soll denjenigen geholfen werden, die von dem Krieg betroffen sind. „Millionen von Kindern und ihre Familien sind einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt, daher wird Louis Vuitton die Nothilfe von Unicef vor Ort zu unterstützen", so das Modehaus weiter. Der Mutterkonzern LVMH hat außerdem weitere fünf Millionen Euro an das Internationale Rote Kreuz gespendet.
Auch der japanische Textilkonzern Fast Retailing, zu unter anderem Uniqlo gehört, spendete zehn Millionen US-Dollar an UNHCR um Menschen zu helfen, die auf der Flucht vor dem Krieg sind. Zusätzlich spendete das Unternehmen 200.000 textile Gegenstände – unter anderem auch Decken und Masken. Die Hälfte der Sachspenden besteht aus Winterbekleidung, die aus einem Recyclingprogramm in japanischen Uniqlo-Geschäften weitergeleitet wurden. Der Modekonzern mit Sitz in Tokyo hat bisher nicht vor, das Geschäft in Russland zu unterbrechen. Die Situation werde „weiterhin beobachtet”. Tadashi Yanai, Gründer und Präsident bei Fast Retailing, sagte gegenüber AFP: „Sich zu kleiden ist eine Lebensnotwendigkeit. Die Russ:innen haben ein Recht, so zu leben wie wir.” Fast Retailing betreibt 49 russische Uniqlo-Filialen – was nur einen Bruchteil der insgesamt 2.350 Läden weltweit ausmacht.
Adidas spendete eine Million Euro an verschiedene Hilfswerke, darunter die UNO-Flüchtlingshilfe, die deutscher Partner des UNHCR ist und vergab eine Sachspende an Bedürftige in der Ukraine, Polen, Moldavien und Ungarn.
Armani spendete 500.000 Euro an UNHCR und vergab eine Kleiderspende an eine humanitäre Einrichtung, die die Textilien in den Grenzgebieten der Ukraine verteilt.
Außerdem spendete die Kinderhilfe ANWR an die Menschen in der Kriegsregion. Auch die Schmuckmarke Thomas Sabo leitete einen Spendenaufruf mit Wir helfen Kindern e.V. ein. (FashionUnited/ AFP)