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Zehn Jahre nach Ali Enterprises Brand: kaum Änderungen in Pakistans Bekleidungsindustrie

Von Simone Preuss

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Bild: Bekleidungsarbeiter:innen in Bangladesch fordern Accord / Clean Clothes Campaign

Ein Jahrzehnt nach dem tödlichen Brand bei Ali Enterprises im September 2012, bei dem mehr als 255 Bekleidungsarbeiter:innen ums Leben kamen, weil Notausgänge verschlossen waren, scheint sich nicht viel geändert zu haben: Die Ausgänge sind immer noch zu, was heißt, dass sich Ali Enterprises - einer der schlimmsten Betriebsunfälle in der Geschichte Pakistans - jederzeit wiederholen könnte.

Dies fand der Bericht „Workers' lives at risk: how brands profit from unsafe factory work in Pakistan“ heraus, der zusammen von der Clean Clothes Campaign (CCC) und dem Wales Institute of Social and Economic Research, Data and Methods (WISERD) der Cardiff University herausgebracht wurde. Sie fordern eine dringende Ausweitung des Internationalen Accords in Pakistan, einer rechtsverbindlichen Sicherheitsvereinbarung zum Schutz der Arbeiter:innen.

„Die Arbeiter:innen und Gewerkschaften vor Ort fordern seit Jahren ein verbindliches Sicherheitsabkommen. Die Umsetzung des internationalen Accords in Pakistan würde nicht nur die Sicherheit der Arbeitnehmer:innen gewährleisten, sondern auch dafür sorgen, dass sie die Möglichkeit haben, direkt mit Marken und den Fabrikarbeiter:innen zu verhandeln. Die Arbeitnehmer:innen in Pakistan brauchen dringend ein verbindliches Sicherheitsabkommen, nicht nur um die Sicherheitsprobleme in den Fabriken zu lösen, sondern auch um ihnen Sicherheit zu bieten, indem die niedrigen Registrierungsraten für Arbeiter:innen angegangen werden”, kommentierte Nasir Mansoor, Generalsekretär der Nationalen Gewerkschaftsföderation in Pakistan, in einer Mitteilung.

Accord auf Pakistan ausweiten

Die Textil- und Bekleidungsindustrie des südasiatischen Landes beschäftigt rund 4,2 Millionen Arbeiter:innen - ein Großteil (2,2 Millionen Menschen) von ihnen stellt Bekleidung her; 1,8 Millionen Textilien, und 200.000 sind Teil der Schuh- und Lederindustrie beschäftigt.

Um herauszufinden, welche Änderungen zu ihrem Schutz erforderlich sind, führte die Clean Clothes Campaign eine umfassende Umfrage unter fast 600 Arbeiter:innen durch, die sich mit Themen wie Belästigung am Arbeitsplatz, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und ihrem allgemeinen Wohlbefinden befasste.

„Am dringlichsten waren die Mängel bei einigen der grundlegendsten Sicherheitsvorkehrungen in der pakistanischen Bekleidungsproduktion, selbst wenn diese gesetzlich vorgeschrieben sind“, ergab die Umfrage.

Ausgänge immer noch unzugänglich

So berichteten 85 Prozent der Arbeiter:innen, dass sie im Falle eines Brandes keinen Zugang zu geeigneten Treppen hätten. Ein Fünftel gab an, dass es an ihrem Arbeitsplatz keine Brandschutzübungen gäbe und sie Fluchtwege und Notausgänge nicht kennen würden. In Fabriken, in denen Frauen die Mehrheit der Beschäftigten ausmachen, gaben nur drei Viertel der Beschäftigten an, dass sie Zugang zu ungehinderten Fluchtwegen hätten.

„Es ist klar, dass die Sicherheit der Arbeiter:innen ein geschlechtsspezifisches Problem ist, wobei Frauen in der Bekleidungsindustrie durchweg schlechter abschneiden als ihre männlichen Kollegen. Die Umsetzung des Abkommens hätte enorme Vorteile für die Sicherheit von Frauen am Arbeitsplatz und würde uns einen Mechanismus an die Hand geben, mit dem wir unseren Beschwerden Gehör verschaffen und auf sie reagieren könnten“, fordert Zehra Khan, Generalsekretärin der Home Based Women Workers Federation in Pakistan, in einer Mitteilung.

Darüber hinaus ergab die Umfrage, dass in Pakistan keine unabhängigen Fabrikinspektionen durchgeführt werden, so dass die Beschäftigten zwar von Feuermeldern und einigen Sicherheitsmechanismen berichteten, aber keine regelmäßigen Inspektionen durchgeführt wurden, um sicherzustellen, dass die Systeme und Geräte auch funktionieren.

Gesetze allein reichen nicht, Umsetzung muss her

„Obwohl die Gesundheits- und Sicherheitsgesetze in den Provinzen Sindh und Punjab in den letzten Jahren verschärft wurden, kann die Sicherheit der Arbeitnehmer:innen ohne eine ordnungsgemäße Umsetzung dieser Gesetze und ohne wirksame Arbeitsaufsicht nicht gewährleistet werden“, bestätigt Khalid Mahmood, Direktor der Labour Education Foundation in Pakistan.

„Die Ergebnisse der Umfrage verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, das Internationale Abkommen für Gesundheit und Sicherheit in der Textil- und Bekleidungsindustrie auf Pakistan auszuweiten. Das Abkommen würde regelmäßige unabhängige Fabrikinspektionen durch qualifizierte Ingenieur:innen gewährleisten, die Einhaltung von zeitgebundenen Plänen zur Behebung festgestellter Sicherheitsrisiken vorschreiben und einen Beschwerdemechanismus vorsehen, mit dem die Arbeiter:innen die Fabrikleitung ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen für die Umsetzung von Sicherheitsverfahren zur Verantwortung ziehen können. Die Einbeziehung lokaler Gewerkschaften und anderer lokaler Organisationen für Arbeiter:innenrechte in die Gestaltung, Leitung und Umsetzung der Ausweitung der Vereinbarung auf Pakistan wird von entscheidender Bedeutung sein“, ist das Fazit von CCC und WISERD.

"Die Verantwortung dafür, dass Fabrikarbeiter:innen in Pakistan sicher zur Arbeit gehen können, liegt bei den Marken, die diese Fabriken beliefern und von ihnen profitieren. Marken haben es in der Hand, eine Vorreiterrolle einzunehmen und Änderungen vorzunehmen, die das Leben von Millionen von Arbeiter:innen verbessern können, indem sie ihnen das geben, was wir alle erwarten dürfen - einen sicheren und gesunden Arbeitsplatz und das Recht, an der Gestaltung dieses Arbeitsplatzes mitzuwirken”, erklärte Ineke Zeldenrust von der Clean Clothes Campaign in einer Mitteilung.

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