24-Jähriger eröffnet Store in Würzburg: Chance nutzen, wenn die Großen straucheln
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Jannis Thein wagt den Schritt und eröffnet als junger Unternehmer im März seinen eigenen Laden in Würzburg. Bislang war er für den Nürnberger Luxushändler Emerson Renaldi aktiv, zuletzt als Senior Operations Manager. Nun tauscht er die Arbeitnehmerschaft gegen die Selbstständigkeit.
Unter dem Namen ‘Neverlnd’ eröffnet er in seiner Heimat eine etwa 80 Quadratmeter große Verkaufsfläche am Marktplatz 10. Unterstützung bekommt er dafür aus dem familiären Umfeld, dass ihm beim Startkapital unter die Arme gegriffen hat, aber auch aktiv mit anpackt, erzählt Thein im Gespräch mit FashionUnited. So ist seine Partnerin zu Beginn für den Marketing- sowie den Social-Media-Bereich zuständig und hilft zusammen mit ihrer Schwester auch bei der Eröffnung. Später sollen externe Mitarbeiter:innen eingestellt werden. Geplant sei eine Vollzeitkraft sowie bis zu zwei Werkstudierende, die aushelfen.
In acht Monaten zum eigenen Store
Die ersten Schritte zum eigenen Store machte er erst vor knapp acht Monaten, als Thein den Businessplan entwickelte und sich auf die Suche nach Geldgebenden machte. Statt hohen Zinsen bei den Banken und Investor:innen, die mitbestimmen wollen, habe er dann zwei Privatkredite von der “engen Verwandtschaft" bekommen. Einen Monat später kontaktierte er bereits die ersten Marken und bekam “relativ früh” die ersten Zusagen von bekannteren Labels wie Marni.
Die italienische Luxusmarke und andere nutzte er dann als Grundlage, um sein Portfolio mit anderen Brands aus dem gehobenen Streetwear-Bereich wie Misbhv und Daily Paper, aber auch hochpreisigen Marken wie Fiorucci, Kenzo sowie JW Anderson aufzustocken. Dafür hat er in der aktuellen Orderrunde versucht, möglichst viele neue Kontakte zu knüpfen. Thein war in Düsseldorf, München sowie in Paris während der Männermodewoche im Januar unterwegs.
Jung bleiben wie Peter Pan
Dazu kommen noch ein paar kleinere Marken wie Perplex aus Frankfurt, Reternity aus Oldenburg und LC23 aus Italien. Dabei setzt der Einzelhändler mit 70 Prozent in der ersten Saison einen starken Fokus auf Menswear, an der sich aber natürlich auch als nicht männlich gelesene Personen bedienen können.
Bei seiner Auswahl versucht Thein eine Mischung aus persönlichen Favoriten, die vielleicht nicht die breite Masse ansprechen, und dennoch etwas für jede:n dabei zu haben, erklärt der junge Ladenbesitzer. Neben Bekleidung sollen aber auch andere Produktgruppen wie Home und Living sowie Accessoires geführt werden. Für letztere bekommt Thein wieder Unterstützung von der Familie. Dieses Mal von seinem Vater, der selbständiger Juwelier ist und ihm auch ermöglicht, eigene ‘Neverlnd’-Produkte anzubieten. Abgerundet wird das Sortiment durch Bücher des Verlags Assouline, der mit Werken wie Reihen zu den französischen Modehäusern Dior und Louis Vuitton wieder die Brücke zum modischen Sortiment des Einzelhändlers schlägt.
Das Sortiment wurde von dem 24-Jährigen zusammengestellt, um eine Zielgruppe im Alter zwischen 16 und 35 Jahren anzusprechen. Seine Kund:innen wollen “immer jung bleiben”, was auch mit dem Store-Namen ‘Neverlnd’ einhergeht – angelehnt an die fiktive Heimat von Peter Pan, der nicht erwachsen werden will. Diese sollen aber nicht nur einen Store bekommen, in einer Stadt, die laut Thein keine vergleichbaren Einzelhändler:innen aufweisen kann, sondern auch eine Location, um sich zu vernetzen und an “coolen Events” teilzunehmen, an denen es der studentischen Stadt ebenfalls fehle. Los gehen soll es direkt zur Eröffnung am 2. März mit DJs, einer kleinen Kapsel und weiteren Aktionen. Ähnliche Konzepte sowie Pop-ups mit Marken sollen später darauf aufbauen.
Der Store selbst hat weniger mit der verwunschenen Trauminsel von Peter Pan zu tun und fokussiert sich mehr auf das Wesentliche. Die Inneneinrichtung ist clean, mit gebürstetem Edelstahl und nur wenigen Farbakzenten in Beige, Grün und Grau. Ein Eyecatcher ist dafür die Storefront selbst, die nicht durch ihre Größe, aber die Visualisierung überzeugt. Die zwei Vitrinenkästen, die die Außenansicht ausmachen, werden mit LED-Paneelen versehen und sollen Videoinstallationen abspielen, die die Kundschaft neugierig macht.
Dennoch bleibt eine solche Neueröffnung in einer Zeit, in der es dem Modehandel an vielen Stellen nicht so gut geht, spannend wie ein Duell zwischen Pan und seinem Gegenspieler Captain Hook. Thein bleibt dabei gelassen und sieht den Aufbruch in dieses neue Abenteuer eher als Möglichkeit, aus der Masse herauszustechen.
„Ich sehe die Chance in der Zeit zu starten, wo es vielen schlecht geht und antizyklisch zu handeln. Wenn alle eh im Hoch sind, wird man auch schneller von den ganz Großen heruntergespült“, erklärt Thein seinen Schritt zur Selbstständigkeit. „Sind diese aber ebenfalls in Schwierigkeiten, bietet sich die Möglichkeit für ein frisches Konzept. Diese Situation bildet die Grundlage für den Start und wird von mir auch in Themen wie der Order- und Budgetplanung beachtet.“