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Berlin: Mit GQ und Patrick Hellmann zurück in die 80er

Von Reinhold Koehler

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Einzelhandel

Mit Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen verdienen die Verlage immer weniger Geld, weshalb sich diese auch in diesem Jahr wieder verzweifelt nach neuen Einnahmequellen umschauen. Internet-Dienste, Online-Shopping, Appvermarktung, Immobilienspekulationen und bizarre Beteiligungs-Deals mit anderen Unternehmen sind nur einige der Geschäftsfelder, auf denen sich deutsche Verlagshäuser tummeln, um der stets näherrückenden Pleite zu entgehen.

Ein besonders beliebtes Betätigungsfeld der Publisher ist die Gastronomie, gefressen und gesoffen wird schließlich immer - vor allem dann, wenn nicht gelesen wird. So hat der Großverlag Condé Nast schon vor geraumer Zeit die Gastro-Tochter Condé Nast International Restaurants gegründet und betreibt darüber etliche Bars und Restaurants überall dort auf der Welt, wo ein besonders betuchtes Publikum verortet wird. Dazu zählen „Vogue-Lounges“ in Bangkok und Kuala Lumpur, „Vogue Cafés“ in Moskau, Kiew, Berlin und Dubai sowie ein „Tatler Club“, der ebenfalls in der russischen Hauptstadt angesiedelt ist.

Dabei handelt es sich unisono um besonders versnobte Etablissements - immer ein wenig aus der Zeit gefallen und meist etwas zu überladen. Sie zeugen von der längst vergangenen Ära der Salons, können sich dabei aber anscheinend nicht entscheiden, ob man lieber Herren-, Damen- oder Modesalon sein will. Dem Publikum scheint dies jedoch weitgehend egal zu sein, solange die Etablissements über ausreichend Luxusausstattung verfügen.

Nun will der Gastro-Medien-Immobilien-Banken-Mischkonzern Condé Nast mit einem weiteren Restaurantkonzept in Berlin punkten: der „GQ Bar“. In Kooperation mit dem Mode-Label Patrick Hellmann Collection soll in den kommenden Monaten ein Ort entstehen, in dem sich „die souverän-coole Crowd Berlins“ (Gary Robinson, Director of Condé Nast International Restaurants) wohlfühlen soll.

Hybrid aus Playboy Mansion, Gentleman’s Club und Edelpuff

Klassische Speisen und Drinks sollen hier mal wieder ganz neu interpretiert werden, natürlich serviert mit besonders viel „Style und Eleganz“. Man wolle direkte und emotionale Erlebnisse für seine Kunden schaffen, so der Konzern in einer Vorankündigung zur Eröffnung der GQ Bar, die für den kommenden Herbst geplant ist.

Wie urban und stylisch das neue Etablissement sein wird, lässt sich bereits am kolportierten Standort ablesen: dem Patrick Hellmann Schlosshotel in Grunewald. Grunewald ist der Stadtteil Berlins, in dem vor allem gut situierte Rentner und Großindustrielle vergangener Tage ihren Lebensmittelpunkt haben. Umgeben von Wiesen, Wäldern und Seen lebt man hier besonders ruhig in luxuriöser Beschaulichkeit. Zugleich ist Grunewald der wohl konservativste Stadtteil Berlins, in dem die CDU bei Wahlen relativ verlässlich über 50 liegt und modische Grundsatzentscheidungen meist zwischen Polo Ralph Lauren und Bogner getroffen werden.

Genau hier fühlt sich das „Männer-Trendmagazin“ GQ anscheinend am besten aufgehoben. Und das zurecht. Schaut man sich die ersten Bilder der neuen GQ Bar an, fühlt man sich direkt in einen Herrenclub der 80er Jahre erinnert: Etwas zu viel Schwarz, etwas zu viel Gold und etwas zu wenig Licht bestimmen hier die Szenerie und lassen einen etwas abgestandenen Vorgeschmack auf Menschen in etwas zu schlecht sitzenden Anzügen und Moschus-Wolken im Toilettenbereich zurück.

Glaubt man dem bereitgestellten Fotomaterial, etabliert Condé Nast am Berliner Stadtrand einen angestaubt-glänzenden Hybriden aus Playboy Mansion, Gentleman’s Club und Moskauer Edelpuff. Ob sich die Erwartungen von Kompagnon Patrick Hellmann erfüllen, damit eine von „Berlins stylishsten Bars“ zu eröffnen, darf daher durchaus bezweifelt werden.

Wer es angesichts dieser glänzenden Aussichten nicht mehr bis zur Eröffnung der GQ Bar im Herbst aushält, kann sich aktuell bereits in London ein Bild davon machen. Hier hat gerade eine „Pop-Up GQ Bar“ eröffnet. Gut für die Londoner: die Räumlichkeiten werden bald wieder frei für zeitgemäße Gastronomiekonzepte.

Fotos: Condé Nast International Restaurants

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